Elektro

BYD Atto 2: Auf ihm ruhen große Hoffnungen

Zu Preisen von vermutlich knapp unter 30.000 Euro kommt der BYD Atto 2 im März nach Deutschland

BYD bringt mit dem Atto 2 sein erstes Modell im wachstumsstarken B-Segment auf den Markt. Den Start macht eine Variante mit kleiner Batterie und einer Reichweite von 312 Kilometer.

Michael Shu ist sichtlich zufrieden, als er am Dienstagabend in Madrid den neuen Atto 2 vorstellte. „Ein solches Auto kann nur BYD anbieten“, sagt der Europachef der Marke selbstbewusst.


Mit dem Atto 2 bietet BYD ab März sein bislang günstigster Elektroauto in Europa an. Nein, es ist kein Auto um die 25.000 Euro wie der Renault 5 oder der Citroen e-C3 (23.200 Euro). Nein, für die Einstiegsversion des Atto 2 ruft der chinesische Elektro-Primus in Spanien knapp unter 30.000 Euro (der deutsche Preis steht noch nicht final fest) auf. Mit diesem Modell wagt BYD zudem den Einstieg ins wachstumsstarke, hart umkämpfte und zudem preissensible B-Segment. Hier tummeln sich neben Fahrzeuge wie den genannten von Citroen oder Renault neuerdings auch der Fiat Grande Panda (24.990 Euro). Angesichts dieser Konkurrenz erscheint eine Preisdifferenz von mindestens 5000 Euro gewagt, möglicherweise sogar nicht wettbewerbsfähig.

B-SUV mit innovativer Technologie

Doch davon will Shu nichts hören, findet einen Vergleich mit dem Fiat auch nicht statthaft. Bei einem Roundtable mit internationalen Journalisten begründet er dies unter anderem mit der innovativen Technologie wie der Blade-Batterie, einer umfangreichen Serienausstattung oder der Cell-to-Body-Bauweise (CTB), etwas was es bislang im Kompakt-SUV-Segment nicht gibt. Bei CTB ist der Akku komplett ins Chassis integriert. Damit wird nicht nur Platz geschaffen, sondern auch die Steifigkeit der Karosserie erhöht.Entsprechend sei auch der Preis gerechtfertigt, so Shu.

Das Innenraumambiente versprüht einen Hauch Premium: der BYD Atto 2. Foto: BYD

Ob dieser Preis auch auf die Strafzölle der EU für chinesische Autobauer zusammen hängt, lässt Shu unbeantwortet. Doch ein Einfluss dürfte auf der Hand liegen. Mit einer Fabrik in Ungarn – sie nimmt Ende des Jahres ihren Betrieb auf – setzt BYD auf eine Produktion in Europa, entgeht damit den Zöllen. Die Entscheidung über eine zweite europäischen Fabrik sei indes noch nicht gefallen, so Shu. Der Europachef jedenfalls ist sich sicher, dass der Atto 2 in der Lage ist, die bisherigen Absatzzahlen von BYD zu steigern.

Bisher geringer Absatz in Deutschland

Im Vorjahr kam man gerade einmal auf rund 2900 Neuzulassungen. „Natürlich stellt uns das nicht zufrieden“, sagt Maria Grazia Davino, die als Managing Director u.a. die Geschäfte auf dem wichtigsten europäischen Markt in Deutschland verantwortet. Die ehemalige Stellantis-Managerin ist verpflichtet worden, den Absatz signifikant zu steigern. Wie das gelingen soll, werde man in den kommenden Wochen detailliert mitteilen, sagt die Italienerin. Eines steht jedoch fest: die Zahl der Vertriebs- und Servicepartner soll deutlich gesteigert werden. Doch das braucht Zeit.

Bis dahin muss man auf die Stärke und Attraktivität seiner Modelle vertrauen. Und attraktiv ist der Atto 2. Sein Design ist mehrheitsfähig, polarisiert nicht, wie es beispielsweise ein Kia EV3 tut. Mit seiner Länger von 4,31 Meter (14,5 Zentimeter weniger als der Atto 3), seiner Breite von 1,83 Meter (- 4,5 Zentimeter) und einer Höhe von 1,67 Meter bietet der neue BYD-Einstieg bei den E-Autos zudem ausreichend Platz für Fahrer und Beifahrer – und auch im Fond kann man mehr selbst als Erwachsener bequem sitzen. Dank der e-Plattform 3.0 ist der Boden auch im Rückraum komplett flach.

400 Liter Kofferraumvolumen

Der Kofferraum bietet mit 400 Litern für diese Klasse ein gutes Fassungsvermögen. So gut das Platzangebot im Innenraum ist, so überraschend ist auch die Qualitätsanmutung für ein Auto in dieser Klasse. Gepolsterte Oberflächen wie an den vorderen und hinteren Türgriffen sowie wertig anfühlende Materialien vermitteln einen Hauch von Premium. Unterstrichen wird die Wohlfühlatmosphäre durch ein serienmäßiges Panorama-Glasdach. Zu der umfassenden Serienausstattung gehören dabei neben 17 Zoll Leichtmetallfelgen auch elektrisch verstellbare Vordersitze, sie sind indes erst bei den zwei höheren Ausstattungsvarianten wie auch das Lenkrad beheizbar.

