Elektro

Mercedes EQS: Eine klare Ansage an Tesla

Der Mercedes EQS fährt 770 Kilometer elektrisch. Foto: Daimler

Es hat gedauert, aber nun hat auch Mercedes eine eigene für die Elektromobilität entwickelt Plattform. Sie kommt in der Luxuslimousine EQS erstmals zum Einsatz.

Vorgestellt wurde der Mercedes EQS am Donnerstag bei einem Digitalevent. Nachdem Mercedes bei der Elektromobilität nicht als Vorreiter in Erscheinung getreten, dürfte sich das mit dem EQS nun ändern.


Dass die elektrische Luxuslimousine der Schwaben nicht ein Modell wie jedes andere ist, liegt auf der Hand. Schließlich ist die S-Klasse das Flaggschiff des Konzerns. Und dass, was die S-Klasse bei den Verbrennern ist, soll der EQS bei der Elektromobilität sein: Ein Technologieträger und Symbol für die Innovationskraft des gesamten Unternehmens.

Zwar ist es nicht so, dass Mercedes seinen Kunden bei der E-Mobilität bislang kein Angebot neben einer Palette von Plug-in-Hybriden machen konnte. Aber bislang haben die Schwaben mit dem GLC, EQA oder dem EQB nur E-Fahrzeuge im Angebot, die auf einer Hybridplattform unterwegs sind. Eine solche für Verbrenner- und Elektroantriebe geeignete Plattform erfordert indes Kompromisse – die Mercedes bereit war zu gehen. Deshalb muss man sich in Stuttgart den Vorwurf gefallen lassen, zu lange auf Benziner und Diesel gesetzt zu haben. Daran ändert auch deren Elektrifizierung wenig.

Schäfer: Beginn einer neuen Ära

Der Hyperscreen im Mercedes EQS. Foto: Daimler

Doch Mercedes ist unter dem neuen Konzernchef Ola Källenius aufgewacht – und hat nun auch eine reine Elektroplattform – kurz EVA (Electric Vehicle Plattform) genannt – im Angebot. Der EQS ist das erste Modell auf dieser Basis. „Für uns beginnt heute eine neue Ära“, sagt Daimler-Entwicklungschef Markus Schäfer, der zugleich auch Chief Operating Officer von Mercedes ist. „Mit dem EQS werden wir bei der Elektromobilität Fahrt aufnehmen.“

Doch ist man mit EVA nicht spät dran? Mit dieser Frage will sich Schäfer nicht allzu lange aufhalten. Er verweist darauf, dass der Blick in den Rückspiegel nichts bringe. Zugleich würde ein EQA auch ohne reine E-Plattform bei den Kunden sehr gut ankommen, wie die Nachfrage nach diesem Kompakt-SUV zeige. Doch auch in diesen Segmenten werde man im Jahr 2024 mit der Mercedes Modular Architecture (MMA) einen Elektrobaukasten für die unteren Segment anbieten.

Mercedes verfolgt Top-down-Strategie

Aber wie viele Hersteller verfolgt auch Mercedes eine Top-down-Strategie. Entsprechend kommt nun zunächst EVA beim EQS als Vorreiter für weitere E-Architekturen zum Einsatz. Und das, was der EQS zu bieten hat, ist beeindruckend: er bietet je nach Batteriegröße eine Reichweite von bis zu 770 Kilometer, einen cW-Wert von 0,20 (Rekord für Serienautos), eine Leistung von über 520 PS und eine Spitzengeschwindigkeit von 210 km/h. Ob man ein derartiges Tempo bei einem E-Auto braucht, sei dahingestellt.

Doch Mercedes wollte zeigen, was technisch möglich. Wenn man sich im Vergleich zur Konkurrenz wie Tesla mit dem Aufbruch in die E-Mobilität schon sehr viel Zeit genommen hat, wollte man ein Ausrufezeichen setzen. Das ist mit dem EQS gelungen – fast. Denn statt wie im Porsche Taycan oder selbst im neuen Ioniq 5 kommt statt einem 800- „nur“ ein 400-Volt-Bordnetz zum Einsatz. Das stellt für Schäfer indes kein Problem dar. Den Kunden würde nicht interessieren, ob er nun mit einem 800- oder 400 Volt-Bordnetz unterwegs ist. Ihm ist es wichtig, wie schnell er letztlich laden könne. „Bei uns kann man in nur 15 Minuten Strom für weitere 300 Kilometer nachladen, von 10 auf 80 Prozent vergehen 31 Minuten“, berichtet Schäfer.

Vertrauen in Batterie

Der Mercedes EQS ist auf einer eigenen E-Plattform unterwegs. Foto: Daimler

Von seiner Batterie die man mit einer Leistung von 90 bzw. 107,8 kWh anbietet, zeigt man sich bei Mercedes überzeugt: Entsprechend gewährt man auch eine Garantie von zehn Jahren oder 250.000 Kilometer. Ein solche Laufleistung bietet sonst kein Wettbewerber.

Vor allem aber soll der EQS auch mit seinem Verbrauch punkten: Der EQS soll sich mit 16 kWh auf 100 Kilometer bewegen lassen. Damit ein solcher Wert erreicht werden kann, wurden eine Vielzahl von Effizienzmaßnahmen (intelligentes Navigationssystem, Wärempumpe etc.) getroffen, allen voran die Aerodynamik. Wie Schäfer berichte, werden auf EVA noch drei weitere Modelle basieren. Was darüber hinaus noch möglich ist, werde man sehen.

Auch wenn Mercedes mit EVA und dem EQS endlich mit Nachdruck in die E-Mobilität durchstartet und der Konzern bis 2039 zur CO2-Neutralität kommen will, will sich Schäfer nicht auf ein Ausstiegsdatum aus dem Verbrenner festlegen lassen. Wer von Ausstiegsdaten rede, der müsse beispielsweise auch immer die Verfügbarkeit von grünem Strom oder eine ausreichenden Ladeinfrastruktur im Blick haben. Bei Mercedes wolle man die Kunden mit einem überzeugenden Angebot von der E-Mobilität überzeugen. „Ein Fahrzeug wie der EQS bietet keinen Nachteil gegenüber einem Verbrenner.“

Über den Autor

Frank Mertens

Nach dem Sport- und Publizistikstudium hat er sein Handwerk in einer Nachrichtenagentur (ddp/ADN) gelernt. Danach war er jahrelang Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele (Sydney, Salt Lake City, Athen) als Berichterstatter begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das bloße Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche. Neben der Autogazette verantwortet er auch den redaktionellen Teil des Magazins electrified.

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