Hybrid

Range Rover P400e: Elektrischer Koloss

Range Rover P400e. Foto: Land Rover
Im Range Rover P400e kann man nun auch 51 Kilometer rein elektrisch fahren. Foto: Land Rover

Macht es Sinn, so ein Trumm von Auto zu elektrifizieren? Ja, ist man bei Land Rover überzeugt und schickt den Range Rover P400e auf den Markt. Es ist ein Luxus-SUV mit Plug-in-Hybrid. Was er zu bieten hat, zeigt unser Fahrbericht.

Auf seinen 21 Zoll großen Rädern fährt der Range Rover P400e leise über den Kies die Auffahrt zum Blenheim Palace, dem Stammsitz derer von Marlborough, entlang. Ein paar Schwäne stolzieren selbstbewusst durch den Vorgarten der Trutzburg und lassen sich vom zarten Surren, dass der Range Rover als einziges Geräusch von sich gibt, nicht aus der Ruhe bringen.
Dass ein Elektro-Auto kaum zu hören ist, ist freilich keine Neuheit.


Und doch überrascht es, wenn dieser mindestens zweieinhalb Tonnen schwere Koloss keinen Ton von sich gibt. Der Preis für die Ruhe ist allerdings hoch: Mindestens 118.700 Euro kostet der an neuen LED-Scheinwerfern erkennbare Teilzeit-Stromer, der bereits bestellbar ist und ab Mai ausgeliefert wird; im Range Rover Sport ist die gleiche Technik ab 87.100 Euro zu haben.

Land Rover geht Richtung Elektrifizierung

Für Land Rover ist es der erste Schritt in Richtung Elektrifizierung, ab 2020 wollen die Briten jedes ihrer Modelle – zumindest teilweise – unter Strom setzen. Während die Schwestermarke Jaguar mit ihrem neuen, E-SUV I-Pace weit nach vorne prescht, vertrauen die Gelände-Spezialisten zunächst auf eine mehr oder weniger einfache Lösung: Ein 2,0-Liter-Vierzylinder-Benziner mit 221 kW/300 PS wird mit einem 85 kW/116 PS starken E-Motor kombiniert, der direkt am Achtgang-Automatikgetriebe von ZF untergebracht ist.

Zusammen entwickeln die beiden 297 kW/404 PS und stemmen mit 640 Newtonmeter Drehmoment in etwa so viel Kraft auf die Kurbelwelle, wie die beiden für den Range erhältlichen Diesel-Motoren. Genug, um das serienmäßig luftgefederte Dickschiff in kurzweiligen 6,8 Sekunden auf Tempo 100 sprinten zu lassen – was sich deutlich leichtfüßiger anfühlt, als anhört. Gibt man dem Range Rover die Sporen, ist es vorbei mit der Ruhe und einmal aus der Reserve gelockt, verleiht der Vierzylinder seiner Anstrengung lautstark Ausdruck; abgesehen davon hält sich der gut gedämmte Verbrenner allerdings dezent zurück, und im Idealfall ist von ihm ja gar nichts zu hören.

51 Kilometer rein elektrisch im Range Rover P400e
Range Rover P400e. Foto: Land Rover

Im Range Rover P400e kann man den Energiefluss im Mitteldisplay ablesen. Foto: Land Rover

Zumindest die ersten 51 Kilometer kann der P400e auf die benzinbefeuerte Unterstützung verzichten, bevor er wieder für knapp drei Stunden an den Schnelllader muss, oder für siebeneinhalb an die Haushaltssteckdose. Erzwungen werden kann der bis 137 km/h verfügbare elektrische Modus mit der EV-Taste auf dem Mitteltunnel. Alternativ steuert die Elektronik das Zusammenspiel zwischen Benziner und E-Motor, der den Antrieb dann wahlweise alleine übernimmt oder als Booster dient.

Unterstützung kommt dabei vom Navigationssystem: Ist eine Route einprogrammiert, werden zum Beispiel die Höhenwerte in das Energiemanagement integriert und vor einer Steigung möglichst viel elektrische Energie verbraucht. So schafft der Range Rover Platz in seiner 13,1 Kilowattstunden-Batterie, um bei der folgenden Bergab-Etappe den durch Rekuperation gewonnen Strom wieder einlagern zu können. Alternativ kann mit Hilfe des Save-Modus die im Kofferraum gespeicherte Energie aufbewahrt werden, damit nach einer längeren Autobahnstrecke am Ziel genug Saft vorhanden ist, um lokal emissionsfrei durch die Stadt zu stromern.

Reibungsloses Zusammenspiel der Komponenten

Das Miteinander der beiden Antriebe funktioniert reibungslos, aber nicht unmerklich: Beim starken Beschleunigen aus der elektrischen Fahrt heraus dauert es einen klitzekleinen Moment, bis der Verbrenner angeworfen wird und sich beide gemeinsam ins Zeug legen können. Da der Kick-down im Alltag allerdings nicht zu den Standard-Manövern zählt, lässt sich darüber englisch-distinguiert hinweg sehen und spätestens der Blick auf den Bordcomputer verzeiht dem P400e diese Schwäche.

Knapp elf Liter wurden nach unserer ersten Ausfahrt im volldigitalen Kombiinstrument ausgewiesen. Das ist natürlich meilenweit von den im realitätsfernen NEZF-Zyklus ermittelten 2,8 Litern je 100 Kilometer entfernt und an sich nicht wenig: Für ein zweieinhalb Tonnen schweres Allrad-SUV mit mehr als 400 PS aber ein respektabler Wert – der sich allerdings nur erzielen lässt, wenn man man regelmäßig den Stromspeicher auffüllt und nicht ausschließlich auf deutschen Autobahnen unterwegs ist.

Guter Auftritt im Gelände
Range Rover P400e. Foto: Land Rover

Natürlich ist der Range Rover P400e voll geländetauglich. Foto: Land Rover

Apropos Allrad: Der Hybrid wäre kein Range Rover, würde er sich im Gelände Schwächen erlauben und natürlich meistert auch das je nach Radstand 5 oder 5,20 Meter lange E-Modell die Fahrt über Stock und Stein problemlos. Mehr noch: Das Gewehr bei Fuß stehende Drehmoment des E-Motors macht Kriechfahrten noch komfortabler als mit einem per Geländeuntersetzung auf Maximal-Kraft getrimmten Verbrenner, der Elektro-Antrieb arbeitet reibungslos mit den Offroad-Fahrmodi zusammen.

Auch Böschungs- und Rampenwinkel unterscheiden sich nicht von den konventionell getriebenen Modellen, ja sogar die Wattiefe bleibt gleich: Obwohl die Steckdose zum Aufladen hinter einer Klappe im Kühlergrill versteckt ist, traut sich auch der P400e in bis zu 90 Zentimeter tiefes Wasser. Nur bei der Anhänge-Last muss man Abstriche machen: Während die anderen Range Rover bis zu 3,5 Tonnen an den Haken nehmen dürfen, ist beim Hybriden bei 2.500 Kilogramm Schluss. (SP-X)

Über den Autor

Thomas Flehmer

Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam noch das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit Beginn 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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