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Jaenicke: Was gesagt werden muss, muss gesagt werden

Hannes Jaenicke ist nicht nur als Schauspieler bekannt. Der 60-Jährige hat sich längst auch als Dokumentarfilmer einen Namen gemacht.

Hannes Jaenicke scheut keine Konfrontation. Egal, ob man mit dem 60-Jährigen über Politik, Umwelt- oder Tierschutz spricht: Jaenicke findet klare Worte. Dass er damit häufig aneckt, ist ihm bewusst. Jaenicke weiß: Nur wer Sachen unverblümt benennt, verschafft sich Gehör. „Was gesagt werden muss, muss gesagt werden.“ Das kann man auch in seinen Büchern nachlesen („Die große Volksverarsche“ oder „Wer der Herde folgt, sieht nur Ärsche“).


Seine Prominenz als einer der bekanntesten deutschen Schauspieler sorgt dafür, dass man ihm zuhört, wenn er sich zu Umwelt- und Artenschutz äußert. Jaenicke ist längst mehr als „nur“ Schauspieler. Er ist zu einem Umweltaktivisten geworden. Seit 2006 dreht er für das ZDF die Dokumentarreihe „Hannes Jaenicke: Im Einsatz für…“ Seither sind vielbeachtete und teils preisgekrönte Dokus wie beispielsweise über Orang Utans, Haie, Vögel, Geparden oder Eisbären erschienen.

Nächster Dokumentarfilm über Lachse

Gerade ist der elfte Film dieser Reihe in Arbeit. „Es geht diesmal um Lachse“, sagt Jaenicke. Am Tag unseres Treffens in Berlin ist Jaenicke gerade aus der Arktis zurückgekommen – und die Coronakrise war da noch kein Thema. In Kanada und in Norwegen hat er zusammen mit Kameramann Markus Strobel auf Lachsfarmen gedreht. Was sie dort gesehen haben, hat sie schockiert. „Der Lachs ist der beliebteste deutsche Speisefisch, aber kein Mensch weiß, was das für katastrophale Umweltsünden nach sich zieht“, sagt Jaenicke.

Hannes Jaenicke fährt privat ein Elektroauto. Foto; Benjamin Pichelmann

Nach wie vor würden auf den Lachsfarmen wegen der Lachslaus Pestizide verfüttert. „Die Lachslaus ist nach wie vor das größte Problem – sie vermehrt sich in den Farmen wie wahnsinnig.“ 2013 hätten viele Farmen bis zu 60 Prozent ihres Verkaufs wegen Lachslausbefalls eingebüßt, so Jaenicke. Seither würden die Lachse auch mit Hydroperoxid behandelt, berichtet er. „Wer sieht, wie Lachse in den Farmen gezüchtet werden, mag diesen Fisch gar nicht mehr essen.“ Die schlimmsten Farmen, so sagt Jaenicke, gibt es in Chile. „Von dort kommt der giftigste aller Lachse.“ Das südamerikanische Land ist mittlerweile nach Norwegen der zweitgrößte Produzent von Zuchtlachs auf der Welt. Erst der Einsatz von Antibiotika ermöglicht es den Züchtern, Lachse zu Tausenden in Käfigen zu halten. Dass das alles nicht nur Einfluss auf die Lachse hat, sondern auf das komplette Ökosystem, liegt auf der Hand. Wer trotzdem meint, weiter Lachs essen zu müssen, sollte sich genau informieren, woher der Fisch kommt, rät Jaenicke.

Obwohl der Film über Lachse noch in Arbeit ist, steht das Thema für die nächste Doku bereits fest: Es wird um Wölfe gehen. Nachdem sie in Deutschland nahezu ausgerottet waren, erobern sie sich ihren Lebensraum zurück. Ein Umstand, der nicht überall für Freude sorgt. Aufgrund der Zunahme der Wolfspopulation wurde ihr Abschuss von der Politik erleichtert. Ein Umstand, der für Jaenicke nicht nachvollziehbar ist. Eine ernsthafte Gefahr gehe für ihn von den Wölfen nämlich nicht aus „Statt auf eine Koexistenz mit den Wölfen zu setzen, knallt man sie lieber ab, beklagt er. „Dahinter stecken nicht die Schäfer, die entschädigt werden, sondern die Jagdlobby, die endlich wieder Wölfe abknallen will“, echauffiert sich Jaenicke. Die Dokumentation über die Wölfe solle vor der nächsten Bundestagswahl im Herbst kommenden Jahres laufen. Ein Aspekt, der nicht jedem Politiker gefallen wird, ist sich Jaenicke sicher. „Vor allem nicht Frau Klöckner, unserer Landwirtschaftsministerin, die ja für einen Abschuss von Wölfen ist.“

