Interviews

Elli-Chef: Wollen zum Gelingen der Energiewende beitragen

Elli-Chef Giovanni Palazzo will den Kunden ein Öksystem bietet, dazu gehören auch dynamische Stromtarife. Foto: VW/Marco Prosch

Die hohen Energiepreise gelten als Hemmnis für den Markthochlauf der E-Mobilität. Doch Fahrerinnen und Fahrer eines E-Autos können sparen. Das Energieunternehmen Elli bietet dafür ein Ökosystem. Ein Gespräch mit Elli-Chef Giovanni Palazzo.
Giovanni Palazzo schaltet sich leicht verspätet in unseren Video-Call ein. „Verzeihen Sie, ich hatte noch ein wichtiges Gespräch mit einem Geschäftspartner in einem für uns perspektivisch wichtigen Markt zu führen.“ Um welches Land es sich handelt, verrät Palazzo nicht. Mit Blick auf die Elektromobilität tue sich da aber einiges. Perspektivisch weise das Land ein hohes Potenzial auf – und daran ist Palazzo in seiner Position interessiert.

Als SVP verantwortet der Italiener seit dem 1. Juli 2023 das globale Lade- und Energiegeschäft des Volkswagen Konzerns Group Technology. Damit ist er auch als CEO für die Marke Elli verantwortlich, die Energie- und Ladelösungen für Privat- und Unternehmenskunden anbietet. Sein Ziel ist dabei klar umrissen: Elli soll einen wichtigen Beitrag dazu leisten, der gerade in Deutschland kriselnden Elektromobilität zum Durchbruch zu verhelfen. Gelingen soll dies durch das Ökosystem, das Elli seinen Kundinnen und Kunden anbietet. Dazu gehören neben Hardware- auch Softwarelösungen, die die Nutzung der E-Mobilität nicht nur so einfach wie möglich machen sollen, sondern auch erschwinglich. Neben einer Vielzahl von Gründen sind auch die nach wie vor hohen Strompreise in Deutschland ein Hemmnis für einen stärkeren Markthochlauf. Die hohen Energiepreise verringern die Kostenvorteile von Stromern erheblich – und machen sie für potenzielle Käufer damit weniger attraktiv.


Kooperation mit Otovo für PV-Anlagen

Dem will Elli mit seinem Angebot entgegenwirken. So bietet das Unternehmen seit Mitte des Jahres zusammen mit dem Start-up Otovo seinen Kundinnen und Kunden im Rahmen seines Ökosystems auch Photovoltaik-Anlagen an. Mit ihnen kann nicht nur das Haus mit Strom versorgt werden, sondern kostengünstig auch das E-Auto geladen werden. „E-Mobilität macht nur dann Sinn, wenn sie mit Strom aus Erneuerbaren Energien stattfindet – und dafür ist die eigene Solaranlage ideal“, so der Elli-Chef. So kann man heute bereits das Auto für 6,50 Euro voll laden, wenn man die heimische PV-Anlage einbezieht. Für uns ist klar, dass wir zum Gelingen der Energiewende beitragen wollen“, fügt Palazzo hinzu, der vor seinem Amtsantritt in Wolfsburg seit 2018 CEO des nordamerikanischen Schnellladenetzwerkes Electrify America war.

Doch was ist mit Kundinnen und Kunden, die nicht über eine Solaranlage verfügen, sondern an der privaten Wallbox oder an öffentlichen Ladesäulen laden müssen? Für sie kann das Laden ihres E-Autos ein teures Vergnügen sein. Das ist Palazzo bewusst, der auf die gestiegenen Energiepreise in Folge des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine hinweist. Deshalb erhofft er sich von der künftigen Regierung auch eine Verringerung der Strompreise. „Das hat für mich Priorität.“ Ein Blick auf die Entwicklung der Energiepreise bestätigt das. Nach einer Analyse des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) liegt der durchschnittliche Strompreis für Haushalte derzeit bei 41,35 Cent die Kilowattstunde. 2021 lag der Durchschnittspreis noch bei 32,16 Cent pro Kilowattstunde. „Damit die E-Mobilität langfristig erfolgreich ist, muss es einen deutlichen Vorteil des Strom- gegenüber des Benzinpreises geben.“ Für das öffentliche Laden bietet Elli günstige kWh-Festpreise in drei transparenten Tarifen, inklusive Roaming und ist bereit für Plug & Charge.

Auch dynamischer Stromtarif im Angebot

Deshalb ist Elli selbst unter die Stromanbieter gegangen und bietet attraktive Tarife an. Im Angebot sind derzeit drei Ökostromtarife: „Classic 24“, „Blue“ und „Flex“. Beim Letztgenannten handelt es sich um einen dynamischen Stromtarif. In diesem Tarif hat beispielsweise ein Zweipersonenhaushalt in Berlin bei einem Verbrauch von jährlich 2.500 kWh monatlich 80,32 Euro zu zahlen. Der Grundpreis liegt dabei bei 10,38 Euro, die Kilowattstunde bei durchschnittlich 33,57 Cent/kWh im Monat – und das bei stündlicher Abrechnung.

