Lynk & Co will mehr sein als ein weiterer Anbieter eines Auto-Abos. Die Geely-Tochter will Mobilität neu definieren. Doch wie schlägt sich die Lynk 01 im Alltag? Wir haben ihn getestet.
Von Kay Alexander Plonka
Wir holen den Plug-in-Hybriden an einem Freitagvormittag in Berlin am Hackeschen Markt im Lynk-Club ab. Mitten in einem der angesagtesten Shopping-Distrikts der Stadt hat die Geely-Tochter in einem wunderschönen Neorenaissance Bau vom Ende des 19. Jahrhunderts auf zwei Etagen einen Showroom eröffnet.
Im integrierten Co-Working Space können Meetings abgehalten werden, im Café gibts leckere Kaffeespezialitäten oder Erfrischungen und im Laden kann man Klamotten, E-bikes oder Bücher kaufen. Hier finden regelmäßig Events statt, bei denen sich alles um Themen dreht wie die Städte neugestaltet werden können oder welche Mobilitätsmodelle die Menschen in Zukunft bevorzugen werden.
Preis von 550 Euro
Und da sind wir schon beim Thema: Das Auto kann man entweder kaufen oder monatlich für 550 Euro abonnieren. Im Preis sind nicht nur 1.250 Freikilometer, sondern auch sämtliche Unterhaltskosten wie Steuern, Versicherung, Wartung und Winterreifen enthalten. Jeder zusätzliche Kilometer kostet 15 Cent. Strom und Benzin muss man selbst bezahlen.
Wenn man das Auto nicht benötigt, kann man es mit Mitgliedern aus dem Club über die Lynk & Co App teilen. Einfach den Zeitraum und den Preis einstellen, für den man das Auto untervermieten möchte und schon kann jemand anderes das Auto nutzen – Stunden, Tage oder wochenweise. Allerdings liegt derzeit die Selbstbeteiligung bei Voll- oder Teilkaskoschäden bei 2.500 Euro im Rahmen des Month to Month Membership, während beim eigenen Automodell nur noch 1.000 Euro fällig sind. Die Kündigungsfrist des Abos beträgt 20 Tage zum nächsten Abrechnungsdatum und kann via App oder telefonisch über das Engagement Center erfolgen.
Unterwegs im EV-Mode
Unsere Testfahrt startet mit 60 Kilometer Restreichweite auf der Benzinanzeige und 23 Kilometer elektrischer Reichweite. Geräuschlos verlassen wir die Tiefgarage und begeben uns auf eine Abholfahrt in Richtung City-West. Mittels kleinem Kipp-Wahlschalter neben dem klassischen Fahrstufenwählhebel der 7-Gangautomatik switchen wir im Stop-and-go-Verkehr in den reinen Elektromodus. Der Fahrersitz lässt sich elektrisch einstellen und hat zwei Speicher-Tasten.
Die Sitzbezüge sind aus recyceltem Kunststoff. Das Interior ist durchweg hochwertig und die Haptik ist stets mit angenehmen Griff verbunden – egal ob am Lederlenkrad, am Wahlhebel oder an der Armlehne. Unser Testwagen ist aus dem Jahr 2021 und hat bereits 16.000 Kilometer auf dem Tacho. Neupreis rund 46.000 Euro. Von Sitzheizung, 2-Zonen-Klimaautomatik, Panoramadach, Rückfahrkamera über Navigationssystem, Android oder Appel-Car Play, DAB+ Radio, Bluetooth, Wi-Fi-Hotspot, 64 GB interne Festplatte, 4 GB Datenvolumen, Sprachsteuerung bis hin zu elektrischer Kofferraumklappe und optionaler Anhängerkupplung für bis zu 1,8t bei 750kg Stützlast lässt der 1.879 kg schwere Lynk & Co 01 im Alltag keine Wüsche offen. Die Anzeigen sind alle gut ablesbar, die Bedienung der Funktionen über das 12,7 Zoll Touch Screen- Display ist selbsterklärend.
Das ausgezeichnete Soundsystem mit 10 Lautsprechern sorgt dafür, dass man auch im Benziner-Betrieb vom 1,5 Liter Dreizylinder-Turbo-Motor mit 180 PS eigentlich nichts mitbekommt. Hier macht sich bemerkbar, dass der Lynk & Co 01 die Basis mit dem Volvo XC 40 teilt. Allerdings ist der Lynk & Co mit 4,54 Metern um einiges länger als der Volvo. Und trotz Coupé-ähnlicher Dachlinienführung ist im Fond reichlich Platz für die Passagiere. Kopf- und Kniefreiheit en Masse. Mühelos kann man mit 1,85 Metern Körpergröße bequem selbst hinter sich Platz nehmen. Eine Armlehne mit Becherhaltern sowie zwei Ladebuchsen für Tablet oder Smartphone sorgen für noch mehr Komfort. Der geräumige Kofferraum lässt sich von 466 durch das Umlegen der Rückbank auf 1.213 Liter kinderleicht erweitern.
In acht Sekunden auf Tempo 100
Über die Auffahrt zur Stadtautobahn und den Beschleunigungsstreifen gehts mühelos in 8 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Hier kommt zum ersten Mal der Autobahnassistent mit adaptivem Tempomat, Spurhalte- und Abstandsassistenten zum Einsatz. Die Anzeige im mittleren Bereich des Tachodisplays erklärt gut sichtbar, wie die einzelnen Kennfelder arbeiten. Fährt der Wagen zu weit nach links oder rechts, greift der Lenkassistent sanft ein und beginnt mit der Korrektur.
