Elektro

Ora Funky Cat: Erfrischend anders

Endlich mal kein SUV: das Ora Funky Cat. Foto: Ora

Ora hat mit dem Funky Cat das Kompaktauto ins Elektro-Zeitalter übersetzt. Frech, sicher – und mit vielen netten Features.

Die Debatte tobte schon, als noch Kolben die Autowelt bewegten: Ordern die Leute bloß mehr Hochbeiniges, weil kaum Alternativen im Angebot sind – oder sind kaum Alternativen im Angebot, weil die Leute bloß mehr Hochbeiniges ordern? So oder so: Jeder vierte Neuwagen rollt durch die Republik, als sei schon die Fahrt zum Supermarkt eine Expedition.


Mit der E-Mobilität hat sich daran wenig geändert. Auch den Akku-Autos haben sie frühzeitig die Federbeine langgezogen. Denn wo fallen große und schwere Batterien am wenigsten auf? In großen schweren Fahrzeugen. Und darum ist die Welt der Stromer im Grunde eine verkehrte. Weil die Motoren stark und die Reichweiten hoch sein sollen, gibt es – trotz gewaltiger Nachfrage – kaum kleine und günstige Modelle.

Sympathisch kompakt

Dass ein rollender Hochsitz nebenbei hohe Margen beschert, ist ein für die Hersteller erfreulicher Kollateralnutzen. Da tut es richtig wohl, wenn sich die junge Elektromarke Ora zum Auftakt der Kompaktklasse annimmt und gerade nicht mit einem SUV startet. Dass der 4,24 Meter lange „Funky Cat“ übersetzt „Irre Katze“ bedeutet, nimmt man da gerne in Kauf. Gilt das Tier in China doch als Glücksbringer – selbst wenn es nicht winkt.

Der Schritt ins Land des noch immer unbegrenzten Tempos ist ausgerechnet für ein Unternehmen aus dem Reich der Mitte noch immer kein leichter. Sicherheit schätzt man hier von je her generell – und auf der Straße ganz besonders. Genau da aber leiden chinesische Autos unter den Sünden früherer Jahre, als Fahrzeuge wie Expansionsträume reihenweise an Crash-Barrieren zerplatzten. Modellen wie dem X5-Aufguss Shuanghuan CEO oder dem SUV Jiangling Landwind attestierten die ADAC-Prüfer seinerzeit einen Rückstand auf gängige Standards, die sich in Jahrzehnten bemaßen.

Bei Sicherheit vorn dabei

Doch mittlerweile haben sich die Verhältnisse umgekehrt. Chinesische Autos tragen fünf Sterne nicht mehr nur auf der Nationalflagge, sondern reihenweise in Zertifikaten renommierter Tests. Mehr noch. Sie sind dabei, in Sachen Sicherheit Maßstäbe zu setzen. In den fünf Fahrzeugklassen von EuroNCAP kamen 2022 keine Sieger mehr aus Europa – dafür aber gleich zwei aus China. Bei den Kompaktwagen war es mit souveräner Punktzahl der vollelektrische Ora Funky Cat. Und auch wenn die PR-Schöpfung Car-Panion die Idee des verlässlichen Begleiters allzu bemüht herbeischwurbelt – in Kätzchens Schoß darf man sich zu Recht geborgen fühlen.

Das Cockpit im Ora Funky Cat macht einen aufgeräumten Eindruck. Foto: Ora

Selbstverständlich profitiert Ora von der Konzernmutter Great Wall Motor (GWM). Dort pflegt man insgesamt fünf Automarken – vor allem aber ein weltweites Netzwerk in Sachen Forschung und Entwicklung. Offenkundig mit Erfolg. Der ebenfalls bei GWM produzierte Wey Coffee 01 entschied die EuroNCAP-Wertung der großen SUV für sich – und überzeugt zugleich mit einer großen Reichweite.

Umschäumtes statt Hartplastik

Auch in Sachen Qualität lässt der Funky Cat keine Zweifel aufkommen. Zumindest in gehobener Ausstattungsversion findet sich allüberall Umschäumtes, das Cockpit hat sich schön angreifbar gemacht, und im Blick des Fahrers verschmelzen zwei Displays zu einer Infotafel im Breitwandformat. Landwind und Co. waren gestern.

