Elektro

VW ID.3: Starker Auftritt trotz Softwareproblemen

Der VW ID.3 wird mit drei Batteriegrößen angeboten. Foto: VW

Auf den VW ID.3 hat man lange Warten müssen. Doch im September ist es soweit. Dann bekommen zumindest Frühbucher ihr Fahrzeug geliefert.

Das hätte der ganz große Aufschlag werden können: Im gleichen Jahr bringt Volkswagen eine neue, die inzwischen achte Generation des Golf auf den Markt und will gleichzeitig mit dem ID.3 vielleicht den entscheidenden Pfeil für die Beschleunigung der E-Mobilität in Deutschland setzen.


Aber ach, unverschuldete (Corona) und hausgemachte (Software) Probleme haben den Doppelschlag zwar nicht verhindert, ihm jedoch viel von seiner Wirkung genommen. Jetzt aber soll es wirklich losgehen. Während der Golf schon seit einiger Zeit auf dem Markt ist, kommt im September endlich auch der elektrische Heilsbringer ID.3. Zunächst werden jene 37.000 Schnellentschlossenen bedient, die sich teils schon im letzten Jahr für die sogenannte „First Edition“ (ab 38.990 Euro mit 58-kWh-Batterie und 420 km Reichweite) entschieden haben.

Auftragsbücher geöffnet

Aber seit einigen Tagen sind auch die Auftragsbücher für die Normalkäufer geöffnet. Erste Auslieferungen soll es hier ab Oktober geben. In der Ausstattung „Pro Performance“ kostet der Stromer dann mit gleichem Akku rund 35.600 Euro. Im Laufe des Jahres wird VW das Basismodell mit der kleineren 45-kWh-Batterie (Reichweite 330 km) nachlegen. Dann sinkt der Einstandspreis auf knapp unter 30.000 Euro. Ein Jahr kostenlosen Strom (bis 600 Euro) gibt zu Beginn noch obendrauf.

Ja und dann könnte es für so manchen bisherigen E-Auto-Zweifler vielleicht doch interessant werden. Denn nach Abzug der von Staat und Herstellern gewährten sogenannten Umweltprämie von 9.480 Euro (brutto), liegt der ID.3 dann nicht nur bei den Abmessungen mit dem Golf gleichauf, sondern mehr oder weniger auch beim Preis. Wobei die geringeren Unterhaltskosten – Steuer, Versicherung, Wartung – dann noch gar nicht eingerechnet sind.

Raumangebot wie im Passat

Das Cockpit des VW ID.3. Foto: VW

Wobei das mit den Abmessungen ja auch nur rein äußerlich gilt. Denn im Vergleich zum zwei Zentimeter längeren Golf bietet der ID.3 deutlich mehr Platz, das Raumangebot im Fond erinnert eher an einen Passat. Das liegt zum einen an 13 Zentimetern mehr Radstand und zum anderen am geringeren Bauraum, den ein E-Motor im Vergleich zu einem Verbrenner mit dessen Nebenaggregaten in Anspruch nimmt. Beim Gepäckraum fällt der Vorsprung geringer aus, hier liegt das Elektroauto mit 385 zu 380 Litern nur ganz leicht vorne.

Hinzu kommt eine futuristisch-reduzierte Inneneinrichtung und ein neues, nach Ansicht von VW mindestens ebenso zukunftsweisendes Bediensystem. Uns fällt zunächst natürlich der große Touchscreen in der Mitte und das kleine Display hinter dem Lenkrad auf – erinnert irgendwie ein wenig an den i3 von BMW, genauso wie der rechts aus dem kleinen Bildschirm ragende Hebel für die Wahlmöglichkeiten der Eingang-Automatik. Als originell und weniger nervig als erwartet entpuppt sich die große Lichtleiste unter der Frontscheibe. Sie kommuniziert mit dem Fahrer und seinen Passagieren über Farben, etwa blau für Navi-Hinweise, grün bei eingehenden Anrufen oder (natürlich) rot für Warnungen.

Materialqualität nicht völlig überzeugend

Soweit also alles top im Innenraum? Nicht ganz, denn die Materialqualität enttäuscht ein wenig. Vor allem da, wo man es nicht für nötig hielt, also in den unteren, weniger sichtbaren Teilen und teils auch im Fond erschrecken öde Hartplastikflächen. Aber man kann halt auch in Wolfsburg, beziehungsweise in Zwickau, wo der ID.3 gebaut wird, nicht zaubern. Und der Kostendruck ist in der Industrie insgesamt und bei Volkswagen speziell eben auch sehr hoch.

