Elektro

Für Toyota liegt in der Brennstoffzelle die Zukunft

Die neue Generation des Toyota Mirai soll günstiger werden als das aktuelle Modell. Foto: Toyota

Für die deutschen Hersteller spielt die Brennstoffzelle nur eine nachgeordnete Rolle. Nicht für Toyota. Bei den Japaner genießt die Technologie Priorität.

Toyota hofft, dass sich Geschichte wiederholt. So, wie es bereits bei der Hybrid-Technologie der Fall war. Als sich der japanische Autobauer 1995 entschloss, auf die Hybridtechnologie zu setzen und auf der Tokio Motorshow das Conceptcar des Prius präsentierte, wurde dies von der deutschen Autoindustrie milde belächelt. Bei BMW, Daimler und Co. setzte man lieber auf seine Kompetenz bei den Verbrennungsmotoren, allen voran dem Diesel.


Doch die Zeiten haben sich geändert – in Stuttgart, München und Wolfsburg lacht niemand mehr. Denn die strengen CO2-Grenzwerte der EU haben die Hersteller unter Druck gesetzt. Sie müssen bis 2021 einen Grenzwert von 95 g/km erreichen – und bis 2030 die Emissionen nochmals um 37,5 Prozent reduzieren.

Toyota erfüllt strenge CO2-Grenzwerte

Es sind anspruchsvolle Ziele, vor dem die Autoindustrie steht. Vor allem deshalb, weil ihr beim Verfehlen der Grenzwerte Strafzahlungen drohen. Bei Toyota sieht man dem Jahr 2021 indes gelassen entgegen. „Wir sind sicher, dass wir keine Strafzahlungen leisten müssen“, sagt Ferry M.M. Franz, der Leiter der Konzernrepräsentanz von Toyota in Berlin am Rande einer Veranstaltung in Hamburg. Bereits heute würde man den Grenzwert erfüllen.

Ferry M.M. Franz ist Leiter der Repräsentanz von Toyota in Berlin. Foto: Toyota

Dazu beigetragen hat ohne Frage die Hybridstrategie. Mittlerweile habe Toyota weltweit 13 Millionen Hybrid-Fahrzeuge in über 90 Ländern abgesetzt worden, darunter befinden sich seit 1997 insgesamt 3,9 Millionen Prius. Bis zum Jahr 2020 hoffen die Japaner, dass weltweit 15 Millionen Fahrer in einem Hybridmodell der Marke unterwegs sind – und damit auch etwas für den Umweltschutz und die Reduktion der Treibhausgasemissionen beitragen. So seien durch den Einsatz von Toyota Hybriden 15 Millionen Tonnen CO2 eingespart worden.

Zur CO2-Neutralität verpflichtet

Ein Aspekt, der den Japanern wichtig ist. Denn sie haben sich bereits 1992 in ihrer „Earth Charta“ verpflichtet, bis 2050 zu einer CO2-Neutralität zu kommen. Damit liegt Toyota auf einer Linie mit dem Pariser Klimaabkommen, das eine CO2-Reduktion von 80 bis 95 Prozent bis 2050 vorsieht. Auf dem Weg dorthin setzt Toyota auf eine Vielzahl von Antrieben: das reicht von Hybriden, Plug-in-Hybriden, reinen E-Autos bis hin zum Brennstoffzellenfahrzeug. „Wir setzten auf eine Technologieoffenheit, schließen keinen alternativen Antrieb aus“, betont Franz. Dass VW-Chef Herbert Diess sich für ein Ende der Technologieoffenheit ausgesprochen hat und eine Fokussierung auf den reinen E-Antrieb gefordert hat, hält man bei Toyota nicht für den richtigen Weg.

Ebenso wenig dürfte man es bei den Japanern gern gehört haben, dass die deutsche Autoindustrie dem Wasserstoffantrieb als Nischentechnologie ansieht und ihr für die kommenden zehn Jahre keine ernsthafte Perspektive im Pkw-Bereich beimisst. Bei Toyota möchte man dies indes differenzierter sehen. Franz verweist beispielsweise auf die Anstrengungen von Daimler bei der Brennstoffzelle. Doch wie ist das Zutrauen eines Herstellers in die Erfolgsaussichten der Technologie einzuschätzen, der den Mercedes GLC F-Cell nur an ausgewählte Kunden ausgibt? Im freien Verkauf ist der GLC nicht zu bekommen.

