In Deutschland gibt es kaum jemanden, der sich in der Öffentlichkeit so für Umwelt- und Naturschutzthemen einsetzt wie er: Thomas D von den „Fantastischen Vier“.
Von Andreas Haslauer
Es gibt Menschen, die sind ihrer Zeit voraus. Der schwäbische Hip-Hopper Thomas D von den „Fantastischen 4“ ist so einer. Während Apple 1984 seinen ersten Macintosh vorstellte und Deutschland seine erste E-Mail erreichte, zog der gelernte Frisör die Reißleine. „Noch lange bevor das Thema fleischlose Ernährung aufkam, war ich schon Vegetarier“, sagt der Mann – man mag es kaum glauben – der als seit mehr als 40 Jahren Vegetarier ist.
Der Musiker kann es bis heute nicht verstehen, dass man zum Metzger geht und sich dort ein totes Tier kauft. Er will nicht, dass ein Tier – ganz egal ob Huhn, Schwein oder Kalb – für ihn sterben muss. Daran hat sich nichts geändert. Abgesehen davon, wettert der Künstler, ist es doch ein Irrsinn, wie viel Energie man aufbringen müsse, wie viel Ressourcen verschwenden würden, nur um ein Stück Fisch oder Fleisch auf den Teller zu haben.
Neue Platte mit „Flo Mega“
Der 56-Jährige, der nun eine neue Platte zusammen mit „Flo Mega“ rausbringt, versucht sogar, wann immer es geht, vegan zu leben. Doch das gelingt ihm nicht immer. Erst war er Ende vergangenen Jahres mit den Fantastischen Vier auf Tournee, nun als Solokünstler unterwegs. Da sei es manchmal nicht so einfach, sich vegan zu ernähren. Da kann es schon mal vorkommen, dass er etwas isst, wo ein Ei oder Sahne drin ist. Päpstlicher als der Papst möchte er allerdings auch nicht sein. Nur ein totes Tier geht nicht. No way! Ihm liegt das Tierwohl an erster Stelle. An zweiter Stelle macht er das aus Gesundheitsgründen. Thomas D: „Ich will kein Fleisch essen, das mit Antibiotika vollgepumpt ist. Ich will auch keinen Herzinfarkt und keinen Schlaganfall bekommen.“
Thomas D ist wahrscheinlich der Mann, der sich in der Öffentlichkeit hierzulande wie kaum ein anderer für Umwelt- und Naturschutzthemen einsetzt. Bereits im Jahr 2001 veröffentlichte er den Song „Gebet an den Planet“. Wenn man den Text heute so liest, könnte man den Eindruck gewinnen, dass er ihn gestern geschrieben hat. Ein Auszug: „Es tut mir leid Natur / Denn deine Erben erheben sich gegen dich / Mit allem im Einklang / Bis der Mensch mit Gewalt in dich eindrang.“
Preise für Nachhaltigkeitsengagement
Thomas D ist über den Text nicht glücklich. Künstler, so sagt er, wollen Songs schreiben, die relevant sind, die zeitlos sind, die bleiben. Bei dem Lied hätte er sich jedoch nichts sehnlicher gewünscht, als das die Zeit seine Zeilen überholt hätte. Leider ist das nicht so. Letztendlich sei „Gebet an den Planet“ ein Lied, bei dem er sich bei unserem Planeten entschuldigt habe. Er sagt: „Wir machen einfach damit weiter, unseren Planeten zu zerstören. Mir tun dabei alle leid: Die Natur, die Tiere und die Menschen.“
Das kommt an. Der Schwabe hat schon den Verdienstorden von Baden-Württemberg vom grünen Landesvater Winfried Kretschmann bekommen, beim Greentec-Festival, beim Green Lifestyle Award und beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis hat er Preise abgeräumt. „Ich mache den ganzen Quatsch aber nicht, um irgendwelche Preise zu gewinnen. Ich setze mich deswegen ein, weil ich die Menschen – auf Schwäbisch gesagt – am liebsten am Schlawiddle, also am Kragen, packen möchte und wachrütteln“, sagt er zu Electrified.
„Sehen Sie wirklich kein Licht am Ende des Tunnels?“, frage ich ihn. Er überlegt lange. Eigentlich sagt er, sei er ein durch und durch positiver Mensch. Einerseits. Andererseits könne er sich daran erinnern, dass Marvin Gay bereits 1971 „Whats going on?“ gesungen und genau diese Themen behandelt habe. Ob er nicht resigniert? „Nein, das werde ich nicht. Ich werde meine Strategie auf keinen Fall ändern. Solange ich lebe, werde ich mich für Umwelt- und Naturschutzthemen einsetzen.“
„Wir brauchen die Ozeane“
Was ihn am meisten stört, ist, dass wir Menschen doch ernsthaft glauben, dass wir das alleine wieder hinbekommen. Was ein Bullshit! Thomas D: „Wir brauchen die Ozeane, wir brauchen die Bäume, wir brauchen die Tiere. Alleine werden wir nicht überleben. No chance! Wir bekommen so viel von dieser Welt, vielleicht sollten wir – verdammt nochmal – endlich mal was zurückgeben? Das sollte nun eigentlich der Letzte mitbekommen haben.“
Was würde er machen, wenn er der oberste Nachhaltigkeits-Manager der Welt wäre? In Stuttgart, so erzählt er, habe er einen Kumpel. Er würde gerne Sätze immer mit „Wenn i Diktator wär…“ beginnen. Also, wenn ich diesen Job machen dürfte, sagt Thomas D, würde sich ab dem Tag kein Mensch mehr trauen, Müll in den Wald oder ins Meer zu werfen. Es heißt doch immer, dass das Leben aus dem Meer kommt. „Was denkt ihr also, ihr ignoranten Idioten, was passiert, wenn ihr Müll in den Ozean schmeißt?“, fragt er. Umweltverschmutzung würde es bei ihm nicht mehr geben. Damit nicht genug: Der Mann, der mit den Fantas sechs Millionen Tonträger verkaufte, über 1000 Konzerte gab sowie zehnfaches Gold und sechsfaches Platin gewann, wünscht sich eine noch fortschrittlichere Technik bei Autos. Die Elektro-Autos als auch die Hybrid-Modelle seien schon mal gut. „Noch umweltfreundlicher und noch innovativer – das würde ich mir von der deutschen Autoindustrie wünschen. Und zwar schnell!“, fordert er die BMWs und Audis auf. Wir sind doch das Land der Dichter und Denker. Wo bleiben denn nun die tollen Lösungen?