Sind bequem und elektrisch verstellbar: die Sitze im BYD Atto 2. Foto: BYD

Die Fahrerin oder der Fahrer blicken auf ein 8,8 Zoll-Display, das Infotainmentsystem ist bei der Einstiegsversion Active mindestens 10,1 Zoll groß (Boost 12,8 Zoll). Das gestochene scharfe Infotainmentsystem fährt schnell hoch – und lässt sich intuitiv bedienen. BYD hat erfreulicherweise darauf verzichtet, dass Lenkrad, Spiegel und Sitze (wie bei einigen anderen chinesischen Herstellern) nur über das Infotainmentsystem einzustellen sind. Dafür gibt es nach wie vor Hebel und Knöpfe. Dass BYD sich beim Atto 2 bei der Bedienung innovativ geben will, zeigt man bereits beim Einstieg: denn hier kann man das Fahrzeug per NFC-Zugang ohne Schlüssel beispielsweise über App, Smartphone oder seine Uhr öffnen.

Leistung liegt bei 177 PS

Und, wie fährt sich der Atto 2, mit dem wir mit der 45,12 kWh starken Lithium-Eisenphosphat (LFP)-Batterie unterwegs waren? Gut, wirklich gut, vor allem ausgesprochen komfortabel. Das Fahrwerk bügelt souverän auch die teils schlechten Straßenverhältnisse im Hinterland von Madrid aus. Der Atto 2, der trotz seiner Größe als ein Auto für den urbanen Einsatz konzipiert ist, bringt es auf eine Leistung von 177 PS und stellt ein maximales Drehmoment von 290 Nm bereit. Damit beschleunigt das 1,57 Tonnen schwere E-SUV in 7,9 Sekunden auf Tempo 100, die Spitzengeschwindigkeit ist bei (völlig ausreichenden) 160 km/h erreicht.

Allzu viel Sportlichkeit sollte man sich aber nicht vom Atto 2 versprechen, dafür stand bei der Abstimmung von Fahrwerk und Lenkung doch eher der Komfort im Fokus. Selbst im Sportmodus ändert sich daran wenig. Aber wie gesagt: seine Stärken entfaltet der Atto 2 eher beim gemächlichen Cruisen. Wie schaut es mit dem Verbrauch aus? Bei den Testfahrten lag er bei teils auch flotterer Gangart bei knapp unter 19 kW/100 km, Kollegen haben ihn bei gemächlicher Fahrweise auch mit 17 kWh/100 km bewegt, Die offizielle Reichweite wird übrigens mit gerade einmal 312 Kilometer (WLTP) angegeben, in der Stadt sollen 463 km/100 km möglich sein.

Zu geringe Ladeleistung

Der BYD Atto 2 bietet in der Einstiegsversion eine Reichweite von 312 Kilometer. Foto: BYD

Doch bei allem positiven Aspekten weist der Atto 2 neben der mickrigen Reichweite ein weiteres Problem auf: er lässt sich gerade einmal mit 65 kW laden. Dadurch braucht man an einem Schnelllader für eine Ladung von 10 auf 80 Prozent 37 Minuten, an einer Wallbox lässt es sich mit 11 kW laden. Diese Ladeleistung ist für ein Auto in dieser Klasse und Preis schlicht zu wenig, auch wenn der Einsatzgebiet die Stadt sein soll. Doch ab und an fährt man auch mal längere Strecken – und da braucht man mehr Power am Lader. Wer die haben will, der muss auf die Variante Comfort warten. Die fährt ab dem dritten Quartal dann mit größerer Batterie, einer Reichweite von 420 Kilometer und stärkerer Ladeleistung vor. Dafür werden dann aber auch 37.500 Euro (auch hier steht der deutsche Preis noch nicht) fällig.

Wer indes mit 65 kW und 312 Kilometer nach WLTP leben kann, der ist mit dem Atto 2 bestens bedient. Mit der gelieferten Qualität und seinen Technologien fährt BYD längst auf Augenhöhe mit den europäischen Herstellern. Mit Blick auf die Sicherheit sind natürlich alle relevanten Assistenzsysteme wie beispielsweise eine adaptive Geschwindigkeitsregelung, ein Querverkehrswarner, Totwinkel – und Spurwechselassistent oder auch eine Türöffnungswarnung an Bord. Nun darf man gespannt sein, wie der Atto 2 bei der anspruchsvollen deutschen Kundschaft ankommt. Er bringt jedenfalls alles mit, die bisher enttäuschenden Absatzzahlen von BYD deutlich zu steigern.

Über den Autor

Frank Mertens

Nach dem Sport- und Publizistikstudium hat er sein Handwerk in einer Nachrichtenagentur (ddp/ADN) gelernt. Danach war er jahrelang Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele (Sydney, Salt Lake City, Athen) als Berichterstatter begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das bloße Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche. Neben der Autogazette verantwortet er auch den redaktionellen Teil des Magazins electrified.

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