Elektro Interviews

«Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren»

Die Gründer von Sono Motors: Laurin Hahn (r.) und Jona Christians. Foto: Sono Motors

Sono Motors ist ein erfolgreicher Börsenstart geglückt. electrified sprach mit Sono-Chef Laurin Hahn darüber, wie es jetzt mit dem am Nasdaq notierten Mobilitätskonzern weitergeht.

Der Sion von Sono Motors soll das erste Serienfahrzeug mit Solar-Integration und bidirektionaler Ladefunktion werden. Die Gründer Laurin Hahn und Jona Christians starteten 2016 ihr E-Auto-Projekt aus einer Münchner Garage und sorgten drei Jahre später mit einer beeindruckenden 53 Millionen Euro Crowdfunding-Kampagne für Furore. Im November ging das Unternehmen in New York erfolgreich an die Börse.


Bereits mit 17 Jahren betrieb Laurin Hahn sein erstes Event-Unternehmen. Gegründet hat er es damals mit seinen Brüdern. Es war die Zeit, in der er den Wunsch hatte, etwas zu verändern. Sein Studium der Elektrotechnik hängte er an den Nagel und widmete sich stattdessen der Entwicklung eines effizienten und günstigen Elektrofahrzeugs. Es sollte nicht nur alltagstauglich sein, sondern die Batterie sollte sich mit Sonnenenergie laden lassen – so wie jetzt beim Sion. Doch der ursprünglich geplante Produktionsstart des 25.500 Euro teuren Sion im September 2021 ließ sich nicht realisieren. Stattdessen drohte die Insolvenz. Um das Aus zu verhindern, entschieden sich die Gründer für den Börsengang.

«Das waren spannende Tage»

Die beiden Gründer können zufrieden sein mit dem Börsengang. Foto: Sono Motors

electrified: Wie haben Sie sich vor dem Börsengang gefühlt und hat was hat Sie zu diesem Schritt veranlasst?

Laurin Hahn: Das waren spannende Tage. Wir sind ein von der Community getragenes Unternehmen, und die enorme Unterstützung durch Crowdfunding hat uns so weit gebracht. Der Gang an die Börse war der nächste logische Schritt. Der Börsengang ist ein Meilenstein für Sono Motors’ Ziel, Solar-Mobilität erreichbar und erschwinglich für jeden zu machen. Wir sind jetzt einen großen Schritt weiter, den Sion an unsere Community auszuliefern und unsere Mission zu verwirklichen, jedes Fahrzeug mit Solarzellen auszustatten.

electrified: Welchen Erlös hat der Börsengang eingespielt und wofür wird das Geld investiert?

Hahn: Durch den Börsengang konnten wir rund 172,5 Million Dollar erlösen. Wir planen, diese Erlöse für die Fertigstellung der nächsten Prototyp-Generation zu verwenden. Diese Prototypen bestehen aus Serien-Bauteilen und wir werden sie für Tests, Zertifizierungen sowie die weitere Erprobung unserer Solar-Technologie im industriellen Maßstab nutzen.

electrified: Sind für die Zukunft noch weitere Aktienausgaben geplant?

Hahn: Wir werden vor dem Start der Serienproduktion, die aktuell für das 1. Halbjahr 2023 geplant ist, weiteres Kapital benötigen. Als börsennotiertes Unternehmen haben wir voraussichtlich einfacher die Möglichkeit, das benötigte Kapital über weitere Finanzierungsrunden auf dem Aktienmarkt aufzunehmen, zusätzlich zu anderen Finanzierungsoptionen.

«Offizieller Produktionsstart im ersten Halbjahr 2023»

Der Sion soll im einstiegen Saab-Werk in Trollhättan gebaut werden. Foto: Sono Motors

electrified: 2017 wurde der erste Prototyp vorgestellt, der Marktstart soll nun 2023 erfolgen. Ist das ein verlässliches Datum – oder müssen die Kunden noch länger auf das Fahrzeug warten? Der letzte Stand war, dass es bereits 16.000 Vorbestellungen gibt – wie schaut es aktuell aus?

