Interviews

«Elektromobilität geht bei ABB weit über das Auto hinaus»

Lucas di Grassi beim Formel E-Lauf in Berlin. ABB ist seit dieser Saison Titelsponsor der Rennserie. Foto: Jon Mortimer

Der Technologiekonzern ABB ist seit dieser Saison Titelsponsor in der Formel E. Im Interview mit electrified spricht ABB-Manager Frank Mühlon nicht nur über das Engagement in der elektrischen Rennserie, sondern auch über Elektrobusse und die Elektriffizierung von Schiffen.

Seit dieser Saison ist der Technologiekonzern ABB Titelsponsor in der Formel E. „Mit dem Engagement in der Formel E wollen wir einer breiten Öffentlichkeit zeigen, dass ABB für nachhaltige Elektromobilität steht“, sagte Frank Mühlon im Interview mit electrified. Wie der Manager sagte, gehe das Thema Elektromobilität bei ABB aber weit über das Thema Auto hinaus.


So sei ABB bereits seit Jahren „sehr erfolgreich bei der Elektrifizierung von Kreuzfahrtschiffen, Öl-, Gastankern oder Containerschiffen tätig“, sagte Mühlon, der bei ABB den Bereich der Infrastruktur für die E-Mobilität verantwortet.

„ABB steht für effiziente Elektromobilität“

Frank Mühlon verantwortet bei ABB die Infrastruktur für die E-Mobilität. Foto: ABB

electrified: Herr Mühlon, warum engagiert sich ABB als Titelsponsor seit Beginn dieser Saison in der Formel E.

Frank Mühlon: Mit dem Titelsponsoring der Formel E Meisterschaft unterstreicht ABB sein Engagement in der Elektromobilität. ABB steht seit langem für effiziente Elektromobilität auf der Schiene, zu Wasser und zuletzt auch in der Luft mit Solar Impulse. „Running the world without consuming the earth” ist unser Leitsatz dazu. Zudem ist ABB Marktführer bei Schnellladestationen für die Elektromobilität und möchte dieses Thema stärker besetzen. Die ABB FIA Formel E-Meisterschaft steht ebenso für Nachhaltigkeit wie ABB und seine Produkte.

electrified: Wie lange haben Sie sich vertraglich gebunden?

Mühlon: Für ABB ist die Titelpartnerschaft ein Langfrist-Engagement, das wir zunächst für sieben Jahre eingegangen sind. Auch bei der Elektromobilität erreicht man seine Ziele nicht von heute auf morgen, sondern über einen längeren Zeitraum.

„ABB hat bereits weltweit 6500 Schnellladestationen installiert“

electrified: Sie sprechen davon, dass ABB Marktführer bei der Elektromobilität ist. Wonach bemessen Sie das?

Mühlon: ABB hat bereits weltweit über 6.500 Schnellladestationen in 60 Ländern installiert. In Deutschland beispielsweise haben wir für Tank und Rast fast 200 Schnellladestationen geliefert. Das was der Kunde an den Autobahnen zum schnellen Nachladen nutzt, ist meist Technik von ABB – doch man sieht es nicht auf Anhieb. Mit dem Engagement in der Formel E wollen wir einer breiten Öffentlichkeit zeigen, dass ABB für nachhaltige Elektromobilität steht.

electrified: Und für was steht Ihr Unternehmen außer für Schnellladestationen?

Mühlon: Elektromobilität geht bei ABB weit über das Auto hinaus. ABB ist seit Jahren sehr erfolgreich bei der Elektrifizierung von Kreuzfahrtschiffen, Öl-, Gastankern oder Containerschiffen tätig. Alles, was man auf diesen Schiffen braucht, um die elektrische Energie zu erzeugen, zu verteilen und möglichst effizient zu nutzen, kommt von ABB. Unsere elektrischen Systeme können den Verbrauch fossiler Kraftstoffe in der Seefahrt um bis zu 40 Prozent senken.

electrified: Welche Rollen spielen cloud-basierte Lösungen in Ihrem Angebot?

Mühlon: Digitale Lösungen aus dem ABB Ability-Portfolio stellen sicher, dass Ladegeräte rund um die Uhr verfügbar bleiben. So erlauben etwa die ABB Ability-Connected-Services für die Elektrofahrzeug-Infrastruktur die kontinuierliche Überwachung einzelner Ladestationen und unterstützen eine proaktive Wartung sowie den schnellen und effizienten Service im Bedarfsfall.

