Andere reden nur vom Wasserstoffantrieb, Hyundai bringt ihn auf den Markt. Mit dem Nexo präsentieren die Koreaner ein überzeugendes Modell.
Nachdem Hyundai die Technik im iX35 ausführlich erprobt hat und die ersten Nutzer auch außerhalb von Behörden und Testfahrern gefunden wurden, geht Hyundai mit dem Nexo den nächsten Schritt. Für 69.000 Euro liefern die Koreaner ein Crossover-Modell mit Komplettausstattung, das den Traum vom emissionslosen Fahren schon recht realistisch erscheinen lässt. Das erfuhren wir auch während unseres Tests.
Gut sieht er aus, der Nexo. Elegant, nicht ganz so hoch wie beispielsweise ein exakt gleich langer und ziemlich gleich teurer Mercedes GLC, aber dafür deutlich futuristischer. Türgriffe sucht man vergeblich. Sie fahren erst aus, wenn man sich dem Fahrzeug mit dem Schlüssel in der Tasche nähert. Die kleine technische Spielerei verbessert die Aerodynamik ein bisschen und zeigt vor allem:
Hier fährt die Zukunft
Ansonsten ist der Nexo etwas flacher als ein Standard-SUV, spannend gezeichnet und wirkt durch den leicht matten Lack nochmals außergewöhnlicher. Der optische Eindruck von Innovation setzt sich im Inneren fort. Die praktisch freischwebende Mittelkonsole beherbergt die wesentlichen Bedienelemente, aber sehr reduziert und dezent ausgeführt.
Einen Schalthebel sucht man vergebens. Ob man vorwärts oder rückwärts fährt, wählt man per Tastendruck. Das Cockpit wird von einem riesigen Display von der Mittelkonsole bis zum Fahrerplatz beherrscht. Natürlich ist alles an Bord, was man von einem modernen Auto an Konnektivität, Kommunikation und Assistenten erwartet. Und sogar ein bisschen mehr. So blendet sich im Zentraldisplay vor dem Fahrer das Bild einer Außenkamera ein, wenn man den Blinker betätigt.
Grad der Rekuperation einstellbar
An den Schaltpaddeln am Lenkrad lässt sich der Grad der Rekuperation einstellen. Rekuperiert wird in bewährter Hybridmanier, weil der Nexo zwar mit Strom aus Brennstoffzellen fährt, zum Puffern aber eine Hochleistungsbatterie mit immerhin 1,56 kWh-Kapazität hat und so Strom beim Bremsen oder Rollen gewinnen und zwischenlagern kann. Der lässt sich dann beispielsweise beim Beschleunigen nutzen und entlastet die 440 Brennstoffzellen, die sonst mit einem Wirkungsgrad von 60 Prozent Wasserstoff in Sauerstoff, Wasser und eben Strom wandeln.
Der nötige Wasserstoff wird in drei Drucktanks gelagert, die crashsicher vor und direkt hinter der Hinterachse in einem extra Rahmen im Fahrzeugboden untergebracht sind. Sie fassen zusammen 156 Liter oder 6,33 Kilogramm Wasserstoff, der unter 700 bar Druck in den Tanks gehalten wird. Die Tanks haben eine 4,5 Zentimeter dicke Hülle aus Glasfaserverbundstoff und allerlei Sicherheitsventile. Wasserstoff entsteht in Deutschland in der Regel als Abfallprodukt der chemischen Industrie, kann aber auch durch Einsatz von Strom und Wasser erzeugt werden. Letzteres ist allerdings weniger effizient, weil viel Energie eingesetzt werden muss. Solange die nötige Energie, also der Strom beispielsweise aus Windkraftanlagen oder Solarzellen stammt, spielt das allerdings kaum eine Rolle. Das Ergebnis ist die letztlich CO2-freie Fortbewegung.
Keine großen Tankpausen
Dem Fahrer kann der ganze technische Ablauf ziemlich egal sein. Der Nexo fährt elektrisch, also wie ein E-Auto und damit völlig normal. Mit dem kleinen Unterschied, dass er sich um die lästigen Reisepausenplanungen in Sachen Reichweite und Ladezeiten nicht kümmern muss. Also fast nicht. Denn Wasserstofftankstellen gibt es nicht an jeder Ecke und so zeigt einem das Navi auch ganz von selbst, wo denn eigentlich die nächste Station ist und ob man zum Erreichen des geplanten Ziels noch einen Abstecher zur nächstes Lademöglichkeit machen sollte. In unserem Fall ist die nächste Zapfsäule knapp 25 Kilometer von zu Hause weg und sie funktioniert. – was man nicht immer von allen Säulen sagen kann.
Die Wasserstofftechnik steckt eben noch in den Kinderschuhen und erfordert einen gewissen Pioniergeist. Das Tanken selbst geht einfach. Man steckt die Servicekarte des Wasserstoffkonsortiums H2M in den vorgesehenen Schlitz, gibt die passende Pin ein und schon kann man den Tankrüssel aus der Säule entnehmen, am eigenen Tank anbringen, verriegeln und sodann den grünen Knopf zum Starten des Vorgangs drücken. Das dauert rund 5 Minuten und schon sind die Tanks wieder gefüllt.
Kilopreis liegt bei 9,50 Euro
Mit Wasserstoff fährt man zwar vorbildlich sauber, aber nicht ganz billig. Das H2-Konsortium hat sich auf einen Kilopreis von 9,50 Euro verständigt. Damit liegen die Kosten für 100 Kilometer in etwa auf dem Niveau von herkömmlichen Benzinern. Den Verbrauch nach WLTP gibt Hyundai mit 0,95 Kilogramm an. Wir kamen bei winterlichen Bedingungen und relaxter Fahrweise auf 1,34 Kilogramm. Auch damit liegt die Reichweite über 450 Kilometer. Nach Norm sind es 666 km. Die 163 PS des E-Motors beschleunigen den Nexo in knapp unter zehn Sekunden auf 100 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 179 km/h. Damit lässt sich im Autoalltag prima leben.
Das gilt auch für das Platzangebot sowohl für Passagiere wie Gepäck. Zwischen 461 und 1.466 Liter lassen sich im Kofferraum unterbringen. Ganz normale Werte für ein ganz normales Auto – auch wenn es ein ziemlich großes Stück Zukunft transportiert. (SP-X)
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