Da der Akku mittlerweile bereits leer ist, lassen wir ihn während der Fahrt nun vom Benziner laden. Am Ende der kurzen Autobahnetappe ist soviel Strom im 17 Kw/h großen Akku, dass wir von der Autobahnabfahrt bis zum Parkplatz vor der Haustür wieder elektrisch fahren können. Der erste Tankstopp umfasst lediglich 5 Liter Superbenzin E10 und sogt dafür, dass wir im Hybridmodus weiter auf Kurzstrecke durch die Stadt fahren, einen kleinen Ausflug raus an den See an der Stadtgrenze machen können und nochmal damit zurück in die Stadt kommen, mit rund 70 Kilometern keine große Sache.
Für einen kleinen Roadtrip an die Ostsee tanken wir 30 Liter Benzin. Auf der insgesamt rund 400 Kilometer langen Autobahnetappe gilt ohnehin überwiegend Geschwindigkeitsbegrenzung für Tempo 80, 100, 120 oder 130 und so fahren wir nie über 135 km/h, selbst wenn es zwischendurch kurz mal möglich wäre.
Laden per Verbrenner
Soundtechnisch gibts nur die leichten Windzuggeräusche am Seitenfenster zu beklagen, die es im Modell ab 2022 wegen der Doppelverglasung nicht mehr geben soll. Den Akku laden wir abermals während der Fahrt im Verbrenner-Modus auf der Autobahn. Die Anzeige verspricht daraufhin 73 Kilometer rein elektrische Reichweite, hält bei Tempo 125 km/h dann allerdings nur für 40 Kilometer.
Nach 90 Kilometern im Benzinmodus auf der Autobahn ist der Akku wieder voll und wir fahren über Landstraßen vollelektrisch bis in den Urlaubsort. Dort hängen wir den Plug-in über Nacht kostenlos im Hotel an die Wallbox in der Tiefgarage und starten so am nächsten Tag wieder rein elektrisch zu einer längeren Landstraßenfahrt. Einziges Manko dabei: die Geschwindigkeitsschild-Erkennung kann offenbar Ortseingangsschilder bei Überlandfahrten nicht erkennen und hält deshalb die vorherigen Temposchilder im Display angezeigt.
Oftmals dauert es ein bisschen bis vermutlich die GPS-Daten den Impuls geben, dass der Ortseingang oder Ortsausgang passiert wurde und danach die richtige Geschwindigkeit angezeigt wird. Was hingegen super funktioniert ist die Bedienung des Geschwindigkeitsbegrenzers. Über die Tasten auf der linken Seite am Lenkrad wird in Einer- oder Zehner-Schritten das maximale Tempo gespeichert, während mit den Tasten auf der rechten Seite des Lenkrades sowohl der Bordcomputer als auch die Lautstärke des Radios justiert werden.
Auffälliges Design
Die 20 Zoll großen Alufelgen mit den blauen Farbakzenten, die sich auch an der Karosserie wiederholen, lassen den Lynk & Co 01 sofort überall auffallen. Egal ob bei langsamer Ortsdurchfahrt oder auf dem Supermarktparkplatz, als Neuling in Deutschland zieht der Lynk & Co selbst auf der Autobahn noch die Blicke der Vorbeifahrenden auf sich. Den Wagen gibts entweder in Dunkelblau oder in Schwarz. Da wir uns durchgehend an die Geschwindigkeitsbeschränkungen bzw. die Richtgeschwindigkeit halten, kommt das Fahrwerk oder die Bremsen zu keinem Zeitpunkt ans Limit.
Die Offroadqualitäten testen wir auf einem unbefestigten Waldparkplatz mit jeder Menge Schlaglöchern und müssen feststellen – die Rally Paris Dakar würde der Lynk so nicht gewinnen. Bei Feldwegdurchfahrten oder unbefestigte Zufahrtsstraßen wird der mit Infotainment gespickte Lifestyle-SUV mit Sicherheit nicht gleich vom Weg abkommen. Zurück in der Stadt lassen wir den Parkassistenten das Fahrzeug noch eigenständig einparken. Auf den insgesamt 700 Kilometern verbrauchen wir im Schnitt 7 Liter pro 100 Kilometer bei zügiger, aber dennoch zurückhaltender und vorausschauender Fahrweise.
Die Zielgruppe von Lynk & Co sind keine Auto-Freaks, sondern Menschen die offen sind für neue Konzepte. Und Carsharing bietet in Punkto Nachhaltigkeit und schonendem Umgang mit Ressourcen oder dem begrenzten Platzangebot der Innenstädte erhebliches Potenzial. Die Möglichkeit, Kosten für die Nutzung des Autos unkompliziert zu teilen und damit erheblich zu reduzieren, hat Lynk & Co in Form seines durchaus wettbewerbsfähigen Auto-Abos vergleichsweise komfortabel, übersichtlich und kostengünstig gestaltet. Im Mutterland Schweden soll es schon die ersten Nutzer geben, die mit dem Untervermieten ihres Lynk & Co monatlich mehr eingenommen haben, als sie für das Abo ausgegeben haben.