Elektro

Polestar 2: Ein neuer Stern am Autohimmel

Bislang gab es keine Alternative zum Tesla Model 3. Doch das ändert sich jetzt mit dem Polestar 2, der bei den Testfahrten einen starken Eindruck hinterlässt.

Ach, wie schön. Mal kein weiteres Elektro-SUV. Während den deutschen Premiumherstellern bei der Elektromobilität derzeit nicht viel mehr einfällt als ein Elektro-SUV Mercedes EQC, BMW iX3) nach dem anderen anzubieten, kommt mit dem Polestar 2 nun eine Limousine auf den Markt.


Während Audi und Co. vergeblich versuchen, eine Antwort auf den Erfolg von Tesla zu finden, glaubt die Volvo-Tochter mit dem Polestar 2 eine gefunden zu haben. Entsprechend selbstbewusst treten die Schweden mit ihrem ersten reinen Elektroauto in Konkurrenz zu einem Tesla Model 3. „Derzeit gibt es kein Alternative zu einem Tesla Model 3 für einen Preis von unter 60.000 Euro. Wir bieten sie“, sagt Polestar-Deutschlandchef Alexander Lutz bei der Vorstellung des neuen Stromers im Rahmen einer Roadshow. So startet der Polestar 2 zu Preisen ab 57.900 Euro. Ein Tesla Model 3 kostet in der Standard Plus-Variante 42.900 Euro.

Schön und nachhaltig

Der Polestar 2 ist lokal emissionsfrei unterwegs. Foto: Markus Altmann

Die Antwort, die die Schweden mit dem Polestar 2 auf das Konkurrenzmodell des US-Elektroautobauers geben, überzeugt. Da ist zum einem das ansprechende Design, dass die Handschrift von Polestar-CEO Thomas Ingenlath trägt. Er ist der Mann, der bislang das Design der Muttermarke verantwortete und nun die Geschicke von Polestar lenkt. Für Ingenlath stellt das Design des Polestar 2 nicht weniger dar als einen „Aufbruch in die Avantgarde“ dar.

Doch der Polestar 2 will mehr sein als nur ein weiteres gut aussehendes Auto. Es will vor allem für Nachhaltigkeit stehen. Entsprechend finden sich im Innenraum keine Materialien tierischer Herkunft, sondern sie sind ausschließlich vegan. Auch mit Blick auf seine Lieferanten wollen die Schweden ihrer „ökologischen und ethischen Verantwortung gerecht werden“, wie Ingenlath sagte. Dazu setzt Polestar beispielsweise auf die Blockchain-Technologie. Damit soll gewährleistet werden, dass der für die Batterien benötigte Kobalt verantwortungsvoll gefördert wird. Diesen strengen Anforderungen wurden weltweit nur zwei Unternehmen gerecht.

Leistung von 408 PS

Doch wer meint, dass er in diesem Polestar 2 trotz den Öko-Anspruchs Verzicht üben muss, der täuscht sich – und zwar gewaltig. Die zwei Elektromotoren an jeder Achse liefern zusammen 408 PS und ein maximales Drehmoment von 660 Nm. Die Kraft wird an alle vier Räder geliefert und ermöglicht so eine hervorragende Traktion und beeindruckende Kraftentfaltung: wer das Gaspedal durchdrückt, der wird vehement in die Sitze gedrückt und erreicht in 4,7 Sekunden Tempo 100.

Im Gegensatz zur Konzernmutter Mutter verzichtet Polestar bei der Höchstgeschwindigkeit auf die Selbstbeschränkung von 180 km/h und lässt seinen Elektroflitzer 205 km/h schnell fahren. Wer es so schnell angehen lässt, für den liegt die in Aussicht gestellte Reichweite der 78 kWh starken Batterie von 470 Kilometer (WLTP) indes in weiter Ferne.

Ist der Akku leer, lässt er sich mit einer Leistung von bis zu 150 Kilowatt aufladen. Wer mit soviel Leistung lädt, der hat nach 40 Minuten wieder 80 Prozent Energie im Speicher. Im Vergleich: Das Model 3 beschleunigt in der Performance-Variante in 3,4 Sekunden von 0 auf 100 (Standard-Variante 5,6 Sekunden) und ist 261 km/h (225 km/h) schnell und bietet eine Reichweite von 530 Kilometer (409 Kilometer).

