Porsche bringt im Frühsommer den Cross Turismo auf den Markt. Wir sind den Kombi bereits gefahren und haben uns zuvor gefragt, ob es so ein Modell braucht.
Ja, sagt man bei Porsche und begründet das mit dem Wunsch der Kunden nach einem noch größerem Alltagsnutzen. Schließlich, so meint man im Vertrieb der Zuffenhausener, will der zahlungskräftige Kunde seinen Taycan auch mal außerhalb befestigter Straßen bewegen. „Beispielsweise dann, wenn er zu seinem Wochenendhaus im Wald fährt.“ Schließlich hat nicht jeder Taycan-Kunde zugleich einen Macan oder Cayenne als Zweitwagen vor der Tür stehen.
Seinen beiden erfolgreichen SUVs will man mit dem Taycan Cross Turismo ohnehin keine Konkurrenz machen. Vielmehr will man seiner Kundschaft neben der vor allem auf Sportlichkeit ausgelegten Limousine ein Angebot machen, was sich zwar weiterhin so sportlich fährt, aber auch im leichten Gelände eine möglichst gute Figur abgibt.
In Europa bis zu 40 Prozent Anteil angepeilt
Glaubt man den Prognosen der Vertriebler, dann verlangt das mindestens ein Drittel der Kunden. Für Europa erwartet man, dass der Cross Turismo auf einen Anteil von „30 bis 40 Prozent an den Verkäufen innerhalb der Baureihe kommt“. Sollte es dazu kommen, dann erübrigt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit eines solchen Modells schnell. Nachdem Porsche vom Taycan im vergangenen Jahr trotz der Produktionsunterbrechung durch die Corona-Pandemie bereits 20.000 Einheiten absetzen konnte, waren es allein im ersten Quartal 9000. Tendenz steigend – dafür wird auch der Cross Turismo sorgen. Als die fünf wichtigsten Märkte für ihn gelten neben Deutschland, Schweden, Norwegen und Großbritannien auch die USA.
Damit man mit dem Cross Turismo eine möglichst große Bandbreite an Kunden anspricht, hat man dem neuen Modell nicht nur ein Schlechtwegepaket mit auf dem Weg gegeben. Vielmehr gibt es auch einen in das Heck integrierten Fahrradträger und eine Dachbox. Mit ihr kann man bis zu 200 km/h schnell sein. Der Fahrradträgher (Aufpreis 2000 Euro) ist dann auch so konzipiert, dass man die Heckklappe weiterhin öffnen kann.
Geht es nach Porsche, dann transportiert man auf dem Fahrradträger natürlich die eigens designten und mit der Fahrradmanufaktur Rotwild entwickelten E-Bikes. Sie gibt es in einer Sport- und einer Crossvariante (9.990 bzw. 7990 Euro). Das sind Nettigkeiten, die eine lifestyleorintierte Klientel ansprechen.
Mehr Kopffreiheit im Fond
Wer auf so etwas keinen Wert legt, der sollte sich den Cross Turismo dennoch anschauen. Denn er ist bei einem Aufpreis von gerade einmal 1500 Euro der noch bessere Taycan. Das fängt beim Platz an. Im Cross Turismo genießen die hinteren Passagiere 47 Millimeter mehr Kopffreiheit und der Kofferraum fasst mit 490 Liter 39 Liter mehr als die Limousine. Hinzu kommen dann noch die 84 Liter unter der Motorhaube. Natürlich kann man sich die Frage stellen, welcher Taycan-Kunde sich mit seinem mindestens 93.635 Euro teuren Cross Turismo ins Gelände verirrt? Ganz wenige, stimmt. Doch die, die es wollen, können es im Cross Turismo mit guten Gewissen und ohne Angst um die Unversehrtheit ihrer E-Sportlers tun.
Dazu gibt es neben dem um bereits 20 Millimeter erhöhten Fahrwerk noch den so genannten Gravel Mode. Er sorgt dafür, dass sich der serienmäßig mit Allradantrieb und Luftfederung ausgestattete Cross Turismo um weitere 30 Millimeter anhebt. So wird es möglich, mit ihm auch mal auf Geröll und unbefestigten Wegen unterwegs zu sein, wie unsere Testfahrten in einem Steinbruch zeigten. Und Porsche wäre nicht Porsche, wenn man seinen Kunden das Leben nicht so komfortabel wie möglich machen würde. Das erledigt im Gelände die so genannte Smart-Lift-Funktion. Mit ihr kann der Kunden festlegen, dass an bestimmten Stellen das Fahrzeug automatisch mittels der GPS-Koordinaten angehoben wird. Ab Tempo 30 wird das System automatisch deaktiviert. Das ist alles recht überzeugend.
Spaßbringer auf der Landstraße
Doch den größten Spaß hat man mit dem Taycan Cross Turismo dort, wo er seine Stärken ausspielen kann. Auf der Straße, vor allem der Landstraße. Klar macht es Spaß zu erleben, mit welcher Vehemenz der Taycan nach vorn beschleunigt – und das trifft nicht nur auf die Topversion zu, den Turbo S mit 625 PS (Overboost 761 PS), der einen in 2,9 Sekunden auf Tempo 100 beschleunigt und in 9,7 Sekunden bei 200 km/h angelangt ist. Dafür reicht auch die Einstiegsversion mit 380 PS, die gleiches in 5,1 Sekunden beziehungsweise 15,6 Sekunden erledigt. Das eine wie das andere treibt der Fahrerin oder dem Fahrer ein Grinsen aufs Gesicht.
Und wie schaut es mit der Reichweite aus? Der Cross Turismo wird ausschließlich mit der Performance-Batterie mit 93,4 kWh angeboten. Mit ihr sind je nach Variante Reichweiten von 419 Kilometer (Turbo S) bis 456 Kilometer (Taycan 4) möglich. Ist die Batterie leer, lässt sie sich dank der 800-Volt-Architektur in 22:30 Minuten wieder an einem Schnelllader von 5 bis 80 Prozent aufladen. Wer meinte, dass die Limousine des Taycan kaum mehr zu toppen ist, muss den Cross Turismo probieren, um sich vom Gegenteil zu überzeugen. Der Cross Turismo bietet noch mehr Taycan fürs Geld. Die Verkaufszahlen des Kombis dürften ohne Frage noch besser ausfallen als die ohnehin schon optimistischen Prognosen der Vertriebsexperten.
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