Elektrobus in Genf im Einsatz

Der Elektro-Bus Tosa in Genf. Foto: ABB

electrified: In Genf bieten Sie zusammen mit Partnern auch einen Elektrobus an. Auf welche Reichweite kommt er?

Mühlon: Der elektrische Bus, der in Genf auf der Linie vom Flughafen in die Innenstadt zum Einsatz kommt, verfügt über eine Batterie mit einer Leistung von 80 kWh. Bei der Reichweite kommt es auch auf das Profil der Strecke an. An etwa jeder fünften bis siebten Haltestelle wird die Busbatterie kurz nachgeladen, während die Passagiere ein- und aussteigen. Beim Erreichen dieser Nachlade-Haltestellen hat der sogenannte „Tosa“-Bus aber mindestens noch eine Energiereserve von 80 Prozent.

electrified: Seit wann ist die Linie im Einsatz?

Mühlon: Seit Dezember 2017. Es ist die erste Linie mit dieser Technik, die im Serienbetrieb im Einsatz ist. Die Strecke hat insgesamt 50 Haltestellen. An insgesamt zwölf Haltestellen befindet sich eine Nachladestation. Bei diesem Projekt arbeiten wir unter anderem mit den Genfer Verkehrsbetrieben und mit dem Bushersteller HESS zusammen. Im Bus gibt es wegen der relativ kleinen Batterie Platz für 133 Passagiere.

electrified: Wie funktioniert die Aufladung?

Mühlon: An den Wartehäuschen gibt es eine innovative Ladevorrichtung. Vom Busdach wird ein laser¬gesteuerter Roboterarm in knapp einer Sekunde in diese Vorrichtung gefahren.

E-Bus auch bald in Nantes

So funktioniert die Schnellladung eines Elektrobusses. Foto: Jon Mortimer

electrified: Ist dieses Angebot des Tosa auf große deutsche Städte übertragbar?

Mühlon: Für dieses Konzept haben wir bereits einen weiteren Auftrag von der französischen Stadt Nantes bekommen. Dort wird noch in diesem Jahr der Betrieb aufgenommen. Grundsätzlich eignet es sich für längere Gelenkbusse mit einer fixen Route. Da gibt es auch in Deutschland Möglichkeiten. Darüber hinaus bietet ABB selbstverständlich auch die weiter verbreitete Technologie des Ladens im Bus-Depot an, sowie das zwischenzeitlich recht beliebte Opportunity Charging, mit welchem die Batterien an den Endstationen mittels einer automatisierten Verbindung über einen Pantographen in rund sechs Minuten mit bis zu 600 kW nachgeladen werden können. Diese Systeme haben wir auch in mehreren europäischen Ländern sowie in Skandinavien im Einsatz, unter anderem in Belgien mit einer Flotte von rund 100 Bussen, oder bald auch in Norwegen mit zwei Busherstellern auf dem gleichen System.

electrified: Als ABB sein Engagement bekannt gab, hieß es vollmundig, dass man zusammen mit der Formel E die Grenzen der Elektromobilität gemeinsam verschieben wolle? Welche Grenzen wollen Sie überschreiten?

Mühlon: Wir sind ja erst seit ein paar Rennen mit dabei. Aber mit der ABB FIA Formel E verhält es sich für die Elektromobilität ähnlich wie für die Verbrennungsmotoren bei der Formel 1. Je weiter die Regeln für die Rennställe gelockert werden, desto größer die Freiheitsgrade und Möglichkeiten auch für ABB. Unsere Techniken, die hier zum Einsatz kommen können, sind vielfältig. Die Schnellladung ist nur ein Element in der Wertschöpfungs¬kette nachhaltiger Mobilitätslösungen. So muss etwa die elektrische Energie über weite Strecken möglichst verlustarm übertragen werden. Da kommt unsere Hochspannungsgleichstrom-Übertragung zum Einsatz. In Ländern wie Indien oder China wird mit dieser Technik Elektrizität über tausende von Kilometern ohne wesentliche Verluste übertragen.

Über den Autor

Frank Mertens

Nach dem Sport- und Publizistikstudium hat er sein Handwerk in einer Nachrichtenagentur (ddp/ADN) gelernt. Danach war er jahrelang Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele (Sydney, Salt Lake City, Athen) als Berichterstatter begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das bloße Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche. Neben der Autogazette verantwortet er auch den redaktionellen Teil des Magazins electrified.

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