Der VW ID.3 bildet den Auftakt zu einer Reihe weiterer E-Modelle, Foto: VW

Fahren kann man mit dem ID.3 natürlich auch und das ziemlich gut. Das großzügige Platzangebot, die höheren Sitzposition und die bei geringeren und mittleren Geschwindigkeiten wunderbare Ruhe im Innenraum sorgen für eine entspannte Fortbewegung. Obwohl man mit diesem E-VW genauso wie mit jedem anderen Elektroauto äußerst flott unterwegs ein kann. So spurtet der ID.3 an der Ampel auf den ersten Metern so ziemlich jedem anderen Auto davon, immerhin arbeiten hier 204 PS – übrigens erstmals seit Käfer-Zeiten im Heck! Dort wird auch die Achse angetrieben. Dafür ist schon bei 160 Sachen Schluss mit der Beschleunigung, dann wird zur Schonung der Akkus rigoros eingebremst. Der Fahrkomfort ist für ein solch schweres Fahrzeug – je nach Batteriegröße wiegt der ID.3 zwischen 1,7 und 1,9 Tonnen – wirklich ausgezeichnet. Nur bei Querrillen wird es ein wenig stuckrig, aber nicht wirklich unangenehm.

Kein One-Pedal-Fahren

Was der ID.3 überraschender Weise nicht bietet ist das One-Pedal-Fahren, wie es ein Nissan Leaf und andere haben. Hierbei kann man mit etwas Voraussicht nur über die Rekuperation abbremsen, die einsetzt, wenn man den Fuß vom „Gaspedal“ nimmt. Das lernt man schnell, es macht zudem Spaß und führt der Batterie mehr Energie zu, als es bei einem E-Auto nur durch reines Bremsen möglich ist.

Davon abgesehen: Wer sich so bewegt wie der Großteil der deutschen Autofahrer und damit an einem normalen Tag kaum mal über 50 Kilometer kommt, der ist mit einem E-Auto grundsätzlich und mit dem sehr erwachsenen, agilen und handlichen ID.3 gut bedient. Das sollte tunlichst auch so sein, denn das Fahrzeug muss ja nicht nur selbst ein Erfolg werden, es ist auch die Speerspitze einer Flotte von über 30 E-Modellen der vier Hauptmarken (VW, Audi, Skoda, Seat), die alle auf dem Modularen E-Baukasten (MEB) aufbauen. Und von denen sollen bis Ende der Dekade immerhin möglichst insgesamt über 20 Millionen Exemplare an den Fahrer gebracht werden.

Drei Batteriegrößen im Angebot

Der VW ID.3 wird in Zwickau gebaut. Foto: VW

Den ID.3 wird es mit drei verschiedenen Batterien und damit auch drei unterschiedlichen Reichweiten geben. Wer bei der Kilometerleistung zu den Normalfahrern gehört, ist mit der kleinsten Variante (45 kWh-Batterie, 330 Kilometer) gut bedient, vor allem, wenn er Zuhause problemlos nachladen kann. Es lohnt sich dann nämlich kaum, relativ viel Geld in teure größere Akkus zu stecken, auch wenn sich 420 bzw. 550 Kilometer Reichweite (58/77 kWh) natürlich gut anhören und ein besseres Gefühl geben.

Aber vielleicht will man das Geld ja lieber in Ausstattung stecken. VW macht es den Käufern da überraschend einfach. Für den ID.3 gibt es insgesamt sieben Ausstattungsniveaus – von der Basis „Pro Performance“ über „Life“, „Style“, „Business“, „Familiy“, „Tech“ bis „Max“, die Preise spreizen sich zunächst von rund 35.600 bis 45.900 Euro (mit mittlerer 58 kWh-Batterie). Bei jeder Version lassen sich dafür nur relativ wenige Optionen dazubuchen. Vorbei also die Zeiten ellenlanger und vor allem unübersichtlicher Aufpreislisten. Und auch die Software-Probleme sollten jetzt zum größten Teil behoben sein, die fehlenden Funktionen (etwa beim Head-up-Display) werden per Update nachgeliefert. Allerdings nicht automatisch, die frühen Käufer müssen dafür noch in Werkstatt. Das erinnert dann doch wieder eher an alte Zeiten. (SP-X)

1 Kommentar

  • Denkt beim One-Pedal Driving doch auch mal daran, dass die meisten Mitbewerber Front-Antrieb haben und daher stärker mit der Rekupation verzögern können als der ID.3 mit seinem Heckantrieb.
    Den habe ich aber lieber, weil er viele Vorteile bei diesem Auto hat!

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