Die Schauspielerin Pheline Roggan kennt man von ihren Rollen im „Tatort“, dem Kinofilm „Soul Kitchen“ von Regisseur Fatih Akins oder der Kultserie „Jerks“ von Christian Ulmen. Dass die 43-Jährige sich seit Jahren ehrenamtlich für mehr Klimaschutz in der Filmbranche engagiert, ist indes weniger bekannt.
Pheline Roggan erinnert sich noch gut an das Jahr 2019 zurück. Es war eine Zeit, in der sie anfing, sich intensiv mit dem Thema Klimaschutz zu beschäftigen. Damals sorgte die Umweltbewegung „Fridays for Future“ mit dafür, dass das Thema „auch medial breit in der Öffentlichkeit behandelt wurde“. In dieser Zeit habe sie viel zu den Folgen des Klimawandels gelesen, viel Nachrichten konsumiert. Mit dem zunehmenden Wissen um die Auswirkungen des Klimawandels und der Umweltzerstörung „habe ich wirklich Angst gekriegt“. Es habe sich ein Gefühl der „Panik und der Machtlosigkeit“ breit gemacht. „Die Fakten waren bekannt, doch gehandelt wurde nicht.“
Dem Gefühl der Macht- und Hilfslosigkeit wollte sich Roggan aber nicht ausliefern. Deshalb habe sie sich gefragt, was jeder Einzelne, aber auch ihr Arbeitsumfeld, die Filmbranche, für mehr Klimaschutz tun kann. In den Kolleginnen und Kollegen Laura Fischer, Silke Bacher und Moritz Vierboom fand sie Verbündete, die sich ebenfalls Sorgen ums Klima machten. Auf der Berlinale 2020 haben sie das Thema dann erstmals gepusht, haben Panels beispielsweise mit dem Medienboard Berlin-Brandenburg oder der Hamburger Filmförderung organisiert, die bereits damals einen „Grünen Drehpass“ initiiert hatten. Damit nahm das Klimaengagement Fahrt auf.
Fördergelder nur bei Einhaltung von Standards
Doch dann kam der Corona-Lockdown. Diese Zeit hat man genutzt, sein Engagement auf eine breitere Basis zu stellen. Hat geschaut, mit wem man zusammenarbeiten kann, welche Richtung das Engagement einschlagen soll. In dieser Phase wurde die Initiative Changemakers.film gegründet. Drei Jahre später, auf der Berlinale 2023, setzte sich die Initiative mit dem Medienboard Berlin-Brandenburg für umwelt- und klimabewusste Filmproduktionen ein, die dafür nötigen ökologischen Standards konnte man mitgestalten. „Die haben mittlerweile den Weg ins Filmförderungsgesetz geschafft“, erzählt Roggan zufrieden. Fernseh- und Filmproduktionen kommen damit nur noch dann in den Genuss von öffentlichen Fördergeldern, wenn sie sich an diese Standards halten.
Doch wie sehen diese Standards aus? Die freiwillige Selbstverpflichtung, die man auf der Webseite von Changemaker.film online unterzeichnen kann, sieht insgesamt 13 Punkte vor, wie „alle Gewerke eines Films ihre CO2-Bilanz reduzieren können“. Diese Selbstverpflichtung sei eine Idealvorstellung vom „Grünen Drehen“, so Roggan. Zu diesen Punkten gehören unter anderen die Bereiche „Reisen und Transport“, „Unterbringung“, „Catering“, „Maske“, „Kostüme“ oder auch die „Requisite“. Es sei wichtig gewesen, dass man die verschiedenen Gewerke des Films in die Selbstverpflichtung mit einbezieht, um dadurch den größtmöglichen Nutzen zu erzielen. „Zudem können die Kolleginnen und Kollegen aus den verschieden Bereichen am besten beurteilen, wo man im Sinne des Klimaschutzes zu Änderungen kommen kann.“
Das Gros der Emissionen entsteht beim Film übrigens bei Reisen und dem Transport, wie Roggan anmerkt. „Es heißt ja immer, dass Schauspielerinnen und Schauspieler auf Luxus stehen, immer in den besten Hotels absteigen oder nur fliegen wollen“, so Roggan. Doch bei vielen Filmschaffenden sei das Bewusstsein für mehr Nachhaltigkeit sehr ausgeprägt. Mit Blick aufs Reisen „empfehlen wir, dass wir innerhalb von Deutschland nur mit der Bahn fahren, bei kürzen Strecken ins Ausland den Nachtzug nutzen.“ Das Flugzeug, als eines der größten Emittenten, sollte nur dann genutzt werden, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Roggan selbst hatte nach unserem Gespräch einen Termin in Wien. Statt dorthin mit dem Flugzeug zu reisen, hat sie den Zug genutzt. In Hamburg, ihrer Heimatstadt, nutzt sie meist das Rad oder fährt mit Bus oder S-Bahn. „Es macht schlicht keinen Sinn, hier Auto zu fahren. Das dauert länger – und einen Parkplatz muss man auch finden.“
Elektroautos für die Mobilität
