Elektro

Polestar 3: Sachlichkeit als große Stärke

Das dritte Modell von Polestar ist ein Oberklasse-SUV. Foto: Poelstar

Das dritte Modell und erste SUV von Polestar streckt sich auf glatte 4,90 Meter. Seine Leistung liegt bei 517 PS bei einem Drehmoment von 919 Nm.

Die dicke Batterie mit 111 kWh liefert eine sorgenfreie Reichweite von bis zu 610 Kilometern. Schon die Papierform des luxuriösen Polestar 3 verheißt also Bemerkenswertes. Da als Gegner in den feineren Sphären des Elektrokosmos aber Mercedes, Audi oder Tesla ausgeguckt wurden, musste die Messlatte auch entsprechend hoch gehängt werden.


Und da geht es bei Weitem nicht nur um schiere Kraft und Batteriekapazität. Gefragt war der österreichische Chefdesigner Maximilian Missoni.

Verzicht auf Protz und Prunk

Sein Team zeichnete eine Frontpartie, die im Gegensatz zu manch anderen großen SUV auf Protz und Prunk verzichtet und dafür mit geschmeidiger Glattheit daherkommt. Die vordere Haube fällt leicht zu einer schmalen Querleiste hin ab, von der aus einige der vielen Sensoren das Geschehen vor dem Auto in den Blick nehmen. Seitlich davon docken die LED-Scheinwerfer an, die als Tagfahrlicht den einst von Volvo eingeführten „Hammer“ des nordischen Gottes Thor nachzeichnen, allerdings viel filigraner als bei den Mutterfirma.

In der Seitensicht dominiert das scheinbar schwebende, nach hinten abfallende Dach. Es stützt sich in Richtung Heck auf die nach oben gezogenen Karosserieflanke, die sich an die Rückfenster anschließt. Vergleichsweise bieder dagegen das steile Heck, dessen Lichtblick die durchgehende Rückleuchten-Leiste ist. Da die Achsen fast drei Meter voneinander entfernt liegen, sind die Platzverhältnisse für die drei Rücksitzpassagiere fürstlich. Kein Kontakt der Knie mit der Rückseite der Vordersitze, der lichte Raum für das Schuhwerk birgt keine Kratzergefahr für edles Leder.

Sachlichkeit im Innenraum

Das Ambiente des Innenlebens im neuen Polestar folgt wiederum bewusster Sachlichkeit mit hohem Alltagsnutzen. Ein schmales Display hinterm Lenkrad liefert das Nötigste, der 14,5 Zoll große Zentralmonitor Informationen und Funktionen, die gemeinsamen mit Google entwickelt wurden. Die Bedienung gleicht der eines XXL-Tablets, dürfte also erfahrenen Nutzern schnell vertraut vorkommen. Es beherrscht auch Updates per Internet, das Auto muss dafür also nicht an den Rechner des nächsten Service-Stützpunktes.

Die beiden Motoren sind jeweils für eine Achse zuständig, die Verteilung der Antriebskraft übernimmt eine ausgeklügelte Elektronik je nach Vehemenz des rechten Fahrerfußes. Fällt die moderat aus, kann der Heckantrieb kurzzeitig stillgelegt werden, was den Stromverbrauch drückt. Für ein feines Fahrgefühl sorgt eine Luftfederung mit verstellbaren Dämpfern.

Vielzahl von Helfern an Bord

Wie ein Hochglanzkatalog der beliebtesten und auch neuesten Assistenz- und Sicherheitssysteme liest sich die Liste der elektronischen Helfer, die in Zukunft auch zum sogenannten autonomen Fahren beitragen sollen. Insgesamt fünf Radaraugen, ebenso viele Kameras und zwölf Ultraschallsensoren liefern die Informationen. Neu ist ein System, das Alarm schlägt, wenn Kinder oder Tiere im Auto vergessen werden. In den USA der Grund für rund 900 Todesfälle pro Jahr.

Bis Hilfe eintrifft, wird die Klimaanlage automatisch so geregelt, dass Hitzschlag oder Unterkühlung vermieden werden. Ein weiteres Beispiel sind zwei Kameras, die stets die Augen der gerade fahrenden Person scannen. Wenn die Hochleistungselektronik den Menschen als abgelenkt, müde oder mental abwesend einstuft, meldet sich das System durch Warnmeldungen, verschiedene Töne und betätigt im Ernstfall die Notbremsung.

Lidar folgt

Als Sahnehäubchen soll Mitte den nächsten Jahres noch ein „Lidar“-System hinzukommen. Es kombiniert die Fähigkeiten von Laser und Radar und deckt inen weiten Bereich vor dem Auto in 3D-Qualität ab und meldet so viele Details ins Auto, dass drohende Kollisionen und sonstige Gefahren früher erkannt werden als bisher möglich. Die nächste Vorstufe zum automatischen Fahren.

Das alles treibt natürlich den Preis des Polestar 3 für die meisten möglichen Interessenten in unerreichbare Dimensionen. In den 90.000 Euro Basispreis sind viele Feinheiten wie die meisten Assistenzsysteme, ein Panorama-Glasdach, verstellbare Luftfederung, eine Klimaanlage mit dreifacher Luftreinigung oder eine 360-Grad-Kamera aber schon mit drin. Das Performance-Paket mit mehr Leistung kostet 6.600 Euro Aufpreis. Online bestellt werden kann der Euro-Asiate, der auch in den USA gebaut werden soll, ab sofort. Die ersten Polestar 3 werden aber erst im letzten Quartal nächsten Jahres zu den Kunden rollen. (SP-X)

Über den Autor

Frank Mertens

Nach dem Sport- und Publizistikstudium hat er sein Handwerk in einer Nachrichtenagentur (ddp/ADN) gelernt. Danach war er jahrelang Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele (Sydney, Salt Lake City, Athen) als Berichterstatter begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das bloße Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche. Neben der Autogazette verantwortet er auch den redaktionellen Teil des Magazins electrified.

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