Vom kleinen Batterie-Hersteller mit 20 Mitarbeitern zum weltgrößten Produzenten von Elektro-Autos: Das ist der Weg von BYD. Jetzt stellt das chinesische Unternehmen sein siebtes Modell für Deutschland vor.
Wohl nicht zufällig trägt der Sealion auch die Ziffer „7“ in der Typen-Bezeichnung. Es handelt sich um einen Mittelklasse-Pkw, der je nach persönlichem Geschmack als Limousine, SUV-Coupé oder Crossover wahrgenommen werden kann. Auch wenn gegenwärtig geradezu eine Flut chinesischer Automobile auf den deutschen Markt schwappt, stellen die Produkte von BYD eine Ausnahme dar: Die selbstgefertigten „Blade“-Antriebsakkus sind äußerst platzsparend, nicht entflammbar und kobaltfrei, was sich der Hersteller aus Nachhaltigkeits-Gründen besonders zugutehält.
Bezug zur Natur kommt überdies in der Nomenklatur zum Ausdruck, denn in der so genannten Ocean Series spielen außer dem neuen Seelöwen noch Delphin und Robbe eine Rolle. Der Neuling ist ein Fünftürer von 4,83 Metern Länge du weist einen Radstand von 2,93 Metern auf. Eine auskömmliche Beinfreiheit auf der Rückbank darf also erwartet werden. Die flache Front mit LED-Scheinwerfern signalisiert die Familienzugehörigkeit, die nach hinten ansteigende Gürtellinie den sportlichen Anspruch, am Heck setzen ein durchgehendes Lichtband und ein Dachkantenspoiler nebst Abrisskante an der Klappe optische Akzente.
Zwei Motoren schieben mit 690 Nm
Mit zwei Antriebsvarianten hofft BYD die Bedürfnisse der Kundschaft zufrieden zu stellen und setzt dabei auf einen Elektromotor, der mit 23.000 Umdrehungen als schnellste massenproduzierte E-Maschine weltweit gilt. Über die Hinterräder wird die Comfort-Version angeschoben, wo 230 kW (entsprechend 313 PS) mit einer Durchzugkraft von 380 Newtonmetern werkeln und den Wagen auf 215 km/h beschleunigen können. Auf deutlich mehr Power können die Nutzer der Allradversion zugreifen. Dort kommt ein weiterer Motor mit 160 kW (218 PS) zum Einsatz, so dass sich eine Gesamtleistung von 390 kW oder 530 PS bei 690 Nm ergibt.
Das Cockpit des Sealion bietet ein 15,6 Zoll großen Bildschirm, er ist drehbar. Foto: BYD
Während die Standard-Batterie aus einer Kapazität von 82,5 Kilowattstunden schöpft und damit im Idealfall 482 Kilometer Reichweite ermöglichen soll, ist quasi als Sahnehäubchen in der Version „Excellence AWD“ auch noch eine 91,3 kWh-Batterie erhältlich. Der Unterschied von 8,8 kWh dürfte allerdings nur von rechnerischer Bedeutung sein, da der Reichweitenzuwachs laut Datenblatt lediglich 20 Kilometer beträgt. Einen spürbaren Vorteil verspricht der größere Akku beim Laden: Die verwertbare Leistung beträgt bei der kleineren 150, bei der größeren Batterie jedoch 230 Kilowatt, was die Aufladezeit von zehn auf 80 Prozent auf 24 Minuten verkürzt. Externe Stromverbraucher, etwa E-Bikes, kann der Sealion nach dem „Vehicle-to-load“-Prinzip mit bis zu 3,3 kW mit Energie versorgen.
Riesiges Glasdach und neue Menü-Struktur
Wer schon einmal mit einem BYD-Pkw, etwa der Seal-Limousine, Bekanntschaft gemacht hat, den wird der schwenkbare 15,6-Zoll-Monitor im Cockpit nicht überraschen. Wohl aber die Tatsache, dass Grafik und Menüführung eine neue Struktur erhalten haben. Statt der runden Schaltflächen und Anzeigen (auch im Fahrer-Bildschirm) ist man zu einer Funktions-Steuerung durch Kacheln übergegangen, was eifrigen Smartphone-Benutzern mehr Vertrautheit vermitteln dürfte. Nur sitzen die vorderen USB-Buchsen weiterhin tief unten im Ablageraum unter der Mittelkonsole, wo sie schlecht erreichbar sind.
Die Ausstattung ist erwartungsgemäß umfangreich und komfortabel, denn sie reicht außen von 19- oder 20-Zoll-Felgen über ein mit 2,1 Quadratmetern riesiges Glasdach bis zu Heizung für die hinteren Sitzpolster und zahlreichen Assistenz-System, die von Daten aus mehr als einem Dutzend Radar-, Ultraschall- und Kamera-Sensoren gespeist werden. Eine Wärmepumpe gehört ebenfalls zum serienmäßigen Inventar. Die Top-Version bringt außerdem ein Head-Up-Display mit. Der Innenraum ist edel möbliert, Rautensteppmuster auf den Polstern und Ziernähte an Verkleidungen schaffen ein sportliches Ambiente.
Maximal 1789 Liter Laderaum
Beim BYD Sealion 7 wurde viel Wert auf niedrige cW-Werte gelegt. Foto: BYD
Bei der Testfahrt mit dem Topmodell fällt zunächst die Ruhe im Innenraum auf. Es konnte bei 100 km/h im Schnitt ein Schallpegel von weniger als 61 Dezibel gemessen werden. Dämpfung und Kurvenverhalten genügen Premium-Ansprüchen, soweit man einer 60 Kilometer-Ausfahrt Allgemeingültigkeit zusprechen will. Außer dem Normal-Modus sind Fahrprogramme für Effizienz, Sport und Schnee einstellbar. Allgemeingültigkeit fehlt sicher auch dem angezeigten Verbrauch von 22,8 kWh/100 km, den Konsum nach WLTP gibt BYD mit 21,9 kWh an. Als zuverlässig kann dagegen die Reisetauglichkeit gelten, die den Passagieren 520 bis 1789 Liter Ladevolumen zugesteht. Dazu kommt eine Ablagebox unter der Fronthaube („Frunk“) von 58 Liter, die zweckmäßiger Weise das Ladekabel aufnimmt.
Dass chinesische Hersteller beim Kampf um den deutschen Markt in der Preisgestaltung nicht zimperlich vorgehen, hat sich inzwischen herumgesprochen. Der Sealion mit 230 kW und Heckantrieb startet bei 47.990 Euro, für die Allradversion mit 390 kW sind 53.990 Euro zu entrichten. Allrad, große Batterie und Top-Ausstattung im Excellence-Auto gibt es für 58.990 Euro.
