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Start-up heygrün: Besseres Klima durch grüne Dächer

Ein begrüntes Dach: dafür wurde die Gründachbox von heygrün verwendet. Foto: Heygrün

Wer im Sommer einmal durch eine Großstadt gelaufen ist, bekommt gerade dort angesichts der zunehmenden Flächenversiegelung die Hitze deutlich zu spüren. Doch dagegen kann man etwas tun: beispielsweise durch die Anpflanzung von Bäumen, aber auch durch eine Begrünung der Dächer. Das Kölner Start-up „heygrün“ bietet hierfür sogar eine DIY-Lösung an.

Die Sommer werden angesichts des Klimawandels immer heißer. Gerade für die Menschen in den Städten stellt das angesichts der zunehmenden Versiegelung eine hohe Belastung dar. In Berlin herrschten bereits im Juni Temperaturen jenseits der 30 Grad. Bei solchen Temperaturen bilden sich in stark bebauten Stadtteilen so genannte Hitzeinseln. Sie sorgen für gesundheitliche Beeinträchtigungen – und nicht nur das: Eine Vielzahl von Studien zeigt, dass die Sterblichkeit durch die Hitze zunimmt.


Das Robert-Koch-Institut (RKI) geht davon aus, dass in Deutschland jährlich mehrere tausend Menschen hitzebedingt sterben. Abseits dieser Sterblichkeit nimmt die Hitze starken Einfluss auf unser Wohlbefinden. Davon betroffen sind vor allem Ältere und Personen beispielsweise mit Herz-Kreislauf- oder Atemwegserkrankungen, aber auch Kinder.

Entlastung durch Stadtbegrünung

Eine Stadtbegrünung kann hier Entlastung bringen, zu einem besseren innerstädtischen Klima beitragen, wie zwei aktuelle Studien („FutureBioCity!“, „GrüneLunge“) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) zeigen. So ergab eine Modellierung, dass die Erhöhung des Baumbestandes „um mindestens 30 Prozent die jährliche Zahl der extremen Hitzestunden um fast 64 Prozent und den jährlichen Wasserabfluss um 58 Prozent verringern könnte“, fasste KIT-Gruppenleiter Somid Saha einige der Ergebnisse zusammen.

Abseits solcher Baumpflanzungen können aber auch Dach- und Fassadenbegrünungen positiven Einfluss auf das Klima in Stadtquartieren nehmen und damit lokale Klimafolgen abschwächen. Eines der bekanntesten Beispiele einer Fassadenbegrünung findet sich in Mailand mit den Zwillingstürmen Bosco Verticale. Fertiggestellt wurden sie 2014, verbessern seither auch die Biodiversität, bieten einen Lebensraum für Vögel und Insekten.

Start-up-Mitgründer Daniel Porzig. Foto: Heygrün

Darum geht es auch Daniel Porzig (27). Er möchte angesichts des Klimawandels dazu beitragen, dass Leben in der Stadt lebenswerter zu machen. Aus diesem Grund hat der studierte Wirtschaftsinformatiker 2023 zusammen mit seinem Partner Manuel Rasch in Köln das Start-up “heygrün” gegründet. Dabei konzentrieren sich die beiden Gründer ausschließlich auf die Dachbegrünung. „Sie bietet viel Potenzial, schnell etwas gegen die Hitze in der Stadt zu tun“, sagt Porzig.

Idee kam nach Besuch des „Futurium“

Die Idee zu „heygrün“ kam Porzig 2022 nach dem Besuch des „Futurium“ in Berlin, in dem er sich eine Ausstellung zur Stadt der Zukunft anschaute. Als er nach dem Besuch wieder vor die Tür trat, blickte er auf die grauen Fassaden der umliegenden Gebäude. Die Frage, warum in den Städten die Fassaden und Dächer der Häuser nicht besser genutzt werden, ließ ihn von da an nicht mehr los, „gerade auch vor dem Hintergrund des Klimawandels“. Schließlich könnten, so Porzig unter Verweis auf Berechnungen des Bundesverbandes Gebäude Grün e.V, allein bei der Begrünung von nur 10 Prozent der deutschen Flachdachflächen täglich über 400 Millionen Liter Wasser verdunsten. Das entspräche eine Kühlleistung von 24 Millionen Klimageräten. Zudem könnten begrünte Dächer bis zu drei Milliarden Liter Regenwasser speichern, so zudem Überschwemmungsrisken reduzieren.

„Wer sich für eine Dachbegrünung entscheidet, der tut auch etwas gegen die städtische Hitze und gegen die Folge von Starkregenereignissen.“ Aufgrund der Versiegelung heizen sich die Innenstädte überproportional auf, Straße und Gebäude verhindern dabei eine nächtliche Abkühlung. Wie aus einer Studie des Umweltbundesamtes hervorgeht, beträgt beispielsweise der Unterschied zwischen der Berliner Innenstadt und dem Umland in den Sommermonaten bis zu 9 Grad.

