Elektro

«In diesen Tagen heißt es, sich gegenseitig zu helfen»

Das Coronavirus hat das öffentliche Leben nicht nur in Deutschland zum Erliegen gebracht. Die Autobauer haben ihre Produktion in Europa eingestellt. Das trifft auch auf Hyundai und dessen Werk im tschechischen Nosovice zu.

Eigentlich hätte das Treffen mit Jürgen Keller am 21. März in Berlin stattfinden sollen. Im Olympiastadion wollte sich der Manager zusammen mit regionalen Händlern das Lokalderby zwischen Hertha BSC und dem 1. FC Union anschauen. Der Autobauer ist seit der Saison 2018/2019 Mobilitätspartner der Herthaner. Doch daraus wurde nichts. Wegen der Coronakrise wurde das Bundesligaspiel abgesagt. Stattdessen treffen wir Keller Tage zuvor am Deutschlandsitz in Offenbach. Auf eine Begrüßung per Handschlag wird verzichtet.


Eigentlich war für das Foto-Shooting und die Tour im Kona Elektro mit ihm eine Stunde eingeplant, doch so viel Zeit hatte der Geschäftsführer von Hyundai Motor Deutschland nicht mehr. „Sorry, 30 Minuten müssen reichen“, entschuldigt sich Keller.

Auch bei Hyundai wird das Geschäft in diesen Tagen von der Coronakrise bestimmt. „Wir verfolgen und bewerten sehr aufmerksam die dynamische Entwicklung dieser außergewöhnlichen Situation“, sagt Keller, der seit Juli 2019 das Deutschlandgeschäft des Importeurs verantwortet: Größte Bedeutung komme dabei der Gesundheit der Mitarbeitenden und Geschäftspartner zu. „In diesen Tagen heißt es, mit großer Besonnenheit zu handeln und sich gegenseitig zu helfen.“

Unterstützung der Händlerbetriebe

Die Knöpfe für die Gangwahl im Hyundai Kona Elektro. Foto: Erhardt Szakacs

Für die Händler bedeutet das, dass sie von Hyundai in diesen schwierigen Wochen Hilfestellungen bekommen. „Konkrete Maßnahmen sind unter anderem die Verlängerung unterschiedlicher Fristen und zinsfreier Räume. Zum Beispiel gibt es einen Tilgungsaufschub für noch nicht abgelöste Fahrzeuge im Händlerlagerbestand“, so der 54-Jährige. Daneben würden „einzelne Prämien für Verkäufe an Privat- oder Gewerbekunden nicht mehr monatlich sondern wöchentlich ausgezahlt“.

Keller zeigt sich trotz der bislang noch nicht abzusehenden wirtschaftlichen Folgen froh darüber, dass Hyundai seit dem Verkaufsstart des neuen Hyundai i10 am 8. Februar über einen Online-Showroom verfügt, in dem sich die Kunden weiter beraten lassen können. „Mit dieser Form der Präsentation steht uns ein Mittel zur Verfügung, mit dem wir in Zeiten der Coronakrise gut gewappnet sind“, berichtet Keller. Wie der studierte Wirtschaftsingenieur sagt, hätte man in den letzten Wochen „täglich ca. 1.000 Besucher auf der Landingpage des Showrooms“ gehabt: „Wir rechnen damit, dass diese Zahl in den nächsten Wochen noch ansteigen wird und sind darauf vorbereitet.“ Aktuell können sich Kunden dort von den Verkaufsberatern online den neuen i10, den Kona Elektro und den Ioniq Plug-in-Hybrid zeigen lassen.