Selbst mit Verbrenner unterwegs
Er selbst gibt zu, dass er hier noch was verbessern könne. Er fährt einen Verbrenner, einen Toyota Supra mit 384 PS. Dafür habe er in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten an fast allen Stellschrauben in Sachen Nachhaltigkeit gedreht, an denen man drehen könne. Bereits 1999 hatte er eine Mini-Hippie-Enklave in der Eifel gegründet. Genannt hat er sie „M.A.R.S“, also „Moderne Anstalt Rigoroser Spakker“. Es war ihm wichtig, mit Menschen an einem Ort zusammen zu leben, die wie er friedlich, spirituell und künstlerisch veranlagt sind. Was hat er gleich zu Anfang gemacht? Die Öl-Heizung ausgebaut und auf Solarzellen gesetzt. „Unter dem Strich versuche ich immer – und das ist mein Credo – so ökologisch wie möglich zu leben“, sagt Thomas, der Naturschützer.
Wie er das macht? Indem er seine Popularität nutzt. Er macht Videos auf Social Media, er komponiert Texte mit wichtigen Themen. Und er moderiert die Sendung „Wissen vor Acht“ vor der Tagesschau. Was ist er aber? Moderator? Umweltschützer? Wissens-Vermittler? „Das einzige, was ich weiß, ist, dass ich schon immer wie Peter Lustig von der TV-Sendung Löwenzahn sein wollte“, sagt er und lacht. Im Ernst: Mit der Sendung will er nicht wie ein Oberstudienrat mit erhobenem Zeigefinger den Zuschauern erklären, wie sie zu leben haben. Das stehe ihm nicht zu. „Ich bin derjenige, der die Leute darüber informiert, wie es mit dem Klimawandel steht. Aufklärer ist vielleicht das richtige Wort“, so der ARD-Mann.
Seine Vorgehensweise ist ein Mix an Humor, Information und Unterhaltung. Auf jeden Fall nicht langweilig und bieder. Thomas Dürr, so heißt er wirklich, versucht, das, was Wissenschaftler herausgefunden haben, mit ein bisschen mehr Pep und Witz weiterzugeben. So, wie er auch Texte für die Fantastischen 4 schreibt. Mit großem Erfolg. „Seit mehr als 35 Jahren bleiben uns die Fantas troy. Ein Leben ohne Smudo, Thomas D, Michi Beck und And.Ypsilon ist für viele Deutsche unvorstellbar“, heißt es in dem Buch „35 Jahre troyer Hip-Hop“.
Jeder hilft jedem
Und ein Ende ist nicht in Sicht: Thomas D hat ein Gesetz verabschiedet, dass die Band niemals auseinander gehen darf. Die Band gibt es so lange, solange er, der Diktator, es sagt. Und wenn es einer doch mal ernst meinen sollte, weiß er heute schon, was er sagen wird. „Wir ersetzen Dich einfach gegen einen Jüngeren, Besseren und Hübscheren.“ Die Realität sieht nach 35 Jahren jedoch so aus, dass die Bandmitglieder über alle Maße es schätzen würden, dass sie die beste Therapiegruppe der Welt seien. Thomas D: „Jeder von uns merkt, dass wenn es einem Mal nicht so gut geht, wir ihm helfen müssen. Denn wir wissen ja alle ganz genau, was derjenige braucht.“ Deswegen gibt es den Leitspruch: „Fanta Vier forever, Baby!?!“
Momentan kann er sich nicht vorstellen aufzuhören. Die neue Platte „Mega D“ hätte unfassbar viel Spaß gemacht. Und das, obwohl es in den vergangenen Wochen echt stressig gewesen sei: Tour mit den Fantas, neues Zuhause mit seiner Frau, nun wieder eine neue Platte und wieder eine neue Tour. Thomas freut sich jedoch, wie ein Schnitzel in kleinen Locations Songs zu spielen, grandiose und intime Momente erleben zu dürfen. Mit den Fantas sei wirklich alles perfekt, nur der Kontakt und Austausch zu den Fans ist in einer Barclays Arena oder Lanxess Arena nicht möglich. Das sei einfach zu groß. Nun wird es klein, fein, schnuckelig. Dafür lebe er, dafür sei er so unendlich dankbar.
Er freut sich aber auch auf seine Wissensendungen. Vielleicht – und das wäre der größte Erfolg für ihn – er mit der Sendung die Menschen zum Nachdenken anregen. Unter dem Strich hätte das alles nur einen einzigen Grund: „Die Welt liegt mir am Herzen. Ich will, dass es ihr bald wieder besser geht“, so der Superstar. Er setzt sich für Themen ein, die viel wichtiger sind als er. Wenn er für die Tierschutzorganisation Peta was machen kann, dann macht er das. Ebenso ist er am Start bei der Kinderrechtsorganisation „Terre des Hommes“. Thomas D: „Ich helfe, wo ich kann.“