Der Cupra Born ist das erste Elektroauto des spanischen Autobauers. Auf dem neuen Stromer der sportlichen Seat-Tochter ruhen einige Hoffnungen.
Das Spielfeld ist noch holprig, auf dem der neue Superstar punkten soll. Wenn der Cupra Born ab November auf seinem Heimatmarkt kommt, trifft er auf eine – sagen wir mal – recht löchrige Ladeinfrastruktur. Was die Anzahl der öffentlichen Ladestationen angeht, zählt die iberische Halbinsel zweifelsfrei noch zu den Entwicklungsländern der E-Mobilität in Europa.
Spaniens neuer Strom-Star soll nun die Stecker-Kultur ändern. Da ist es nur ein kleiner Schönheitsfehler, dass im Spielerpass des Cupra Born nicht “Born in Barcelona” steht, sondern „Made in Sachsen“. Seit kurzem läuft der 4,32 Meter lange Kompaktwagen im VW-Werk Zwickau parallel zum elektrischen Bruder ID.3 vom Band und geht heute erstmals mit uns auf Probefahrt.
Gleiche Plattform wie VW ID.3
Mit dem ID.3 teilt sich der Cupra Born den modularen Elektrobaukasten MEB. Heißt drei Leistungsversionen, drei verschiedene Akkugrößen und ausschließlich Heckantrieb. Der Cupra Born startet zunächst mit einem 58 kWh-Akku und einer Leistung von 204 PS für 37.220 Euro. Nach Abzug der staatlichen Förderprämie bleiben 27.650 Euro. Damit ist er, bei deutlich besserer Ausstattung, kaum teurer als der ID.3. Die Reichweite dieser Version nach WLTP gibt Cupra mit 424 Kilometer an, die Höchstgeschwindigkeit mit 160 km/h.
Anfang 2022 wird dann die Basisversion mit 45 kWh-Akku und 150 PS nachgereicht. Zudem kommen zwei e-Boost-Versionen mit 231 PS. Die spannen auf Knopfdruck am Lenkrad oder per Kickdown für zirka 30 Sekunden ihre Muskeln und machen eine Extra-Portion Leistung locker. Diese Performance-Varianten gibt es in Verbindung mit der 58 kWh-Batterie sowie einem 77 kWh-Akku, der den elektrischen Matador bis zu 540 Kilometer weit tragen soll.
Deutliche Unterschiede zum Bruder
Karosserie, Innenraum und Abstimmung unterscheiden sich grundlegend vom ID.3. Wirkt der deutsche Bruder optisch doch eher pragmatisch korrekt, darf sich das spanische Pendent lockerer machen. Gerade von vorne ist der Born deutlich cooler, mit stylischen LED-Lichtern und großem Kühlergrill, fast so, als würde dahinter ein Verbrenner nach Frischluft hecheln. Zentral das kupferfarbene Markenzeichen, darunter der Cupra-Schriftzug.
Seitlich fallen modellierte Schwellerleisten auf, hinten das typische durchgängige Lichtband (Coast-to-Coast Rearlights genannt) und ein stattlicher Diffusor. Dass der Born auch etwas tiefer Richtung Straße kauert als der ID.3, vorne um 1,5 Zentimeter abgesenkt, hinten um 1,0 und sich das Dach hinten früher senkt, passt zum dynamischen Konzept seiner Väter. Das sieht flotter aus, lässt den Hinterbänklern aber rund zwei Fingerbreit weniger Kopffreiheit überm Scheitel. Insgesamt fühlt man sich hinten schon etwas mehr eingeengt als im Elektro-VW, von Klaustrophobie wird hier aber keiner heimgesucht. Auch das Gepäck nicht. 385 Liter – das ist sogar etwas mehr als im längeren Seat Leon.