Wertig bis in die kleinsten Details

Ein Blick in den Innenraum des Polestar 2. Foto: Polestar

Auch wenn der Tesla bei seiner Topvariante leistungsmäßig etwas besser ausschaut, ist der Polestar 2 bei der Verarbeitungsqualität klar im Vorteil. Da muss man über keine zu großen Spaltmaße oder eine nur mittelmäßige Verarbeitungsqualität klagen – hier ist alles stimmig und wertig. Die Zugehörigkeit zum Volvo-Konzern und dessen jahrzehntelange Erfahrungen im Automobilbau sind offensichtlich – hier kann Tesla noch zulegen.

Der Polestar 2 jedenfalls ist nicht nur als erstes Serienauto der Welt mit dem Android-Betriebssystem von Google unterwegs, sondern wartet mit vielen netten Features auf, die E-Mobilitätsnovizen erfreuen. So lässt sich der Polestar 2 komplett ohne Schlüssel starten. Dazu genügt es, dass die Bremse getreten wird und der Schalthebel auf D gestellt wird. Lässt man die Bremse los, rollt der Polestar 2 los. Zum Ausschalten des Autos reicht es aus, dass man den Parkmodus betätigt. Ansonsten hat Polestar die Zahl der Tasten und Knöpfe auf ein Minimum reduziert und überlässt die Steuerung viele Funktionen der gut funktionierenden Sprachsteuerung von Google. Der Rest kann über das Touchscreen an der Mittelkonsole angesteuert werden.

Ein Polarstern wird ins Glasdach projiziert

Der Polestar 2 verfügt über eine breite Lichtleiste am Heck. Foto: Markus Altmann

Eine Nettigkeit haben sich die Designer für den Innenraum ausgedacht. Dort leuchtet tags und nachts ein Stern auf den vorderen Bereich des großen Glaspanoramadaches, ein nettes Gimmick

Und wie schaut es mit den Lieferzeiten aus? Die sollen überschaubar sein, verspricht Deutschlandchef Lutz. „Wer jetzt einen Polestar 2 bestellt, bekommt ihn bis Oktober geliefert.“ Wer Interesse an dem Schweden-Stromer hat, der kann ihn übrigens nur online ordern. Ausgeliefert wird das Fahrzeug dann in so genannten Polestar Space. Der erste von ihnen hat im vergangenen Jahr in Oslo geöffnet. In Deutschland sollen sieben Showrooms in Hamburg, Berlin, Düsseldorf, Köln, Frankfurt, Stuttgart und München eröffnet werden.
Natürlich ist auch der Polestar 2 nicht perfekt.

Die Sicht nach hinten ist durch das kleine Heckfenster nur eingeschränkt, das Öhlins-Sportfahrwerk lässt sich nur mechanisch in der Werkstatt verändern und auch das Kofferraumvolumen des 4,60 Meter langen Polestar 2 liegt bei nur 405 Litern, dennoch bringt der in China produzierte Schwede alles mit, um dem Tesla Model 3 ernsthaft Konkurrenz machen zu können. So vielversprechend wie Polestar in die E-Mobilität startet, hätte man sich das in der oberen Mittelklasse auch von den deutschen Premiumherstellern gewünscht.

Über den Autor

Frank Mertens

Nach dem Sport- und Publizistikstudium hat er sein Handwerk in einer Nachrichtenagentur (ddp/ADN) gelernt. Danach war er jahrelang Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele (Sydney, Salt Lake City, Athen) als Berichterstatter begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das bloße Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche. Neben der Autogazette verantwortet er auch den redaktionellen Teil des Magazins electrified.

1 Kommentar

  • Sehr schönes Auto! Stimmt auch was Lutz sagt: Das ist die echte Alternative für Tesla. Hätte er gleich sagen könen: denn leider haben wir Deutschen es nicht geschafft ein schön designtes Auto auf die Beine zu stellen. Schade.

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