Elektro

Mini Cooper SE: Teurer Stromer mit geringer Reichweite

Der Mini Cooper SE kommt auf eine Reichweite von 200 Kilometer unter realistischen Fahrbedingungen. Foto: BMW

Optisch unterscheidet sich der elektrische Mini kaum von seinen Verbrennerkollegen. Doch wo liegen die Stärken des Mini Cooper SE?

Mini“ gehört sicherlich zu den bekanntesten Automarken Deutschlands. Es dürfte nicht viele Menschen geben, die die kleinen Flitzer nicht erkennen. Egal, ob als Fünf- oder Dreitürer, Cabrio, Clubman, Countryman oder die mittlerweile in Rente geschickten Modelle Paceman, Coupé und Roadster: Das Design ist kultig; die Fahreigenschaften zumindest der höher motorisierten Fahrzeuge begeistern.


Seit Ende 2020 lädt nun der batterieelektrische Mini zum Fahren ein. Überzeugt er ebenfalls mit den Mini-Eigenschaften? Ein Alltagstest gibt Antworten.

1,8 Zentimeter höher

Optisch ist der dreitürige Cooper SE ein unauffälliger Geselle, also im Sinne, dass er sich nicht groß von seinen konventionell angetriebenen Brüdern unterscheidet. Dass es sich um einen Stromer handelt, sieht man nicht sofort. Man muss schon genauer hinschauen, die Designer haben das bekannte Mini-Aussehen nur dezent angepasst. Natürlich sind keine Auspuffendrohre vorhanden. Der SE ist auch ein wenig höher (plus 1,8 Zentimeter), um Platz für die Batterien zu schaffen.

Der Kühlergrill ist geschlossen, die Gehäuse der Außenspiegel sind je nach Ausstattung gelb lackiert. Auch im Inneren fallen kaum Unterschiede auf. Das Interieur wirkt mit dem großen runde Zentralmonitor, den darunter platzierten Kippschaltern, den Sitzen und dem knappen Platzangebot vertraut. Nur dass die im Fahrerblick liegende Anzeigeneinheit mit Infos zur Reichweite, Verbrauch, Rekuperation und Ladezustand aufwartet.

Mini SE mit 185 PS

Der elektrische Mini nimmt bei seinem Kürzel Bezug zur klassischen Motorenbezeichnung. Die Cooper S-Modelle mit 192 PS gehören zu den leistungsstärksten im klassischen Portfolio. Der SE erreicht mit 185 PS fast dieses Niveau. Den Standardspurt meistert er in 7,3 Sekunden und benötigt eine halbe Sekunde länger dafür als der Cooper S.

Keine Frage, die Mini-Macher definieren E-Mobilität durchaus nicht ausschließlich vernunftorientiert. In der Praxis zeigt sich dies sofort. Der E-Mini liegt satt auf der Straße, das Fahrwerk ist eher straff als komfortabel, die Lenkung direkt, die Leistungsentfaltung im Sport-Modus sofort spürbar, die Bremsen packen gut zu und das Kurvenwuseln gelingt ebenso gekonnt wie mit einem Cooper S. Wobei die Beschleunigung am Ortsausgang viel direkter und geschmeidiger erfolgt im Benziner. Sprich: Der Fahrer hat ob der Fahreigenschaften ziemlich schnell ein breites Grinsen im Gesicht. Dass die Topspeed auf 150 km/h limitiert ist, stört beim Fahren auf Landstraßen wenig. Auf der Autobahn muss man sich dagegen im breiten Feld der Masse einsortieren; auf der linken Spur zum Ziel rasen, macht aber auch mit einem Cooper S nur bedingt Freude.

Kleiner Akku verbaut

Apropos Fahrfreude: Bei aller Begeisterung für die fahraktiven Eigenschaften des kleinen Flitzers darf man die Reichweitenanzeige nicht außer Acht lassen. Der 32,6 kWh große Akku ist bestenfalls für Reichweiten bis 234 Kilometer gut. In unserem Testfahrzeug zeigte der Bordcomputer bei Temperaturen von plus 10 Grad Celsius maximal 200 Kilometer an. Gibt man „Gas“ und erliegt den Versuchungen des minitypischen Fahrvergnügens reduziert sich die mögliche Fahrstrecke sehr schnell.

Der Durchschnittsverbrauch von 14,9 – 16,9 kWh lässt sich so nicht erreichen, 20 kWh pro 100 Kilometer muss man schon einplanen. Man kann natürlich auch ganz vernünftig unterwegs sein. Satt Sport-Modus im Green-Betrieb fahren, das One-Pedal-System auf Maximal-Verzögerung stellen und so im Schnitt 18,3 kWh aus dem Akku ziehen. Für ein Auto dieser Größe ein hoher Wert.
Irgendwann – je nach Fahrweise schneller oder weniger schnell – leert sich die Batterie. An der heimischen Wallbox (11 kW) gelingt der Ladevorgang in rund 3,5 Stunden. Wer an einer Schnellladsäule tankt, benötigt für den Ladevorgang (bis 80 Prozent) rund 35 Minuten, sofern die Säule kontinuierlich 50 kWh bereitstellt.

Wenig Platz im Fond

Beim Platzangebot schlägt sich die elektrische Variante nicht schlechter als die anderen. Vorne geht es recht luftig zu, die hinteren Plätze sind in Breite und bei Beinfreiheit knapp geschnitten. Zumal zum Ein- und Aussteigen in den Dreitürer eine gewisse Gelenkigkeit hilft. Idealerweise nutzt man den Fond als Erweiterung des Kofferraums, der mit Werten zwischen 211 und 731 Litern nicht gerade üppig ausfällt.

Der Mini Cooper SE sieht aus und fährt sich wie ein echter Mini. Und kostet wie ein echter Mini. Mindestens 32.500 Euro werden für ihn fällig. Davon lässt sich die Innovationsprämie in Höhe von 9.570 Euro abziehen, so dass der Kleine rund 23.000 Euro kostet. Damit ist er knapp 2.000 Euro günstiger als der Cooper S. Vermutlich geben die meisten Käufer aber mehr Geld aus. Auch der Cooper SE ist hinsichtlich Ausstattungs- und Individualisierungsmöglichkeiten ein echtes Familienmitglied. Abseits der Basisversion, die unter anderem mit Navi, Klimaautomatik und LED-Scheinwerfern und Heckleuchten im Union-Jack-Design vorfährt, locken stylishere Trims sowie Extras zum Geldausgeben. Unser Testwagen steht als „Electric Trim“ ab 35.900 Euro in der Preisliste. Hier gehören unter anderem die gelben Außenspiegelkappen, 17-Zoll-Alus, Dekoraufkleber mit gelben Farbakzenten fürs Armaturenbrett, Sportlenkrad und vielfach verstellbare Sportsitze zum Serienumfang. Zusätzlich locken etwa adaptive Scheinwerfer, Panoramaglasdach, Head-up-Display, Rückfahrkamera und diverse Assistenten. Auch beim Cooper SE sollte es keine Probleme machen, Extras im Wert von mindestens 5.000 Euro zu ordern. Ein echter Mini eben. (SP-X)

Über den Autor

Frank Mertens

Nach dem Sport- und Publizistikstudium hat er sein Handwerk in einer Nachrichtenagentur (ddp/ADN) gelernt. Danach war er jahrelang Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele (Sydney, Salt Lake City, Athen) als Berichterstatter begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das bloße Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche. Neben der Autogazette verantwortet er auch den redaktionellen Teil des Magazins electrified.

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