Elektro

Kia EV6: Ein Statement in seiner Klasse

Bestellen kann man den Kia EV6 bereits. Auf den Markt kommen wird das jüngste E-Auto der Koreaner indes erst im Oktober. Wir haben uns den Stromer im Designzentrum in Frankfurt angeschaut.

Es ist Anfang Juni. Gerade hat das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) die Zulassungszahlen für den Mai präsentiert. Sie weisen im Vergleich zum Vorjahresmonat für reine Elektroautos einen Zuwachs von über 380 Prozent aus. Damit kommen sie auf einen Marktanteil von 11,6 Prozent. Tendenz steigend.


Davon profitiert auch Kia. Der koreanische Hersteller hat mit dem Niro und dem Soul bereits zwei reine E-Modelle im Angebot. Diese beiden Modelle sorgen bei den Koreanern bereits für 20 Prozent des Absatzes. Rechnet man die Plug-in-Hybride hinzu, sind es sogar 31 Prozent, wie Matthias Troge berichtet, der das Produktmanagement bei dem Importeur für den deutschen Markt verantwortet.

Treffen im Designcenter Frankfurt

Wir sind mit Troge im Designcenter des Importeurs in unmittelbarer Nähe zum Frankfurter Messegelände verabredet. Hier im siebten Stock stehen Studien von Fahrzeugen wie dem Kia Kee aus dem Jahr 2006, dem Kia Pop (2011), dem Kia Provo und dem Kia Niro (2013). Sie zeigen, wie sich das Design der Marke mit seiner markentypischen von Peter Schreyer entwickelten „Tigernose“ entwickelt und welchen Weg die Marke bei der E-Mobilität über die Jahre genommen hat. Der Pop war dabei das erste reine E-Auto in Serie.

Damit begann die Reise der Koreaner in die E-Mobilität vor zehn Jahren – und sie setzt sich mit dem EV6 fort. Es ist das jüngste Elektromodell von Kia – und es steht hier ebenfalls im siebten Stock. Im Gegensatz zu den Studien befindet es sich aber hinter schwarzen hohen Stellwänden – Kia will es spannend machen, bevor man seinen neuen Star unter den E-Autos zeigt. „Dieses Auto“; so sagt Troge, „stellt für uns ohne Frage eine neue Evolutionsstufe bei der E-Mobilität dar.“
Dass hört sich für ein Modell mit den Abmessungen der Mittelklasse vielleicht etwas übertrieben an, aber ganz falsch ist es nicht. Denn der EV6 setzt in diesem Segment mit seiner Technologie ein Statement.

800 Volt-Architektur für schnelles Laden

Aufgrund der neuen Elektroplattform (der sogenannten Electric Global Modular Plattform (kurz E-GMP) verfügt er wie der Ioniq 5 von Hyundai als eines der wenigen Autos auf dem Markt über eine 800 Volt-Architektur. So etwas gibt es momentan bei Serienfahrzeugen nur im Premiumsegment beim Porsche Taycan oder dem Audi e-tron GT. Das 800 Volt-System ermöglicht ein besonders schnelles Laden.

Beim Kia EV6 bedeutet das, dass man an einer High-Power-Charging-Station wie der von Ionity in 4,5 Minuten die Batterie für weitere 100 Kilometer Reichweite aufladen kann. Für die Aufladung von 10 bis 80 Prozent benötige man dank einer Ladeleistung (240 bis 250 Kilowatt) weniger als18 Minuten, berichtet Troge. „Damit eignet sich der Kia EV6 als Erstfahrzeug. Mit ihm muss man keine Kompromisse mehr machen. Mit dem EV6 bieten wir ein Modell, mit dem man auch lange Strecken ohne Probleme bestreiten kann“, sagte der Manager. Troge zeigt sich überzeugt, dass Kia mit seinem neusten E-Modell der Elektromobilität mit zum Durchbruch verhelfen werde.

Zwei Batteriegrößen im Angebot

Angeboten wird der Kia EV 6 dabei mit zwei Batteriegrößen, 58 kWh und 77,4 kWh. Sie bieten Reichweiten von bis zu 510 Kilometer (eine endgültige Zertifizierung steht noch aus). Während die Leistung mit kleiner Batterie bei 170 PS liegt (ab 44.990), sind es beim größeren Akku 229 PS (jeweils bei der Variante mit Heckantrieb). Bei der Variante mit Allradantrieb liegt die Leistung bei 325 PS. Ende kommenden Jahres wird es auch noch eine Sportversion geben, den GT. Er wird über eine Leistung von 585 PS verfügen und den Sprint von 0 auf 100 in 3,5 Sekunden absolvieren können. Als Topspeed sollen 260 km/h erreicht werden. Ob das für ein E-Auto in dieser Klasse nötig ist, bleibt dahingestellt.