„Für die Mobilität zum und am Set sollten idealerweise Hybrid- oder Elektrofahrzeuge Verbrennern vorgezogen werden“, so Roggan, „um so Emissionen zu senken oder ganz zu vermeiden“. Was sich unproblematisch und als leicht umsetzbar anhört, gestaltete sich aber in der Vergangenheit komplizierter. „Lange Zeit gab es schlicht bei den Autovermietern nicht ausreichend Elektrofahrzeuge.“ Gleiches trifft auf die Wohnmobile und die Catering-Fahrzeuge zu, die meist mit Diesel betrieben werden. „Auch hier sollten Alternativen gefunden werden.“
Mit Blick auf die Verpflegung wird empfohlen, regionale Produkte zu verwenden und den Fleischkonsum zu reduzieren. Fleisch sollte nur einmal pro Woche auf dem Speisenplan stehen, und dann in Bio-Qualität, heißt es in der Selbstverpflichtung. In einer brancheninternen Umfrage unter Teammitgliedern haben sich das 83 Prozent gewünscht, erzählt Roggan. Damit all das auch umgesetzt werden kann, sollte die Verpflegungspauschale erhöht werden. Dass, was selbstverständlich sein sollte, ist es beim Catering indes nicht immer: die Reduzierung von Plastikmüll. „Deshalb sollte auf Einwegprodukte verzichtet werden, also der Plastikeinsatz reduziert werden.“
Vermeidung von Plastik
Allein durch die Verwendung von Wassergallonen statt Einwegflaschen konnte bereits viel Plastikabfall vermieden werden. Ihren Beitrag für eine bessere Umweltbilanz leistet auch die Maske, wo viele Make-up-Produkte verwendet werden, die Mikroplastik enthalten. „Deshalb haben wir vorgeschlagen, Naturprodukte zu verwenden, die zudem ohne Tierversuche auskommen“. Ähnlich sieht es bei den Kostümen aus. Hier wird sich für den Einsatz von Secondhand- statt neuer Kleidung ausgesprochen. Das sei nicht nur ressourcenschonender, sondern auch inhaltlich sinnvoller. „Wer trägt schon ständig neue Kleidung?“ Gerade Discounterkleidung weise eine schlechte CO2-Bilanz auf.“
Und wie schaut es mit den Kosten aus? Ist „Grünes Drehen“ nicht deutlich teurer? Es komme immer auf die Größe Produktion an. Wenn es beispielsweise einige Tausend Euro mehr kostet, fällt es bei einer großen Produktion kaum ins Gewicht. Und bei kleineren Produktionen, die mit einem Low Budget auskommen, sind die Emissionen oft eh nicht so hoch und man kann durch die Beachtung einiger der Nachhaltigkeitsstandards sogar Geld sparen. „Es kommt immer auf den Einzelfall an. Grundsätzlich lässt sich aber sagen, je konsequenter die Maßnahmen umgesetzt und eingehalten werden, umso mehr Energie und damit auch Kosten können gespart werden.“
Zur Realität gehört die Klimakrise

Die Schauspielerin Pheline Roggan engagiert sich seit Jahren für Klimaschutz in der Filmbranche. Foto: Benjamin Pichelmann
Ein Aspekt, der Roggan besonders wichtig ist, sei das Storytelling. Mit den Geschichten, die die Filmbranche kreiert, habe man die Möglichkeit, positive Zukunftsvisionen zu entwerfen und durchaus eine prägende Vorbildfunktion einzunehmen, sagt sie. Diese Möglichkeiten sollte man stärker als bisher nutzen. Dazu gehöre, dass die Branche in den Produktionen viel stärker als bisher auf das Thema Klima- und Umweltschutz eingehe. „Es ist an uns, die Realität in den Filmen wider zu spiegeln – und der Klimawandel ist unsere Realität. Doch die kommt in den meisten Formaten leider nicht vor. Deshalb brauchen wir mehr grünes Storytelling.“
Auch wenn man Klima- und Umweltschutz nicht zum Thema eines Films macht, sollte man es dennoch berücksichtigen. Und überdenken, was für Sehnsuchtsbilder und Identifikationsfiguren kreiert werden, so Roggan. „Warum muss die Hauptfigur mit dem Auto fahren oder fliegen? Warum fährt sie nicht Bahn?“ Es gäbe in einem Film viele Möglichkeiten, zum bewussteren Handeln mit Blick auf die Klimakrise hinzuweisen. „Wenn wir realitätsfern agieren, dann verlieren wir auch unsere Relevanz“, ist Roggan überzeugt.
Und, in welcher Rolle wird man Pheline Roggan das nächste Mal sehen? Derzeit dreht sie mit Regisseur Peter Meister einen Kinofilm (Arbeitstitel „Der letzte Bär“). Darin spielt Roggan eine Frau, der es reicht. Das trifft irgendwie ganz gut auch auf Ihr Engagement für mehr Klimaschutz in der Filmbranche zu. „Die Forschung sagt uns ziemlich genau, dass wir etwas gegen den Klimawandel tun müssen. Doch letztlich tun wir zu wenig.“ Das trifft für Roggan auch auf die Politik zu. Im zurückliegenden Bundestagswahlkampf hätte das Thema Klima kaum eine Rolle gespielt. „Mit Blick auf die Auswirkungen des Klimawandels ist dies einfach unverständlich und unverantwortlich – und das ärgert mich.“