Elektro

Audi e-tron S: Mit der Kraft der drei Motoren

Der Audi e-tron S Sportback. Foto: Sagmeister/Audi

Mit dem Modell „S“ ergänzt Audi seine e-tron Baureihe. Dessen technischer Clou: Drei Motoren – einen an der Vorder- und zwei an der Hinterachse.

Ein bisschen mehr geht immer: Was als beliebtes Entwicklungs-Prinzip herkömmlich angetriebener Autos gilt, ist bei Elektrofahrzeugen nicht anders. Ab Herbst können sich zahlungskräftige Kunden auf die sportlichste Ausprägung von Audis stromgetriebenem SUV freuen.


Es heißt e-tron S und wirft bis zu 370 Kilowatt Leistung (entsprechend 503 PS) auf seine bis zu 22 Zoll großen Antriebsräder. Die Nennleistung beträgt 320 kW, entsprechend 435 PS. Erhältlich ist es in den beiden bekannten Karosserieformen als klassischer Fünftürer und als coupéhafte „Sportback“-Version.

2,65 Tonnen Leergewicht

Obwohl mindestens 2650 Kilogramm schwer – was mehr als dem Doppelten des kleinsten Audis im Modellprogramm entspricht – erreicht der gut 4,90 Meter lange Allrad-Kombi damit Sprint-Werte reinrassiger Sportwagen. Nur 4,5 Sekunden sollen vergehen, um aus dem Stand die 100-km/h-Marke zu knacken.

Und damit er ja nicht mit einem „gewöhnlichen“ e-tron verwechselt werden kann, wurde mit einer speziell gestylten Frontpartie, Radhaus-Verbreiterungen um 23 Millimeter und einer Spoilerlippe auf der Heckklappe auch optisch aufgerüstet.

Drehmoment satt

Im Audi e-tron S ist alles auf den Fahrer abgestimmt. Foto: Sagmeister/Audi

Die dynamischen Leckerlis sind jedoch nur eine Seite der kostspieligen Medaille. Erst ein Griff ins technische Feinkostregal verschafft der S-Variante ihre Sonderstellung unter den Vier-Ringe-Stromern.

Das modular aufgebaute Antriebssystem des bisherigen e-tron 55 wurde umgedreht und durch einen weiteren Elektromotor ergänzt. Das bedeutet in der Realität, dass die E-Maschine, die beim Schwestermodell die Hinterräder antrieb, in modifizierter Form nun an der Vorderachse montiert ist, während der ehemalige Frontmotor durch ein baugleiches Pendant ergänzt wurde und an die Hinterachse wanderte. Für die Durchzugskraft bedeutet das in der als „Overboost“ definierten Leistungsspitze, dass die Summe aus 355 Newtonmetern Drehmoment vorn und zweimal 309 Newtonmetern hinten an den Achsen zerrt.

Diese 973 Newtonmeter entsprechen nahezu dem, was weiland der legendäre V12-Dieselmotor im Audi Q7 aufzubieten hatte, freilich mit dem Unterschied, dass beim e-tron S niemand einen Gedanken an Abgasreinigung, Stickoxide oder Feinstaub verschwenden muss.
Wohl aber an sorgsamen Umgang mit Hitzewallungen, denn unter Last sondern die Motor-Zwillinge erhebliche Temperaturen ab. Um die oft mehr als 150 Grad Celsius betragenden Schübe zuverlässig unter Kontrolle zu halten, erhielten sie einen gemeinsamen separaten Kühlkreislauf, ein weiterer wacht über die Wärme in den 432 Batteriezellen zwischen den Achsen.

In Millisekunden angesteuert

In puncto Infotainment bietet Audis derzeitiges E-Flaggschiff die volle Bandbreite. Foto: Audi

Aus der Tatsache, dass die beiden Heckmotoren zwar eine gemeinsame Kühlung, aber sonst keine mechanische Verbindung miteinander haben, folgt eine weitere Innovation: Das erste elektrische Torque Vectoring, das durch nicht unerheblichen Software- und Rechen-Aufwand erstaunlichen Stabilitätsgewinn verspricht und verblüffende Fahrmanöver erlaubt.

