Mobilität

Umweltverbände kritisieren «Verbrenner-Aus light»

Ab 2035 soll es keine neu zugelassenen Neuwagen mehr geben mit fossilem Kraftstoff geben. Foto: SP-X

In der EU dürfen ab 2035 nur noch klimaneutrale Neuwagen zugelassen werden. Verbrenner mit E-Fuels sollen aber erlaubt sein.

Darauf haben sich Mittwochnacht in Luxemburg die Umweltminister der EU verständigt. Diese Entscheidung muss nun aber noch mit dem EU-Parlament verhandelt werden. Dies hatte sich jedoch schon längst für ein komplettes Verbrenner-Aus entschieden.


Über das Verbrenner-Aus war in der Bundesregierung lange gestritten worden. Während die Grünen für ein Verbrenner-Aus waren, war die FDP dagegen und sprach sich für E-Fuels aus. Erst am Tag der Entscheidung konnten man einen Kompromiss finden – und der berücksichtig die E-Fuels trotz ihrer schlechten Energiebilanz.

VCD spricht von Verbrenner-Aus light

Kritik an der Entscheidung kam vom Verkehrsclub Deutschland (VCD). Der alternative Verkehrsclub sprach in einer Pressemitteilung am Mittwoch von einem „Verbrennerausstieg light“.

„Die EU-Umweltminister*innen haben sich zwar im Grundsatz darauf geeinigt, dass ab 2035 nur noch klimaneutrale Fahrzeuge zugelassen werden sollen, dennoch bleibt eine Hintertür für Verbrenner offen. Verantwortlich für die Misere ist die Weigerung der FDP, dem Aus für neue Verbrenner-Pkw ab 2035 zuzustimmen“, sagte die VCD-Bundesvorsitzende Kerstin Haarmann.

Dabei kritisierte Haarmann das Abstimmungsverhalten der Bundesregierung, die sich eigentlich bereits im März für ein Verbrenner-Aus ausgesprochen hatte. Die FDP habe „SPD und Grüne“ am Ring durch die Manege geführt, so die VCD-Bundesvorsitzende. Dabei sei klar, dass E-Fuels „ineffizient, teuer und auf absehbare Zeit nicht in ausreichenden Mengen verfügbar“ sind. Sie sollten vielmehr dort eingesetzt werden, „wo keine direkte Elektrifizierung möglich ist: in der Industrie sowie im Flug- und Schiffsverkehr, nicht beim Pkw“, fügte sie hinzu. Die nun getroffene „Entscheidung erweist dem Klimaschutz – aber auch der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Autoindustrie – einen Bärendienst, Deutschland hat seine Glaubwürdigkeit als Klimaschutzvorreiter in Europa verloren“, so Haarmann weiter.

BUND spricht von wichtigem Signal

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) bezeichnete die Entscheidung für emissionsfreie Pkw ab 2035 als wichtiges Signal, allerdings komme es fünf Jahre zu spät, so BUND-Geschäftsführerin Antje Broock. „Wir hätten uns aber ein noch klareres Bekenntnis zum batterieelektrischen Antrieb gewünscht. Ziel muss nun sein, dass hierzulande bereits 2030 der letzte Verbrenner-Pkw zugelassen wird, auch um das im Koalitionsvertrag festgeschriebene Ziel von 15 Millionen batterieelektrischen Pkw bis 2030 zu erreichen“, so Broock weiter. Als unverständlich wertete der BUND die Haltung der FDP gegen ein Verbrenner-Aus. „E-Fuels sind eine Scheinlösung, sie sind ineffizient, nicht automatisch klimaneutral und werden auf absehbare Zeit teuer sowie begrenzt verfügbar bleiben.“

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace bezeichnete es zwar als ein „wichtiges Signal, dass die EU klimaschädlichen Verbrennern ein klares Enddatum setzt, aber dieses Verbot kommt viel zu spät, um das 1,5 Grad-Ziel im Verkehr zu erreichen und Europas Abhängigkeit vom Öl schnell zu beenden“, so Greenpeace-Deutschlandchef Martin Kaiser. „Ärgerlich ist, dass die EU sich nun weiter mit der Scheinlösung ineffizienter und teurer E-Fuels beschäftigen muss, die im Pkw-Markt nichts verloren haben. Dieser Zeitverlust geht auch auf Kosten von Olaf Scholz, der die FDP mit ihrem irrationalen Beharren auf E-Fuels nicht zurückgepfiffen hat. Deutschland und Europa brauchen auch eine Zeitenwende im Klimaschutz“, so Kaiser weiter.

Die eFuel-Alliance gegrüßte, dass der „Umweltrat im Gegensatz zur Mehrheit des Europäischen Parlamentes eine Berücksichtigung von klimafreundlichen eFuels zur CO2-Zielerreichung für die Automobilhersteller nicht vollständig ausschließen möchte, sondern ein Fenster für eine Änderung der Regulierung offengelassen hat“, so Geschäftsführer Ralf Diemer. „Gleichwohl bleibt festzuhalten, dass die Umweltminister zunächst einmal ein faktisches Verbot des Verbrennungsmotors – auch des klimaneutral mit eFuels betriebenen – ab 2035 beschlossen haben, denn die Systematik der Regulierung bleibt bis auf weiteres unverändert“, fügte er hinzu. Der Zentralverband des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes (ZDK) wertete es als „kluge Entscheidung“, dass neue Pkw auch ab 2035 mit synthetischem Kraftstoff neu zugelassen werden dürfen. „Wir setzen uns seit einem Jahrzehnt für synthetische Kraftstoffe ein und haben immer wieder auch gegenüber der Politik auf die technologieoffene Gestaltung der individuellen Mobilität der Zukunft gedrungen“, so ZDK-Präsident Jürgen Karpinski. Er forderte die Bundesregierung auf, nun gemeinsam mit den anderen EU-Ländern einen Kompromiss mit dem EU-Parlament zu finden, um eine rechtssichere auf den Weg zu bringen.

Über den Autor

Frank Mertens

Nach dem Sport- und Publizistikstudium hat er sein Handwerk in einer Nachrichtenagentur (ddp/ADN) gelernt. Danach war er jahrelang Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele (Sydney, Salt Lake City, Athen) als Berichterstatter begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das bloße Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche. Neben der Autogazette verantwortet er auch den redaktionellen Teil des Magazins electrified.

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