Empfehlenswert sei eine Dachbegrünung dabei auch für die Besitzer einer Solaranlage, „Durch die Dachbegrünung und die damit einhergehende Verdunstung des gesammelten Regens entsteht eine Kühlleistung von zwei bis drei Grad, was positive Einfluss auf die Solaranlage hat“, so Porzig. „Ein Flachdach mit Bitumenabdichtung heizt sich im Hochsommer schon mal auf 80 Grad auf, strahlt die Wärme an die PV-Module ab, die dadurch nicht mehr so effizient arbeiten können. Die Dachbegrünung dient als kleiner Kühlfaktor. Zudem sei die Kombination aus PV und Dachbegrünung auch aus einem anderen Grund wichtig, nämlich wegen des Flächenverbrauchs. „Wir brauchen die Energiewende, wir brauchen aber auch die Dachbegrünung für ein besseres Stadtklima. In Kombination ist das eine sinnvolle Ergänzung, es entsteht eine Win-Win-Situation.“ Vor diesem Hintergrund ist „heygrün“ derzeit auch in Gesprächen mit Anbietern von Solaranlagen, um seine Dienstleistung als Gesamtpaket anbieten zu können.

Zwei Lösungen für Begrünung des Daches

Auch Garagendächer bietet sich für eine Dachbegrünung an. Foto. Heygrün

Für den Weg zu einem grünem Dach bieten die Gründer ihren Kundinnen und Kunden zwei Lösungen an: Entweder kann man die Dachbegrünung mit der DIY-Gründachbox selbst vornehmen, oder diese wird deutschlandweit von einem Fachbetrieb durchgeführt. Die Abwicklung des Auftrags erfolgt indes immer über „heygrün“. „Der Kunde macht mit uns einen Vertrag, wir sind sein Ansprechpartner, wir regeln alles mit dem Partnerbetrieb.“

Und die Kosten? Die richten sie natürlich nach der Fläche. Bei der DIY-Gründachbox muss man für die Begrünung einer Doppelgarage mit einer Fläche von 36 qm beispielsweise 2.556 Euro veranschlagen, so Porzig. Wer die Begrünung nicht selbst vornehmen lassen will, sondern es von einem Fachbetrieb durchführen lassen will, liegt zwischen 3.100 Euro und 4.100 Euro, „es kommt halt darauf an, was man genau will“, so Porzig. Für exakte Preise verweist er auf den Konfigurator. Mit Blick auf die Preise weist Porzig aber darauf hin, dass die meisten Großstädte sich mit durchschnittlich 50 Prozent an den Kosten beteiligen. Das Start-up berät entsprechend über Fördermöglichkeiten und hilft bei der Beantragung.

Denjenigen, die ein schnelle Lösung und schnellen Begrünungserfolg wollen, empfiehlt Porzig die DIY-Gründachbox. Sie kann ganzjährig aufgestellt werden und weist in der Standardvariante eine Fläche von 37,3 x 57,3 x 5 cm bei einer Pflanzdichte von 95 Prozent auf. Dabei kämen speziell entwickelte Substrate mit sechs bis acht Sedumarten pro Box zum Einsatz, „alle sind für anspruchsvolle Wetterbedingungen geeignet“, erklärt Porzig. Bei Starkregen sind bereits die Gründachboxen in der Lage, Wasser aufzunehmen und zu speichern, sodass die Kanalisation nicht überlastet. Neben der Gründachbox in der Standard-Variante gibt es aber auch Boxen mit anderen Maßen, die aufgrund verschiedener Höhen auch mehr Wasser aufnehmen können.

Beitrag zur Biodiversität

heygrün-Mitgründer Manuel Rasch bei der Verlegung. Foto: Heygrün

Zudem können auch die Gründachboxen zur Biodiversität beitragen, führt Porzig weiter aus. Wer die Pflanzenvielfalt weiter erhöhen will, für den bietet „heygrün“ auch ein Biodiversitätspaket. Hier enthalten sind „beispielsweise ein Insektenhotel, Sand, bunte Maßsteine und verschiedene Stauden und Kräuter“. Und, welche Kundinnen und Kunden greifen auf die Dienste von „heygrün“ zurück? Sind es vor allem Stadtbewohner, die insbesondere unter der Hitzebelastung leiden?

Erstaunlicherweise, so sagt Porzig, kommen sehr viele Aufträge aus kleineren Städten, insbesondere aus Dörfern. „Hier scheint das Bewusstsein für die Sinnhaftigkeit einer Dachbegrünung noch ausgeprägter zu sein als in der Stadt.“ Doch grundsätzlich steigt das Bewusstsein, etwas für das Klima zu tun, konstatiert Porzig. Man habe seinen Business-Plan bereits aufgrund der steigenden Zahl von Aufträgen anpassen müssen. Das ist nicht nur gut für die Gründer, sondern auch für das (Stadt-)Klima.

 

Über den Autor

Frank Mertens

Nach dem Sport- und Publizistikstudium hat er sein Handwerk in einer Nachrichtenagentur (ddp/ADN) gelernt. Danach war er jahrelang Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele (Sydney, Salt Lake City, Athen) als Berichterstatter begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das bloße Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche. Neben der Autogazette verantwortet er auch den redaktionellen Teil des Magazins electrified.

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