Privat mit einem E-Auto unterwegs

Hannes Jaenicke beim Gespräch in Berlin mit electrified-Redakteur Frank Mertens. Foto: Benjamin Pichelmann

Und wie hält es Hannes Jaenicke selbst mit dem Umweltschutz? Da sei allein aufgrund seines Jobs und der vielen Reisen viel Luft nach oben, gibt er zu. Als man den Film über die Eisbären gedreht habe, hätte man allein mehr als 23 Tonnen CO2 emittiert. „Ich mache einen Film über das Aussterben der Eisbären und verballere 23,5 Tonnen CO2. So etwas muss man erst einmal rechtfertigen.“ Um seinen hohen CO2-Fußabdruck auszugleichen, kompensiert Jaenicke gelegentlich über MyAthmosphere oder MyClimate, „vor allem aber spende ich für direkt für die Aufforstung“, sagt er. Das ändere aber nichts daran, dass er jedes Mal, wenn er ein Flugzeug besteige, Flugscham empfinde. „Dort, wo es möglich ist, verzichte ich aber aufs Fliegen.“

Privat fährt Jaenicke neben einer Vielzahl unterschiedlicher Motorräder seit Jahren einen BMW i3. Der Weg in die E-Mobilität geht Jaenicke dabei in Deutschland viel zu langsam vonstatten – und das nicht nur beim Auto. „In Norwegen, da staunst Du nur“, sagt er. „Wir waren dort auf einer Fähre mit 60 Trucks unterwegs – und sie fährt elektrisch. Und auf den Parkplätzen stehen Dutzende Ladesäulen. Die machen dort einfach alles richtig.“

Von Deutschland könne man das nicht sagen. Hier laufe man der Entwicklung hinterher. Von der Politik erwartet er sich deshalb auch klare Vorgaben – selbst Verbote sind für ihn kein Tabu. Weshalb man in der Politik derart panische Angst vor Verboten habe, kann er nicht nachvollziehen.

„Innenstädte veröden, weil Mieten zu hoch sind“

Hannes Jaenicke ist ab Sommer im ZDF mit seiner nächsten Doku zu sehen. Diesmal geht es um Lachse. Foto: Benjamin Pichelmann

“Nehmen wir nur einmal Amsterdam als Beispiel“, sagt er, „dort lässt man ab 2025 nur noch elektrifizierte Fahrzeuge in die Stadt. Warum sind nicht auch wir so konsequent?“ fragt Jaenicke und liefert die Antwort gleich mit: „Weil die Autolobby in unserem Land so stark ist.“ Das von vielen gern wiederholte Argument, dass in einer autofreien Innenstadt der Einzelhandel darunter leiden würde, mag er nicht gelten lassen. „Das ist eine Milchmädchenrechnung. Die Innenstädte veröden, weil die Mieten schlicht zu hoch sind und sie nur noch von großen Ketten bezahlt werden können.“ Dort, wo der Verkehr in den Innenstädten reduziert worden sei, habe die Lebensqualität deutlich zugenommen.

Spricht man mit dem 60-Jährigen über die Energiewende und den nahezu zum Stopp gekommenen Ausbau der Windkraft, redet sich Jaenicke geradezu in Rage. „Wenn Herr Altmaier als unser Wirtschaftsminister die Energiewende ausbremst, macht ein E-Auto keinen Sinn mehr. Es macht nur Sinn mit einer konsequenten Energiewende.“ Doch Jaenicke sieht mit Blick auf die Verkehrs- und Energiewende auch die Kundinnen und Kunden in der Pflicht. „Der deutsche Verbraucher versagt, weil er mehr SUVs als E-Autos kauft.“ Geht es nach Jaenicke, dann kann jeder Einzelne seinen Teil dazu beitragen, etwas für mehr Umwelt- und Klimaschutz zu tun. Man müsse es nur wollen.

Über den Autor

Frank Mertens

Nach dem Sport- und Publizistikstudium hat er sein Handwerk in einer Nachrichtenagentur (ddp/ADN) gelernt. Danach war er jahrelang Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele (Sydney, Salt Lake City, Athen) als Berichterstatter begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das bloße Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche. Neben der Autogazette verantwortet er auch den redaktionellen Teil des Magazins electrified.

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