Hahn: Wir können mit der Unterstützung unserer starken Community bereits mehr als 16.000 angezahlte Reservierungen für den Sion verzeichnen. Die ersten Sion werden voraussichtlich Ende 2022 und Anfang 2023 vom Band rollen. Dabei handelt es sich um sogenannte Vorserien-Fahrzeuge, die wir für die Typgenehmigung und Prozesssicherung in der Produktion nutzen. Der offizielle Produktionsstart folgt auf Basis der aktuellen Planung im ersten Halbjahr 2023.

electrified: Sie wollen das Fahrzeug im einstigen Saab-Werk in Trollhättan vom Auftragsfertiger NEVS fertigen lassen. Es hieß mal, dass Sie mit einer jährlichen Produktion von 43.000 Sion starten wollen. Bleibt es dabei?

Hahn: Wir gehen aktuell davon aus, dass die Produktion wie geplant bei NEVS erfolgen wird. Die Vorbereitungen der Produktionsanlagen für die Vorserienproduktion in 2022 und die Sion Serienproduktion im ersten Halbjahr 2023 laufen bereits planmäßig. Nach dem Anlauf der Produktion haben wir bei einer geplanten Maximalauslastung die Werkskapazität, um 43.000 Fahrzeuge pro Jahr im 2-Schicht-Betrieb zu produzieren. Das geplante Gesamtproduktionsvolumen beläuft sich auf 257.000 Fahrzeuge in einem Zeitraum von sieben Jahren.

electrified: Sono setzt auf Nachhaltigkeit, dennoch folgt man dem Wunsch potenzieller Käufer, die sich statt eines 35 kWH Akkus einen mit 54 kWh wünschen, der es auf eine Reichweite von 305 Kilometer (ohne Solarunterstützung) bringen soll. Warum lassen Sie das Auto mit einem größeren CO2-Rucksack durch die Gegend fahren?

Hahn: In unseren Umfragen haben mehr als 90 % der bisherigen Reservierer:innen für eine leistungsstärkere Batterie gestimmt. Diese Anpassung der Batterie ist ein weiteres Beispiel dafür, wie wir bei der Entwicklung des Sion auf die Wünsche der Community eingehen, und dabei Innovation und Nachhaltigkeit verbinden. Und natürlich spielte bei der Entscheidung auch eine nachhaltige und faire Produktion eine wichtige Rolle. Bei der Zusammensetzung der LFP-Batterie wird auf Kobalt, Nickel und Mangan verzichtet. Mit einer Lebensdauererwartung von bis zu 3.000 Zyklen reicht diese Batterie nicht nur für ein Autoleben unter extremen Bedingungen, sondern ermöglicht auch sehr anspruchsvolle ‘second life’ Anwendungen. Die sinnvolle Nutzung der Batterie über das Autoleben hinaus ist ein wichtiges Kriterium für ein nachhaltiges Produkt.

Reichweite des Sion bei 305 Kilometer

Am Sion kann man auch Strom tanken. Biderektionales Laden spielt für die Macher eine wichtige Rolle. Foto: Sono Motors

electrified: Wo liegt derzeit die Reichweite mit Solarunterstützung und wo soll sie bis zum Marktstart liegen, gibt es da noch Veränderungen?

Hahn: Die neue Batterie erhöht die derzeitige Reichweite des Sion auf bis zu 305 km und steigert die maximale Ladeleistung auf bis zu 75 kW. Die zusätzliche Solar-Reichweite von durchschnittlich 112 Kilometern pro Woche bleibt unverändert.

electrified: Welche Rolle spielt für Sie der CO2-Fußabdruck in der Produktion?