Mit diesem dynamischen Strompreis profitieren die Kundinnen und Kunden von Elli von günstigeren Tarifen, können mit ihrem Nutzungsverhalten die Höhe ihrer monatlichen Stromrechnung selbst beeinflussen. „Beispielsweise dadurch, indem sie ihr Elektroauto dann laden, wenn der Strom besonders günstig ist “, so Palazzo. In der Regel wird der Strom an der Europäischen Strombörse besonders in der Zeit zwischen 0 Uhr und 5 Uhr morgens besonders günstig gehandelt. Wer den dynamischen Stromtarif nutzen will, braucht dafür aber einen Smart Meter von seinem Netzbetreiber.

Es sind Angebote wie der dynamische Stromtarif, die einen Mehrwert bieten, auch, aber nicht nur für die Fahrer eines Elektroautos, so der Elli-Chef. So profitieren von dem dynamischen Tarif auch Hausbesitzer mit Wärmepumpe. Damit das Energiesystem optimal läuft, bietet die VW-Tochter seit einigen Monaten auch eine smarte Wallbox an, den Elli Charger 2. Im Vergleich zum Elli Charger ist dieser nicht nur kleiner, sondern kann über einen Leistungsbereich bis zu 22 kW laden, wie Palazzo berichtet. Zugleich ermöglicht der Elli Charger 2 in Verbindung mit einer Solaranlage neben dem preisoptimierten auch das PV-Überschussladen. Damit kann der E-Fahrzeugkunde bis zu 40 Prozent der Ladekosten sparen

Charger 2 bietet volle Vernetzung

Der Charger 2 ist nun mit noch mehr smarten Funktionen ausgestattet. Foto: VW

Dazu bietet Elli eine Lade-App an. Sie ermöglicht, dass überschüssiger Solarstrom direkt ins E-Auto geleitet wird. Wenn nicht mit Strom aus der PV-Anlage geladen wird, sorgt die App durch die Synchronisation mit den dynamischen Stromtarifen dafür, dass die Batterie des E-Autos immer zu den günstigsten Zeiten lädt. Der Charger 2 bietet dabei eine volle Vernetzung zum Heim- und PV-Netz und wird über Over-the-Air-Updates immer auf dem neuesten technischen Stand gehalten. Für Palazzo ist Smart-Charging dann eine wichtige Schnittstelle zwischen Elektromobilität und Energiewende. Mit seinem Angebot aus Flex-Tarifen und der Hardware schaffe man damit einen wichtigen Rahmen, dass E-Autos in Zukunft auch als Stromspeicher genutzt werden können, um so mitzuhelfen, das Stromnetz zu stabilisieren.

Das smarte Laden ist ein wichtiger Meilenstein für das bidirektionale Laden, welches Elli als Energiemarke des Volkswagen Konzerns massenmarkttauglich auf den Weg bringen möchte. Dafür hat sich Palazzo mit anderen Entscheidungsträgern in einer Arbeitsgruppe des Bundeswirtschaftsministeriums zusammengetan und mehrere Papiere mit Empfehlungen erstellt. Jetzt gehe es darum, es in europäische und deutsche Gesetzgebung zu bringen. Palazzo hofft, dass es bis Ende des Jahres 2025 zur Gesetzgebung kommt. Die Einspeisung von Strom aus der Fahrzeugbatterie ins Stromnetz bezeichnet Palazzo als „enorm wichtig für die Energiewende“. Das sei zum einen für die Vermeidung einer Dunkelflaute wichtig, aber auch für den Fahrer eines E-Autos, für den dadurch ein Businessmodell entsteht. „Dadurch, dass er uns erlaubt, mit dem Strom aus seiner Batterie zu handeln, kann er zusätzlich einen mittleren dreistelligen Betrag im Jahr verdienen.“

Im E-Auto ohne Probleme durch Europa

Giovanni Palazzo verantwortet das gloabe Lade- und Energiegeschäft bei VW. Foto: VW/Marco Prosch

Elli bietet seinen Kundinnen und Kunden aber nicht nur Strom- sondern auch Ladetarife an. Mit ihnen können Fahrerinnen und Fahrer eines E-Autos europaweit an 820.000 Ladepunkten von Partnerunternehmen wie beispielsweise Ionity, Aral Pulse, oder Ewiva Strom tanken. Und, wie schätzt Palazzo die Ladeinfrastruktur in Deutschland ein? Hier gab es zum 1. November rund 152.000 Ladepunkte, davon rund 20 Prozent Schnellladepunkte. Mit Blick auf die Ladepunkte an den Autobahnen zeigt sich Palazzo zufrieden. „Wir können mit einem E-Auto ohne Probleme kreuz und quer durch Deutschland und Europa fahren.“ Was sich aber verbessern müsse, ist die Zahl der Schnelllader in den Städten. „Es gibt Tausende von E-Autofahrern, die nicht zu Hause laden können. Und genau dieser Zielgruppe müssen wir ein attraktives Angebot machen.“ Man müsse massiv in den Ausbau der Ladeinfrastruktur in kleineren Städten investieren.

Und genau das fällt auch in den Aufgabenbereich von Pallazzo. Er soll mit seinem Know how aus seiner vorherigen Aufgabe bei Electrify America nicht nur wertvolle Erfahrungen einbringen, sondern auch die konzernweiten Energie- und Ladeprojekte strategisch ausrichten.

Über den Autor

Frank Mertens

Nach dem Sport- und Publizistikstudium hat er sein Handwerk in einer Nachrichtenagentur (ddp/ADN) gelernt. Danach war er jahrelang Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele (Sydney, Salt Lake City, Athen) als Berichterstatter begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das bloße Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche. Neben der Autogazette verantwortet er auch den redaktionellen Teil des Magazins electrified.

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