Mobilität

Klimaschutzgesetz teils verfassungswidrig

Wie sieht eine lebenswerte Stadt aus? Grün und möglichst ohne Autos. Illustration: Lucy Letherland

Das Bundesverfassungsgericht hält das deutsche Klimaschutzgesetz in Teilen für verfassungswidrig. Das geht aus dem am Donnerstag veröffentlichten Urteil hervor.

Wie der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts feststellte, seien die Regelungen des Klimaschutzgesetzes (KSG) vom 12. Dezember 2019 über die nationalen Klimaschutzziele mit den bis 2030 zulässigen Jahresemissionsmengen mit den Grundrechten unvereinbar. Das KSG sieht bis 2030 eine Reduktion der Treibhausgase um 55 Prozent gegenüber 1990 vor. Zudem werden darin die bis dahin geltenden Reduktionspfade für die Emissionsmengen für die Sektoren festgelegt.


„Zwar kann nicht festgestellt werden, dass der Gesetzgeber mit diesen Bestimmungen gegen seine grundrechtlichen Schutzpflichten, die Beschwerdeführenden vor den Gefahren des Klimawandels zu schützen, oder gegen das Klimaschutzgebot des Art. 20a GG verstoßen hat. Die zum Teil noch sehr jungen Beschwerdeführenden sind durch die angegriffenen Bestimmungen aber in ihren Freiheitsrechten verletzt“, so die Verfassungsrichter in ihrem Urteil. Sie stellen fest, dass die Vorschriften hohe Emissionsminderungslasten unumkehrbar auf Zeiträume nach 2030 verschieben würden.

Umwelthilfe: Bedeutender Sieg für Klimaschutz

Zur Erreichung des Paris-Ziels, die globale Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 °C und möglichst auf 1,5 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, müssten die „nach 2030 noch erforderlichen Minderungen dann immer dringender und kurzfristiger erbracht werden“, so die Verfassungsrichter. „ Von diesen künftigen Emissionsminderungspflichten ist praktisch jegliche Freiheit potenziell betroffen, weil noch nahezu alle Bereiche menschlichen Lebens mit der Emission von Treibhausgasen verbunden und damit nach 2030 von drastischen Einschränkungen bedroht sind.“ Deshalb hätte der Gesetzgeber „zur Wahrung grundrechtlich gesicherter Freiheit Vorkehrungen treffen müssen, um diese hohen Lasten abzumildern. Zu dem danach gebotenen rechtzeitigen Übergang zu Klimaneutralität reichen die gesetzlichen Maßgaben für die Fortschreibung des Reduktionspfads der Treibhausgasemissionen ab dem Jahr 2031 nicht aus. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, die Fortschreibung der Minderungsziele der Treibhausgasemissionen für Zeiträume nach 2030 bis zum 31. Dezember 2022 näher zu regeln.“

„Wir haben gewonnen“, schrieb Luisa Neubauer von „Fridays for Future auf Twitter. „Unserer Klimaklage vor dem BVerfG wurde zugestimmt. Es ist rieisg. Klimaschutz ist nicht nica-to-have. Klimaschutz ist unser Grundrecht. Jetzt kämpfen wir weiter für eine 1,5 Grad-Politik, die unsere zukünftigen Freiheiten schützt, statt sie zu gefähreden.“ Neubauer gehörte zu der Gruppe der Klagenden.

Die Deutsche Umwelthilfe, die die Klage unterstützt hat, bezeichnet die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts als bedeutendstes Urteil zum Umweltschutz in der Geschichte des Gerichts. „Die Richterinnen und Richter bestätigen, dass sich aus dem Grundgesetz insbesondere für die noch sehr jungen Klägerinnen und Kläger ein Recht auf ein sicheres Leben in der Zukunft ableitet. Sie bestätigen höchstrichterlich, dass Maßnahmen und Ziele der Bundesregierung für den Klimaschutz nicht ausreichen. Die Regierung muss das Klimaschutzgesetz schnellstens bis 2022 überarbeiten und viel energischere Schritte vor allem in den Jahren bis 2030 unternehmen“, so die Umwelthilfe.

Über den Autor

Frank Mertens

Nach dem Sport- und Publizistikstudium hat er sein Handwerk in einer Nachrichtenagentur (ddp/ADN) gelernt. Danach war er jahrelang Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele (Sydney, Salt Lake City, Athen) als Berichterstatter begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das bloße Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche. Neben der Autogazette verantwortet er auch den redaktionellen Teil des Magazins electrified.

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