Hahn: Der ökologische Fußabdruck des Sion ist ein entscheidendes Thema für uns. So haben wir mit NEVS auch bewusst einen Partner gesucht, der unsere Vision einer zukunftsweisenden und klimafreundlichen Mobilität teilt. Die Bedingungen im ehemaligen Werk der Kultmarke SAAB sind für uns optimal, beispielsweise die Produktion unter Verwendung von Strom aus 100 Prozent erneuerbarer Energien. Alle in der Produktion und entlang der Lieferkette anfallenden, unvermeidbaren CO2 Emissionen planen wir zu kompensieren, so dass der Sion klimaneutral an die Kunden übergeben werden kann.

electrified: Die Ladeleistung stieg schon von 50 auf 75 kW. Glauben Sie, dass man damit wettbewerbsfähig ist, wenn mindestens 100 kW bei Neuwagen das Minimum darstellt?

Hahn: Das große Interesse am Sion zeigt, dass unser Auto einzigartig ist. Elektrofahrzeuge sind der Status Quo. Wir sind überzeugt, dass Solar Electric Vehicles die Zukunft sind. Wir sind aus unserer Sicht diejenigen, die ein günstiges und familienfreundliches Solarauto anbieten werden. Wir sehen aktuell keinen vergleichbaren Mitbewerber.

electrified: Welche Bedeutung kommt dem bidirektionalen Laden mit Blick auf die Energiewende zu? Kann ein Fahrzeug wie der Sion da eine Rolle spielen?

Hahn: Definitiv. Uns war wichtig, die Zukunft der Energieerzeugung voranzutreiben und bidirektionales Laden für alle zu ermöglichen. Daher werden wir auch eine Wallbox anbieten, die in Kombination mit der integrierten Solartechnologie des Sion einen Durchbruch für die bidirektionale Ladetechnologie bedeutet, da sich viele Eigenheimbesitzer:innen die Neuanschaffung eines teuren Heimspeichers sparen können. So können die rund 257.000 geplanten Sion zum dezentralen Megaspeicher und Wegbereiter auf dem Weg zu 100 Prozent erneuerbaren Energien werden.

«Sion ist Puzzlestück für nachhaltige Mobilität»

Der Sion soll 2023 auf den Markt kommen. Foto: Sono Motors

electrified: Sono will Solartechnik in Lizenz anbieten, zuletzt gab es eine Kooperation mit Ari Motors. Was ist der Grund für diese Strategie, ausschließlich um mehr Mittel zu bekommen?

Hahn: Der Sion ist ein Puzzlestück für nachhaltige Mobilität. Um einen Wandel in der Mobilität zu erreichen, reicht es nicht aus, nur den Sion auf die Straße zu bringen. Deswegen ist unsere Mission, jedes Fahrzeug mit Solarzellen auszustatten. Wir haben unsere Solartechnologie so entwickelt, dass sie in eine Vielzahl von Fahrzeugen über den Sion hinaus integriert werden kann. Wir denken hier beispielsweise an Busse, Anhänger, Lastwagen, Wohnmobile, Züge und Boote. Inzwischen haben wir über zehn unterschriebene Absichtserklärungen und Verträge für die Solarintegration. Dieses Geschäftsfeld planen wir jetzt als weitere Säule unseres Unternehmens auszubauen. Somit besteht das Potential, dass wir mit Sono insgesamt noch mehr CO2 einsparen können.

electrified: Welche Schritte sind nun als nächstes geplant bei der Ausrichtung des Unternehmens?

Hahn: Wir fokussieren uns darauf, den Sion auf die Straße zu bringen – d.h. die finale Abstimmung und Entwicklung des Sion bis hin zum Produktionsstart im ersten Halbjahr 2023. Gleichzeitig werden wir unser Geschäftsfeld der Solar Integration und Lizenzierung weiter ausbauen.

electrified: Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Hahn: Unsere Vision einer Welt ohne fossile Energien hat uns dazu bewogen, Sono Motors zu gründen. Jetzt hat uns dieses Ziel bis hierher getragen, deswegen werden wir auch in Zukunft unsere Mission verfolgen, Solarzellen auf jedes Fahrzeug zu bringen. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren, wir müssen jetzt handeln. Klimakrise ist jetzt.

Das Interview mit Laurin Hahn führte Kay Alexander Plonka

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