Troge geht davon aus, dass sich das Gros der Kunden für die größere Batterie entscheiden wird. „Eine höhere Reichweite ist für die Kundinnen und Kunden immer noch sehr wichtig, auch wenn sie die nur für einen kleinen Anteil ihrer täglichen Strecken benötigen.“

Zwar wird der EV6 erst ab Oktober zu Testfahrten zur Verfügung stehen, dann erfolgt auch der Marktstart. Doch immerhin konnte man es sich in dem 4,68 Meter langen EV6 schon einmal bei einer Sitzprobe bequem machen. Wer sich auf dem Fahrerplatz nieder lässt, der blickt auf zwei 12,3 Zoll große gewölbte und hochauflösenden Displays, die alle wichtige Infos gestochen scharf anzeigen. Neben den einer Vielzahl von Fahrassistenzsystemen (Stauassistent, Aussttiegsassistent, Autobahnassist 2 etc.) verfügt der Kia EV6 auch über ein Head-up-Display mit Augmented-Reality-Funktion.

Und Platz bietet der EV6 ausreichend – und wer mag, der kann die Vordersitze fast in Liegeposition bringen. Für einen entspannten Power-Nap während des Ladestopps eine feine Sache.
Im Fond lässt es sich auch für Großgewachsene bis zu 1,91 Meter bequem sitzen, wobei man viel größer nicht sein darf. Denn die coupéhafte Dachlinie schränkt die Kopffreiheit in Kombination mit dem optionalen Panoramadach doch etwas ein. Ansonsten kann man auch mit drei Personen im Fond gut sitzen. Sitzt man dort zu zweit, kann man seine Beine auch leicht versetzt zum Sitznachbarn ausstellen. Schade, dass man für einen noch größeren Komfort nicht auch unter der Mittelkonsole etwas Platz für die Füße gelassen hat.

Bis 1300 Liter Kofferraumvolumen

Doch das sind Nickeligkeiten, die die gute Raumökonomie (der Radstand liegt bei 2,90 Meter) im EV6 nicht schmälern. Der Kofferraum bietet übrigens Platz für 520 bis 1300 Liter Gepäck. Daneben gibt es noch einen Frunk, der je nach Antrieb (Heck oder Allrad) noch Stauraum zwischen 20 und 56 Liter bietet. Wer mag, der kann auch einen Anhänger ziehen. Der EV6 bietet eine Zuglast von 1,6 Tonnen. Wer seine E-Bikes mit dem Korea-Stromer transportiert, der kann sie übrigens auch gleich am EV6 aufladen. Möglich macht dies die so genannte Vehicle-to-Load-Funktion. Um sie zu nutzen, braucht man nur einen Adapter in den Ladeanschluss stecken, schon kann man mit bis zu 3,6 Kilowatt laden.

Dass sich Kia beim EV6 und Hyundai beim Ioniq 5 für die 800 Volt-Architektur entschieden haben, zeigt den Anspruch der Koreaner bei der E-Mobilität: Man sieht sich in einer Vorreiterposition. Die neue skalierbare E-Plattform bietet zudem die Möglichkeit, auf ihr noch größere, aber auch kleinere Autos anzubieten. Bis 2026 sollen insgesamt sieben Fahrzeuge von Kia auf dieser Plattform basieren. Von Kia als auch Hyundai ist bei der E-Mobilität damit noch einiges zu erwarten. Kia hat sich zum Ziel gesetzt, dass bis 2030 bereits 40 Prozent des weltweiten Gesamtabsatzes auf reine E-Autos, PHEVs und Hybride entfallen.

Über den Autor

Frank Mertens

Nach dem Sport- und Publizistikstudium hat er sein Handwerk in einer Nachrichtenagentur (ddp/ADN) gelernt. Danach war er jahrelang Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele (Sydney, Salt Lake City, Athen) als Berichterstatter begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das bloße Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche. Neben der Autogazette verantwortet er auch den redaktionellen Teil des Magazins electrified.

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