Auf dem Scheitelpunkt einer 180-Grad-Kehre schlagartig Vollgas zu geben, ist im normalen Verkehrsalltag gewöhnlich keine gute Idee, in der sicheren Umgebung eines Testparcours kann das e-tron-S-System aber seine Vorzüge voll ausspielen. Fahrer oder Fahrerin bleibt lediglich die Aufgabe, das Lenkrad mutig festzuhalten, im Sport-Modus leicht zu korrigieren, den Rest erledigt die Elektronik, die in Millisekunden die Antriebskraft fein auf die einzelnen Räder portioniert.

Die entfesselte Kraft wieder einzufangen und sicher zu verzögern, ist zu wesentlichen Teilen ebenfalls der Elektrik überlassen. Zwar ist das Pedalgefühl von dem herkömmlicher Scheibenbremsen nicht zu unterscheiden, jedoch wird es bis zu einer Verzögerung von drei Metern pro Sekunde rein über die E-Motoren gewährleistet. Die dabei einsetzende Rekuperation, also die Umwandlung von kinetischer in elektrische Energie, kann mit maximal 270 Kilowatt erfolgen. Zum Vergleich: Formel-E-Rennwagen rekuperieren mit bis zu 250 kW.

Entspanntes Gleiten

Spektakuläre Fahrmanöver mögen technische Kompetenz belegen, doch der e-tron S kann auch gelassen. Entspanntes Gleiten in gediegener Umgebung, die vorzugsweise mit Leder bezogen und aus Karbon modelliert ist, werden die Käufer dieses Fahrzeugs wohl öfter erleben. Der brachiale Vortrieb braucht nur selten von der Leine gelassen zu werden, es gibt auch ohne Aktivierung des Sport-Modus stets genügend Reserven, um notwendige Überholvorgänge binnen Sekunden zu erledigen. Die Spreizung der Fahrwerksregelungen zwischen komfortabel und dynamisch fiel bei den Testfahrten positiv auf. Ebenso die Tatsache, dass sich trotz wiederholten größeren Leistungsabrufs der Testverbrauch mit 27,6 Kilowattstunden (kWh) je 100 Kilometer im herstellerseitig vorgesehenen Korridor bewegte.

Preis startet bei rund 94.000 Euro

Der Audi e-tron S Sportback bietet hervorragende Fahrleistungen. Foto: Sagmeister/Audi

Die Preise für e-tron S und e-tron S Sportback gibt Audi mit 93.800 bzw. 96.050 Euro an. Allerdings stammt die Kalkulation noch aus der Zeit vor der Mehrwertsteuer-Senkung, so dass schnell Entschlossene mit einem entsprechenden prozentualen Rabatt rechnen können. Ebenso wie bei den e-tron 50- und e-tron 55-Modellen haben die Kunden die Wahl zwischen herkömmlichen und virtuellen, also kamerabasierten Außenspiegeln.

Obwohl die Kritik an der Bildqualität und der Monitor-Platzierung nicht abgerissen ist, hat bislang rund ein Drittel der Kunden diese Option bestellt. Eine gute Idee ist die auf Wunsch lieferbare zweite Ladebuchse, die den Rangieraufwand an schlecht zugänglichen Ladesäulen minimiert. Audi erwartet übrigens, dass die S-Variante auf einen Baureihenanteil von acht Prozent kommt.

Über den Autor

Axel F. Busse

Axel F. Busse ist gelernter Redakteur, sein kommunikations-wissenschaftliches Studium absolvierte er an der FU Berlin. Nach Tätigkeiten bei Tageszeitungen, wo er sich mit Auto- und Verkehrsthemen beschäftigte, arbeitet er seit 2003 als freier Autor ausschließlich in diesem Bereich. Außer für electrified und die Autogazette schreibt er für verschiedene Online- und Printmedien.

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