Das gilt nicht bloß für Chassis und Assistenzsysteme – auch auf modernes Infotainment legt Ora großen Wert. Für Schalter ist da eher wenig Raum. Gerade mal Tasten für Klima, Lüftung und Scheibenheizung finden sich rund um den obligatorischen Warnblink-Knopf. Sie sind erfreulich massiv und könnten auch aus einem Hubschrauber stammen. Links unterhalb des Lenkrads versteckt sich noch die Einstellung der Fahrmodi. Nachteil der Fixierung aufs Display: Für die Einstellung der Rekuperation muss man sich durchs Menü fummeln. Altmodische Paddles wären da so schlecht nicht.

Die Ora-Philosophie der Bedienung ist allerdings eher eine andere: Kommunikation. In der Version gesprochene Sprache. Die vermutlich höchste Stufe, sich mit einem Gefährt auszutauschen. Vor allem aber die sicherste. Reden lenkt den Blick nicht ab, erfordert keinerlei Bewegung jenseits von Mund und Lippen – und tut gleichwohl auf das Tor in die digitale Welt.

Sprachsteuerung funktioniert bestens

Per Zuruf öffnet Funky Cat Schiebedach, Kofferraum und Fenster, startet die Sitzheizung oder weist den Weg zur nächsten Cafeteria. Glaubt man dem Hersteller, hat die Stimme aus dem Off sogar Quizfragen für Langeweilstunden im Stau parat. Wer die kleine Kamera an der A-Säule nicht scheut, erfährt weitere Annehmlichkeiten. Dank Gesichtserkennung stellt sie automatisch Sitz und Spiegel ein, startet Heizung, Massage und Ventilatoren – und wechselt auf den bevorzugten Radiosender.

Ach ja, fahren kann der Funky Cat selbstverständlich auch. Und das richtig schick. Gute acht Sekunden dauert es bis zur dritten Tacho-Stelle, rauf geht’s bis 160 – und dank bissiger Zangen schnell wieder runter. Immerhin sind mehr als 1,6 Tonnen einzubremsen. Das Fahrwerk des 126 kW (171 PS) starken Fronttrieblers findet auch in flotten Kurven einen guten Kompromiss zwischen sportlich straff und angenehm komfortabel. Ebenfalls überzeugend arbeitet die gut austarierte Lenkung, im Grenzbereich geht’s in kontrolliertes Untersteuern – und bevor die 18-Zöller allzu sehr nachgeben können, hemmt eher die knapp konturierte Sitzfläche die vergnügliche Bogenfahrt. Allerdings ist Kurvenraub auch nicht die Kernkompetenz des knuffigen Kätzchens.

Überschaubares Kofferraumvolumen

Ansprechend auch von hinten: das Heck des Ora Funky Cat. Foto: Ora

Eher schon Reichweite. Rund 310 Kilometer weit (WLTP) rollt es sich mit dem normalen 48-kWh-Akku, die 63-kWh-Batterie schafft 110 Kilometer mehr. So oder so ist irgendwann der Saft alle. Am Gleichstromlader dauert es von 15 auf 80 Prozent eine Fußball-Halbzeit, für die volle Ladung an der 11-kW-Wallbox vergehen je nach verbautem Speicher zwischen fünfeinhalb und sechseinhalb Stunden.

Platz für Passagiere hat’s dank 2,65 Meter Radstand auskömmlich. Selbst hinten geht es kommod zu – zumindest wenn man sein Haupt nicht höher als einsachtzig trägt. Für Fracht bleiben indes gerade mal 228 Liter, mit umgeklappten Lehnen sind es 858. Trösten kann man sich mit einer einstellbaren Licht-Animation der Scheinwerfer – und das Einparken wird auf Wunsch ebenfalls erledigt.

Das alles hat seinen Preis. Exakt 38.990 Euro muss man für die Basisversion anlegen – für die Top-Version GT um die 10.000 Euro mehr. Dafür gibt’s allerdings auch jede Menge Auto inklusive fünf Jahre Garantie ohne Begrenzung und acht Jahre (bis maximal 160.000 Kilometer) für den Akku. Die Zeiten von China und billig sind einfach vorbei.

Über den Autor

Wolfgang Plank

Wolfgang Plank ist freier Journalist und hat ein Faible für Autos, Politik und Motorsport. Tauscht deshalb den Platz am Schreibtisch gerne mal mit dem Schalensitz des Rallye-Copiloten.

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