Emotionen inklusive
Die Cupras dieser Welt umarmen ihre Passagiere von Haus aus leidenschaftlicher als die meist luftiger geschnittenen VWs. In der Cupra-Welt geht es nicht darum, die letzten Zentimeter aus jedem Winkel rauszukitzeln. Die Seat-Tochter will eine besondere Atmosphäre schaffen. Sportiver, stylischer, attraktiver – und im Falle des Born auch nachhaltiger.
So haben die Sitze Bezüge aus aufbereitetem Meeresplastik, andere Details wie die Hutablage sind ebenfalls aus recyceltem Material, Leder wird außer am Lenkrad nicht mehr verwendet. Die meisten Oberflächen im Innenraum, viele mit dreidimensionaler Prägung, sehen zudem deutlich hochwertiger aus als im ID.3, der für sein Joghurtbecher-Plastik schon ordentlich Kritik einstecken musste.
Schalensitze sind Serie
Die serienmäßigen Schalensitze sind übrigens vorzüglich. Man sitzt komplett und satt in dem ausgeformten Gestühl, nicht irgendwie obendrauf. Die Sitzwangen klammern Rücken und Po in Kurven, ohne einzuengen oder mit hartem Holzbank-Komfort zu malträtieren. Fahrer und Beifahrer trennt eine breite Mittelkonsole. Das Cockpit mit den zwei Displays kennen wir weitgehend aus dem ID.3, das Head-Up-Display, das per Augmented-Reality-Technik zum Greifen nahe dreidimensionale Richtungspfeile auf die Straße wirft, ebenfalls. So navigiert man heute.
Auf Wunsch kümmern sich bis zu elf Assistenten um Wohlbefinden und Sicherheit der Passagiere, vier Fahrmodi lassen sich einstellen, bei den Performance-Versionen sind es sogar fünf. Jedes Programm verändert Lenkung und Ansprechverhalten des E-Motors. Aus der Wolfsburger Erbmasse stammen leider auch die vielen Sensorfelder und Slider sowie das Bedienkonzept der Multimedia-Einheit. Erneut fragen wir uns: Was ist daran bitte praktischer als an Schaltern und Knöpfen?
Adaptive Fahrwerksregelung
Der Born möchte mehr sein als “nur” ein sportlich eingekleideter ID.3. Größere Bremsen vorne, auf Wunsch 20 Zöller mit 235er-Reifen, die adaptive Fahrwerksregelung DCC sowie die Progressiv-Lenkung lassen erahnen, wo die elektrische Reise hingeht. Der Debütant will der Gute-Laune-Bär in der Stromer-Klasse sein. Und das gelingt ihm mit erstaunlicher Souveränität. Die Kompetenz beim Fahren schöpft der Born zunächst einmal aus dem MEB-Baukasten, der einen über jeden Zweifel erhabenen Elektro-Antrieb stellt. Die Würze geben die Spanier dazu.
Der Cupra Born ist sicher kein bissiger Hund, der Blut leckt, wenn die Straßen mal kurvig werden. Dafür bringt er mit seinen 1,8 Tonnen auch nicht gerade das Idealgewicht mit. Doch der tiefe Schwerpunkt, bedingt durch den Akku, kombiniert mit dem Sportfahrwerk und einer nahezu ausgeglichenen 50:50-Gewichtsverteilung, verhelfen dem Spanier zu einer Performance, die der Definition von Fahrspaß schon sehr nahe kommt.
Man kann sich, wenn man denn will, schon ordentlich mit den Fliehkräften anlegen. Die Lenkung ist erstaunlich mitteilsam, die Bremsen griffig und die Federung – selbst im Sportmodus – nie auf Krawall gebürstet. So gut aufgelegt und optisch blendend in Form, könnte der Cupra Born der hübsche Hecht im Karpfenteich der kompakten E-Mobile werden. Dank Born peilt Cupra im nächsten Jahr eine Verdoppelung seines Umsatzes von 1,2 Milliarden Euro an. Mag das Spielfeld auch noch holprig sein, die Erfolgs-Aussichten elektrisieren. (SP-X)