Wasserstoff gilt für viele Experten als der Energieträger der Zukunft werden. Auch im Verkehr kommt ihm eine wichtige Rolle zu.
Je nach Szenario könnte er 2050 bis zu 40 Prozent des dort anfallenden Energiebedarfs decken. Ob das Gas auch im Auto den Durchbruch schafft, hängt nicht zuletzt von der Infrastruktur ab. Und dort gibt es noch einiges zu tun.
Der große Vorteil von Wasserstoff ist seine saubere „Verbrennung“. Egal ob er in Kraftwerken oder Verbrennungsmotoren verfeuert oder in der Brennstoffzelle zur Stromgewinnung genutzt wird – als Abfallprodukt entsteht jeweils reines Wasser. Der gewonnene Strom oder die erzeugte Wärme ist in dieser Hinsicht entsprechend sauber.
Produktion noch mit Problemen
Das Problem: Die geschöpfte Energie muss bei der Herstellung erst einmal eingesetzt werden. Wirklich grün ist der Wasserstoff also nur, wenn auch der zu seiner Herstellung genutzte Strom grün ist. Und noch ein Problem gibt es: Wasserstoff kann zwar auch aus klarem Wasser gewonnen werden, in den meisten Fällen werden aber fossile Energieträger als Grundstoff genutzt. Heute handelt es sich überwiegend um Erdgas, in den nächsten Jahren soll Kohle diese Rolle übernehmen. Bei beiden Varianten wird auch bei der Synthese CO2 freigesetzt, das langfristig im Idealfall abgeschieden und gespeichert werden soll.
Neben der Produktion gibt es ein weiteres Problem: Der Transport des sehr flüchtigen und extrem leichten Gases ist schwierig. Klassische Erdgas-Pipelines sind nicht dicht genug, so dass über Strecke große Mengen des Stoffes verloren gehen würden. Wird der Wasserstoff dem Erdgas beigemischt, was die Verluste reduzieren würde, lässt es sich später bei Bedarf kaum mehr trennen. Druckwasserstoff-Pipelines dürften erst im kommenden Jahrzehnt verfügbar werden. Das Wasserstoffgas an den deutschen Wasserstofftankstellen kommt daher aktuell meist per Lkw. Das ist wenig effizient und funktioniert nur für relativ geringe Mengen. Eine nennenswerte Flotte von Brennstoffzellenautos lässt sich so nicht betanken.
Dezentrale H2-Fabriken
Ein mögliche Lösung für das Transportproblem sind dezentrale H2-Fabriken. Dort ließe sich grüner Wasserstoff dezentral und modular für Industrie, Gewerbe und Verkehr entlang der Wertschöpfungskette produzieren und verteilen, schlägt etwa das Fraunhofer Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung (IFF) vor. Dort soll mit Hilfe von Strom aus Sonnen- oder Windkraft Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten werden. Letzterer wird direkt vor Ort gespeichert und beispielsweise für die Betankung von Brennstoffzellenautos zur Verfügung gestellt.
Die Fraunhofer-Forscher denken dabei nicht nur an Privat-Pkw, sondern vor allem an Fahrzeugflotten mit Kleintransportern und Gabelstaplern, die in Industrie- und Gewerbeparks unterwegs sind. „Darüber hinaus wollen wir die Industrie mit Strom, Gas und Wärme versorgen. Der bei der Elektrolyse entstehende Wasserstoff lässt sich ins Gasnetz einspeisen, als Treibstoff nutzen, in Methan oder Methanol umwandeln und der Industrie als Rohstoff zur Verfügung stellen“, so IFF-Wissenschaftler Torsten Birth. Auch die Nebenprodukte der H2-Herstellung sollen möglichst vor Ort verwertet werden, der Sauerstoff etwa von der Industrie, das Ozon beispielweise zur Abwasserreinigung in Kläranlagen.
Modulares System
Das von den Forschern entwickelte Konzept ist modular aufgebaut. Wo Sonnen- oder Windenergie nicht ausreichend zur Verfügung stehen, ist auch die Angliederung an eine Biogasanlage möglich. Durch ein spezielles Gärungsverfahren, ähnlich dem der Biogasproduktion, und unter Einsatz bestimmter Mikroorganismen könnte direkt aus organischen Reststoffen Wasserstoff erzeugt werden. „Die fermentative Erzeugung von Biowasserstoff wird künftig eine wichtige Rolle bei der dezentralen Produktion des Energieträgers spielen“, prognostiziert Birth.
Das Prinzip der Dezentralisierung lässt sich mit den Fraunhofer-Modulen sogar auf die Spitze treiben. So ließe sich auch eine Art transportabler Kleintankstelle bauen, die dorthin fährt, wo gerade Bedarf ist. Auf einem Kleinanhänger befinden sich erweiterbare Druckspeichersysteme mit Kompressoren, die betankt werden können und zudem in der Lage sind, Wasserstoff abzugeben. Der Vorrat könnte bei den Nutzern für rund 200 Kilometer Fahrt reichen.
Ob sich Wasserstoff im Pkw-Verkehr durchsetzt, bleibt auch bei der Lösung von Transport- und Herstellungsproblem abzuwarten. Denn der Wirkungsgrad eines Brennstoffzellenautos erreicht lange nicht den eines Batterie-E-Autos – unter Effizienzgesichtspunkten ist es günstiger, grünen Strom direkt zu vertanken als ihn zunächst unter Verlusten in Wasserstoff umzuwandeln. Trotzdem gibt es auch aus heutiger Sicht sinnvolle Anwendungen, etwa für die Energieversorgung von Langstrecken-Lkw, Schiffen und vielleicht auch Flugzeugen. Dort sind große Reichweiten wichtig, die mit Batterien aktuell nur zu hohen Kosten realisierbar sind. (SP-X)
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