Elektro

Photovoltaik: So kommt der Strom vom Dach ins E-Auto

Ein Haus mit Solardachziegeln von Autarq. Foto: Autarq

Die Nachfrage nach Photovoltaik-Anlagen und Elektroautos steigt. Die Bürgerinnen und Bürger wollen sich unabhängig machen von steigenden Energiekosten und zugleich etwas für die Umwelt tun.

Doch nicht jeder weiß, wie das Laden mit einer eigenen Photovoltaik-Anlage funktioniert und was es dafür braucht. Sascha Coccorullo, der Strategiechef ADAC SE, gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.


 Was ist Laden per Photovoltaik (PV) überhaupt?

PV-Laden ist das Laden des E-Fahrzeugs mit per PV-erzeugtem Strom vom Dach. Damit kommt ein Großteil des benötigten Stroms zum Aufladen des E-Autos von der heimischen PV-Anlage. Das senkt den notwendigen Strombezug des lokalen Netzbetreibers. Positive Aspekte sind dabei Erstens: der Anteil des Stroms vom Dach ist deutlich günstiger als der aus dem öffentlichen Netz. Ganz grob gesagt liegt das Verhältnis bei 10 zu 30 Cent.

Zweiter positiver Aspekt: Der Sonnenstrom vom Dach ist zu 100 Prozent regenerativ, CO2-freundlich, während der Strom aus dem Netz ein Strommix ist, der in Deutschland immer noch erhebliche fossile Anteile hat.

Was wird aus technischer Sicht benötigt?

Sascha Coccorullo ist Strategiechef beim ADAC SE. Foto: ADAC/Theo Klein

Für das reine PV-Laden braucht es zum einen die PV-Anlage, bestehend aus den PV-Modulen auf dem Dach und dem passenden Wechselrichter. Der Wechselrichter ist notwendig, um den Gleichstrom, der vom Dach kommt, in Wechselstrom zu wandeln, den die Verbraucher im Haushalt benötigen.

Zum anderen benötigt man eine sogenannte Wallbox, um diesen Strom dann in die Antriebsbatterie des E-Autos zu befördern. Sinnvoll für den Strompuffer, z.B. in der Nacht oder bei Schlechtwetter, ist der sogenannte Heimspeicher. Allerdings raten wir nicht nur aus Effizienzgründen davon ab, das E-Auto mit dem gespeicherten Strom aus dem Heimspeicher zu laden: Der Stromspeicher im Keller fasst in aller Regel 10 kWh, E-Autos ab 40 bis mittlerweile über 80 kWh.

Was ist der Unterschied zwischen PV-Überschussladen und PV-prognostiziertem Laden?

Besonders kosteneffizient wird das Gesamtsystem dann, wenn die Wallbox „intelligent“ ist und über eine Datenschnittstelle, die aktuelle Stromproduktion vom Dach und den parallel entstehenden Strombedarf im Haushalt misst und ausschließlich das resultierende Delta (der sogenannte Überschuss) zum Laden des E-Autos verwendet.

Das hat drei Effekte: 1. Der Strom für das Laden des E-Autos wird komplett vom Dach bezogen und nicht mehr aus dem Netz. 2. Wenn der Überschuss etwas geringer ausfällt, kann dadurch das Laden länger dauern. 3. Die Einspeisung überschüssigen Stroms ins Netz verringert sich. Die dadurch entfallende Einspeisevergütung (aktuell: 8,20 Cent/kWh bis 10 kWp und 7,10 bei 10 – 40 kWp) macht man durch den Gegenwert als „Fahrstrom“ leicht wieder wett.

Das PV-prognostizierte Laden hat einen anderen Hintergrund: Hierbei geht es um das Laden des Heimspeichers, nicht der Antriebsbatterie im E-Auto. Ziel ist es, den Heimspeicher so schonend wie möglich zu be- und entladen. Wenn nun an einem sonnigen Tag der Heimspeicher theoretisch bereits am späten Vormittag vollgeladen sein könnte, dann aber im vollen Zustand erst am Abend nach Sonnenuntergang wieder entladen würde, dann wäre der Heimspeicher fast den ganzen Tag in voller Ladung ungenutzt. Ein solcher Zustand kann auf Dauer die Leistung der Batteriezellen beeinträchtigen. Daher nutzen moderne Wechselrichter zusätzliche Informationen, wie z.B. Wetter-Prognosedaten, um an solchen Tagen mit dem Aufladen des Heimspeichers erst am Nachmittag zu beginnen, damit er erst kurz vor Sonnenuntergang voll wird. Somit wird die Batterie geschont. Dadurch kann ein Maximum an Autarkie aus dem Heimspeicher gewonnen werden.

Worauf müssen Kunden achten, die sich eine PV-Anlage kaufen, um damit das E-Auto zu laden?

Das Gesamtsystem sollte in jedem Fall intelligente Ladeschemata unterstützen, wie z.B.:

1. PV-Überschussladen (wie oben beschrieben)

2.) PV-Überschussladen mit zusätzlichem Netzstrom: Typischerweise laden E-Autos über die Wallbox entweder einphasig (mindestens 1,4 kWh) oder durch dreiphasiges Laden (mind. 4,1 kWh). Sollte nun die Wallbox so eingestellt sein, dass sie nur Überschussladen zulässt, würde bei einem Überschuss von z.B. 1,3 kWh, der Ladevorgang nicht gestartet. Wenn man die 1,3 kWh aber nutzen will, muss sich die Wallbox die fehlenden 0,1 kWh aus dem Netz ziehen, damit der Ladevorgang gestartet werden kann und man weiterhin vom Überschuss profitieren kann.

Noch generell zur Kopplung vom Solar und Elektromobilität: Der ADAC Solarrechner zeigt basierend auf dem Bundesland und den individuellen Voraussetzungen der Immobilie die zu erwartenden Sonnenstrom-Erträge über den Jahresverlauf hinweg. Dazu weist er den Reststrombedarf vom herkömmlichen Energieversorger sowie die potenziell möglichen Sonnenkilometer aus, die mit dem Solarenergie-Anteil im Elektroauto zurückgelegt werden können.

3.) Das ad-hoc-Laden: Dabei geht es darum, das Auto so schnell wie möglich aufzuladen, unabhängig vom verfügbaren Überschuss vom Dach. Hierfür benötigt man eine, wie oben beschriebene PV-Anlage inklusive kompatibler Wallbox, welche die genannten intelligenten Ladeschemata im Zusammenspiel mit dem Wechselrichter abbilden kann. Da die allermeisten Wallboxen bis zu 11 kWh laden können, sollte die PV-Anlage idealerweise ähnlich groß dimensioniert sein, sprich, mindestens 10 kWp umfassen. Eine entsprechende Dachgröße und idealerweise südlich ausgerichtete Dachpositionierung sind natürlich von Vorteil.

Über den Autor

Frank Mertens

Nach dem Sport- und Publizistikstudium hat er sein Handwerk in einer Nachrichtenagentur (ddp/ADN) gelernt. Danach war er jahrelang Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele (Sydney, Salt Lake City, Athen) als Berichterstatter begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das bloße Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche. Neben der Autogazette verantwortet er auch den redaktionellen Teil des Magazins electrified.

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