Frühzeitig Antriebsportfolio umgestellt

Wie sich der Absatz in diesem Jahr entwickeln wird, vermag auch Keller zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu sagen. Das hänge entscheidend von der weiteren Marktentwicklung ab. Vor dem Ausbruch der Pandemie standen die Zeichen für Hyundai auf jeden Fall auf Wachstum. Schließlich ist der Koreaner der einzige Hersteller, der seinen Kunden alle wichtigen alternativen Antrieben (Hybrid, Plug-in-Hybrid, Elektro, Wasserstoff) in Serie anbieten kann. Entsprechend ist Hyundai vorbereitet, auch die strengen CO2-Grenzwerte von 95 g/km bis 2021 zu erfüllen. Das kann nicht jeder Hersteller von sich behaupten, auch nicht die deutschen. Wie Keller sagte, würde Hyundai von den strengen CO2-Vorgaben profitieren, „weil wir sehr frühzeitig unser Antriebsportfolio auf alternative Antriebe ausgerichtet haben“.

Bereits im Vorjahr konnte Hyundai bundesweit 10.000 emissionsfreie Fahrzeuge verkaufen, darunter mehr als 5.000 Elektroautos. Keller zeigt sich zuversichtlich, dass sich dieser Trend fortsetzen wird. Das Jahr 2020 bezeichnet er für Hyundai als das Jahr der Elektromobilität. Die Kunden könnten von der Marke tolle Angebote im Bereich der alternativen Antriebe erwarten, verspricht er. Dazu gehörten nicht nur attraktive Modelle, sondern auch Lösungen rund um das Fahrzeug wie die Ladeinfrastruktur. In Kooperation mit dem Energieversorger EnBW biete man den Kunden beispielsweise eine Ladekarte zu attraktiven Konditionen an. Bereits Ende des Jahres wolle Hyundai 75 Prozent seiner Modelle elektrifiziert haben, so der Deutschlandchef.

Mit Blick auf den Absatz setzt Keller vor allem auf die Attraktivität der Modelle wie beim Hyundai Kona Elektro. Die Reichweite des elektrischen City-SUV mit der 64 kWh starken Batterie wurde gerade dank einiger Modifikationen auf 484 Kilometer gesteigert, 35 Kilometer mehr als zuvor. Für die Erreichung der CO2-Grenzwerte sei der Kona Elektro das wichtigste Modell, so Keller. Entsprechend wird das Modell derzeit zu attraktiven Konditionen angeboten. Dazu gehört neben einer achtjährigen Garantie auch eine um 2.000 Euro auf insgesamt 8.000 Euro aufgestockte Kaufprämie. „

Produktion in Tschechien

Der Hyundai Kona Elektro in der Hafengegend. Foto: Erhardt Szakacs

Neuerdings wird der Kona Elektro zusätzlich zum Werk in Korea im tschechischen Werk in Nosovice gebaut. . Der Bau des Kona Elektro in Tschechien sei für die Entwicklung der E-Mobilität der Marke enorm wichtig. „Mit diesem Schritt haben wir die Produktionskapazitäten verdreifacht. Allein in Tschechien sollten in diesem Jahr 30.000 Kona Elektro vom Band laufen:“ Dadurch könnten Kundinnen und Kunden auch mit deutlich kürzeren Lieferzeiten von drei bis vier Monaten rechnen, so Keller. Im Vorjahr hatte man noch bis zu einem Jahr auf den Kona Elektro warten müssen. Doch auch in Tschechien ruht seit dem 23. März die Produktion. Und, wird das nicht zu Problemen bei den Lieferzeiten führen? „Vorerst nicht, da bereits Hunderte Autos für den deutschen Markt vorproduziert wurden. Den weiteren Werdegang muss man abwarten“, sagt Keller. Die 30 Minuten sind um. Keller stellt den Kona Elektro wieder vor der Firmenzentrale ab. Das nächste Meeting wartet auf ihn.

Dieser Artikel erschien zunächst in der Printausgabe von electrified

Über den Autor

Frank Mertens

Nach dem Sport- und Publizistikstudium hat er sein Handwerk in einer Nachrichtenagentur (ddp/ADN) gelernt. Danach war er jahrelang Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele (Sydney, Salt Lake City, Athen) als Berichterstatter begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das bloße Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche. Neben der Autogazette verantwortet er auch den redaktionellen Teil des Magazins electrified.

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