Vorreiter mit dem Mirai

Ein Kilo Wasserstoff kostet 9,50 Euro. Foto: Toyota

Bei Toyota und Hyundai indes sind der Mirai bzw. Nexo frei käuflich. Dass die Stückzahlen dabei überschaubar sind, ist bekannt. Seit 2014 haben sich vom Mirai weltweit zwar nur 7200 Einheiten verkauft (darunter 357 in Deutschland), doch bei Toyota ist man sicher, dass der Brennstoffzelle die Zukunft gehört. Anfang kommenden Jahres, so berichtet Franz, wird die neue Generation des Mirai auf den Markt kommen. Während die derzeitige Generation auf eine Reichweite von 550 Kilometern kommt, sollen es bei der nächsten Auflage über 700 Kilometer sein. Auch der Preis, der derzeit bei 78.500 Euro liegt, werde sinken, „auch werde der Mirai optisch attraktiver“.

Das Werk in Japan werde den neuen Mirai dann auch komplett CO2-neutral produzieren. Den Anspruch, den Toyota mit seiner Strategie habe, ist klar, sagt Franz: „Wir wollen führend bei der Mobilität der Zukunft sein.“

Produktionskapazität von 30.000 Einheiten

Entsprechend zuversichtlich zeigt man sich bei den Japanern auch mit Blick auf das Absatzpotenzial des Mirai. Während die derzeitige Produktionskapazität bei 3000 Einheiten liegen, können in der neuen Fabrik 30.000 Fahrzeuge produziert werden. Das hört sich verwegen an. Doch der Blick und die Akzeptanz auf den Prius zeige, wie sich Nachfrage entwickeln kann. So habe es fast zehn Jahr gedauert, bis man eine Million Prius abgesetzt habe. „Für die letzte Million haben wir indes nur zehn Monaten gebraucht.“

Auch wenn bis auf Hyundai nur ein weiterer Hersteller mit Vehemenz die Brennstoffzellen-Technologie verfolgt, glaubt man einen Durchbruch der Technologie, nicht nur im Pkw-Bereich, sondern vor allem bei den Nutzfahrzeugen wie Lkws und Bussen. „Hier besteht ein großes Potenzial.“ Der große Vorteil des Wasserstoffantriebes liege zudem auch in der Betankungszeit. Während E-Autos stundenlang an der Wallbox hängen müssen, um aufzuladen, benötigt man für die Betankung mit Wasserstoff gerade einmal drei bis fünf Minuten. Doch was ist mit der Infrastruktur? Derzeit gibt es deutschlandweit indes nur 64 Stationen, bis Ende des Jahres sollen es aber schon 100 sein, heißt es.

Audi entdeckt wieder die Brennstoffzelle

Die neue Generation des Toyota Mirai kommt 2020. Foto: Toyota

Man darf nun gespannt sein, wie sich die Wasserstofftechnologie entwickelt – auch vor dem Hintergrund der Stück für Stück besser werdenden Infrastruktur. Doch im Pkw-Bereich bleiben Fahrzeuge wie der Mirai oder Nexo mit Preisen von 78.600 bzw 69.000 Euro für das Gros der Kunden unerschwinglich – da hilft zumindest kurzfristig das Argument nicht weiter, dass alle Vorteile bei der Brennstoffzelle liegen.

Von daher sieht alles danach aus, dass die Brennstoffzelle zunächst vor allem in Lkws und Bussen zum Einsatz kommen wird. Also überall dort, wo man auf lange Reichweiten angewiesen ist. Aber vielleicht ist es ja auch ein Hoffnungsschimmer, dass man sich bei der VW-Tochter Audi wieder verstärkt der Brennstoffzelle zuwenden will.

Über den Autor

Frank Mertens

Nach dem Sport- und Publizistikstudium hat er sein Handwerk in einer Nachrichtenagentur (ddp/ADN) gelernt. Danach war er jahrelang Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele (Sydney, Salt Lake City, Athen) als Berichterstatter begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das bloße Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche. Neben der Autogazette verantwortet er auch den redaktionellen Teil des Magazins electrified.

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