Elektro

«Ladeinfrastruktur muss schnell hochgefahren werden»

80 Prozent aller Ladevorgänge finden zu Hause oder geschäftlich statt.

Der Erfolg der Elektromobilität hängt entscheidend von der Ladeinfrastruktur ab. Doch wie kann sie dem steigenden Bedarf gerecht werden? Darüber sprachen Expertinnen und Experten beim electrified-Talk in Essen.

Die Zahl der Elektroautos auf unseren Straßen wächst. Dafür sorgen neben der erhöhten Kaufprämie auch die steuerlichen Vorteile. Allein in diesem Jahr wurden bundesweit schon fast 253.000 Elektroautos und Plug-in-Hybride neu zugelassen. Der Marktanteil dieser Fahrzeuge lag im Oktober bei den Neuzulassungen bei bereits 18 Prozent. Dem stehen derzeit 28.000 öffentliche Ladepunkte gegenüber.


Die Ladeinfrastruktur spielt dabei eine wesentliche Rolle für den weiteren Erfolg der Elektromobilität. Doch geht der Ausbau der Ladeinfrastruktur schnell genug voran? Werden die richtigen Förderanreize gesetzt? Wie lässt es sich zu Hause laden, wie unterwegs? Darüber diskutierten Expertinnen und Experten beim electrified-Talk in der Konzernzentrale von E.ON in Essen.

Ladeinfrastruktur besser als ihr Ruf

Für E.ON-Vorstand Karsten Wildberger ist die Ladeinfrastruktur grundsätzlich viel besser als ihr Ruf, sagte der Manager beim electrified-Talk. „Das heißt indes nicht, dass noch unheimlich viel beim Ausbau zu tun ist“, sagte der Manager. Mit Blick auf die steigende Kundennachfrage nach Elektroautos müsse die Ladeinfrastruktur jetzt schnell hochgefahren werden.“ Wildberger wies darauf hin, dass die Installation und der Betrieb von Schnellladesäulen für die Unternehmen aber auf Jahre nicht wirtschaftlich darstellbar sei. Für diese Zeit wünscht sich der Manager eine Fördersystematik, die dies berücksichtigt.

 

Wie Wildberger sagte, sei das Marktanreizprogramm der Bundesregierung für den Ausbau der Ladeinfrastruktur aus dem Jahr 2017 ein guter Aufschlag gewesen, „der in Teilen auch gut funktioniert“ habe. Doch Anreizsysteme müsse man immer auch in der Zeit sehen, in der sie an den Start gebracht wurden. Nun sei man indes in einer anderen Situation, in der man an eine flächendeckende Lösung denken müsse. Dafür sei das „geplante Ausschreibungs- und Losverfahren auch für größere Gebiete das absolut richtige“, sagte der Manager, der bei E.ON auch den Bereich der E-Mobilität verantwortet. Die Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur sei gerade dabei, ein solches Verfahren zu etablieren.

Der E.ON-Vorstand sieht die Leitstelle dann auch als einen Gamechanger bei der Ladeinfrastruktur. Sie machen einen exzellenten Job. „Ich habe die Hoffnung, dass da etwas Vernünftiges bei rauskommt.“

18.000 Kilometer elektrisch durch Deutschland

Rainer Zietlow, der seit Ende September mit einem VW ID.3 bereits 18.000 Kilometer auf seiner Marathonfahrt durch Deutschland zurück gelegt hat, und dabei 680 Ladestationen mit einer Leistung von mindesten 60 kW anfahren wird, bezeichnete die Ladeinfrastruktur als gut. Auf einer Schulnotenskala gibt er ihr eine „2+“, wie Zietlow sagte. Bei den Stationen, die er bisher angefahren habe, funktionierte das Laden problemlos. Probleme hätte es nur dann gegeben, wenn Ladesäulen angefahren wurden, die in der App zwar als betriebsbereit angezeigt wurden, aber dann doch nicht gingen. Zietlow gab aber den Rat, seine Touren mit einer der vielen Ladeapps zu planen.

David Balensiefen, der CEO und Gründer des Aachener Start-ups Grid X, selbst Fahrer eines E-Autos, stimmte Zietlow zu. „Auch ich würde der Ladeinfrastruktur eine 2+ geben“, so Balensiefen, der in Essen zusammen mit E.ON ein Pilotprojekt mit seinem dynamischen Lademanagement an den Start brachte. Das System sorgt an den 60 Ladepunkte bei E.ON dafür, dass ein intelligentes Lastmanagementsystem dafür sorgt, dass einerseits immer ausreichend Energie zum Laden zur Verfügung steht, andererseits aber Lastspitzen und damit zusätzliche Betriebskosten vermieden werden. Wie Balensiefen sagte, würde das System es insbesondere Unternehmen erleichtern, kostengünstiger Ladepunkte zu errichten. An dem System von Grid X können während der normalen Bürozeiten achtmal so viele Fahrzeuge aufgeladen werden.

Bessere Infos über Förderprogramme

Wie die Umwelt- und Verkehrsdezernentin der Stadt Essen, Simone Raskob, sagte, sei der Ausbau des Ladenetzes die zentrale Voraussetzung für den Erfolg der Elektromobilität. In Essen gibt es mittlerweile 117 öffentliche Ladestationen. Für den Ausbau der Ladeinfrastruktur habe man anders als beispielsweise in Berlin nicht auf ein Ausschreibungsverfahren gesorgt, sondern das Stadtgebiet in Quadranten mit einer Fläche von 200×200 Meter eingeteilt. „Darauf konnten sich private Firmen bewerben. Wir haben dann über eine Sondernutzung diese Flächen vergeben.“ Das habe hervorragend funktioniert.

Für die Kommunalpolitikerin brauche es übrigens keine neuen Förderprogramme, vielmehr sei es nötig, die Kunden über die bestehenden Programme ausreichend zu informieren. Für Wildberger wäre es wünschenswert, dass die Fördersystematik mit der Intelligenz der Ladesysteme verknüpft wird. Es reiche nicht aus, nur eine Ladesäule anzubringen, sondern sie müsse smart sein, so der Manager. Die Säulen der Zukunft müssen per Software steuerbar und in der Lage sein, auch mit dem Netz kommunizieren zu können. Dem stimmt auch Balensiefen zu. „Es bringt niemandem etwas, eine dumme Wallbox zu haben.“ Perspektivisch könne man nur mit smarten Boxen auch günstige Ladepreise anbieten.

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Über den Autor

Frank Mertens

Nach dem Sport- und Publizistikstudium hat er sein Handwerk in einer Nachrichtenagentur (ddp/ADN) gelernt. Danach war er jahrelang Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele (Sydney, Salt Lake City, Athen) als Berichterstatter begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das bloße Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche. Neben der Autogazette verantwortet er auch den redaktionellen Teil des Magazins electrified.

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