Elektro

Mazda MX-30: Suche nach richtiger Balance

Der Mazda MX-30 soll Mitte 2020 auf den Markt kommen. Foto: Mazda

Der Autobauer Mazda gehört zu den Nachzüglern bei der Elektromobilität. Nun bringen die Japaner den MX-30. Er geht dabei seinen eigenen Weg.

Dabei betrachten die Japaner den gesamten Lebenszyklus der Batterie und stützen sich dabei auf seriöse Forschungsergebnisse. Derzeit ist der Mazda MX-30 noch ein Prototyp. Dennoch misst er sich gleich an der hehren MX-Tradition, die Fahrzeuge wie den MX-5, einem Roadster mit Kultstatus, hervorgebracht hat.


Bei elektrischen Antrieben sind die Japaner ein klarer Nachzügler, geben gleichwohl unerschrocken zu Protokoll, dass sie an der Vielseitigkeit der Antriebsvarianten festhalten wollen. Dies umso mehr, als die Studie einer unabhängigen renommierten japanischen Universität ergeben habe, dass speziell rein elektrische Fahrzeuge mit großen Batterien im Lifecycle den Verbrennern das Wasser in Sachen ökologische Gesamtbilanz noch lange nicht reichen können. Vollends dann, wenn Verbrenner mit Bio- und synthetischen Kraftstoffen betrieben werden.

Suche nach der optimalen Balance

Mazda nennt die eigene Vorgehensweise „rightsizing e-Mobility“, also eine Batteriegröße wählen, die ökologisch noch vertretbar ist. Die Größe der Hochspannungsbatterie, die unter dem Boden verbaut und noch einmal extra in einem Stahlrahmen verpackt und mit dem Gesamtrahmen verschraubt ist, wurde laut Mazda „sorgfältig gewählt, um die CO2-Emissionen während des gesamten Lebenszyklus zu minimieren.“ Das Ergebnis ist ein relativ kleiner elektrischer Motor mit einer Kapazität von 35,6 kWh, der eine maximale Leistung von 143 PS bei einem maximalen Drehmoment von 265 Nm generieren kann.

Damals, vor 30 Jahren, als der MX-5 erschien, glaubte die automobile Welt, es brauche keinen Zweisitzer. Mazda brachte ihn dennoch. Der Glaube ans eigene Tun wurde belohnt: Der kleine Sportwagen schrieb eine Erfolgsgeschichte. An diesen Erfolg wollen die Japaner mit ihrem ersten rein batterieelektrischen Auto anknüpfen, nach dem Motto: Wenn schon neuer Antrieb, dann gemäß der Mazda eigenen Denke. Ähnlich unbeirrbar gingen die Entwickler bei der Gestaltung des MX-30 vor.

e-Skyactiv Fahrspaß

Das Cockpit des Mazda MX-30. Foto: Mazda

Um es vorwegzunehmen: Die Leistung der Batterie reicht völlig, um mit dem kleinen Crossover schnittig unterwegs sein zu können, wie die ersten Testfahrten mit einem Prototyp in den kurvigen Straßen mit ordentlichen Steigungen rund um Sintra ergaben. Reinsetzen und Spaß haben. Im fahrbereiten Zustand hatte der Prototyp noch das äußere und innere Erscheinungsbild des CX-30 – bestückt mit dem neuen Unterleib des MX-30. Beim genauen Betrachten des MX-30 als immobiles Modell überzeugt das neue Design, das nicht nur mit seinen hierzulande eher unüblichen Freestyle-Türen auf die Verbundenheit mit der Natur hinweisen will.

Stimmig neben der Wahl der Batterie war auch die Wahl des Landes für erste Fahreindrücke mit dem Neuling in der Mazda Familie. Portugal ist der weltweit größte Korkproduzent, und neben Korkabfällen aus nachwachsender Baumrinde, die aufgearbeitet werden und zum Beispiel in der schwebenden Mittelkonsole zum Einsatz kommen, hat das Interieur des MX-30 weitere ökologisch korrekte Materialien zu bieten. So diktieren neben Kork recycelte Kunststoffflaschen und aufwendig umweltschonend produziertes künstliches Leder das Interieur, in dem sich die Insassen bei aller Offenheit der Fahrzeugarchitektur geborgen fühlen sollen. Die Türverkleidung zum Beispiel besteht aus Kunststofffasern von wieder aufbereiteten PET Flaschen, die wie hochwertiges Vlies anmuten.

Elektrisches emissionsfreies Fahren und umweltschonend produzierte Materialien samt futuristischem Ansatz, den Mazda Human Modern nennt: Nie habe diese Einstellung besser gepasst als bei der neuen Antriebsart, die – glaubt man den Prognosen – wegweisend werden soll. Trotzdem, so die klare Botschaft des Senior Managers der Produktentwicklung Technik, Joachim Kunz, werde man auch weiterhin Verbrenner entwickeln und mit regional unterschiedlichen Antriebsvarianten aufwarten.

Kodo plus Human Modern Ansatz

Der Prototyp des Mazda MX-30 im Gewand des CX-30. Foto: Mazda

Die von der Natur inspirierte Kodo-Designsprache hat Mazda mit diesem Human Modern Ansatz weiterentwickelt. Das Ziel: Design und Fahrfreude. Vom RX-8 mit Wankelmotor und Freestyle Türen hat der MX-30 die gegenläufig öffnenden Freestyle Türen (vorne bis 82 Grad, hinten bis 80 Grad) wieder aufgenommen. „Wir wollen, dass Menschen und Autos freier werden“, erklärt Tomiko Takeuchi, frühere Testfahrerin, seit 22 Jahren in Mazda-Diensten und für das Gesamtfahrzeug verantwortlich.

Mazda will mit dem MX-30 einen inspirierenden Raum schaffen, den die Kunden auf vielfältige und kreative Weise nutzen können. All dies verfolge das Ziel, einen mobilen Raum zu bieten, „der den Geist beruhigt, sobald man einsteigt.“ Denn, so Takeuchi-san weiter, „ein Auto sollte mehr als nur ein Transportmittel sein.“ Einfach mal anhalten, die Freestyle Türen weit öffnen, um die Aussicht zu genießen, die Geräusche des Windes und der Vögel bewusst zu empfinden. Freundlich kommt er daher, der Neuling in der Mazda Familie. Sein Antlitz hat einen reduzierten Grill, um erst gar keine Aggression aufkommen zu lassen. Tatsächlich, wie könnte es besser passen für den Hersteller aus dem Land des Lächelns, fährt der kleine Crossover mit einem freudig grüßenden Lächeln auf andere Verkehrsteilnehmer zu.

Der MX-30 ist ein klassisches Mittelklassefahrzeug, dem schnell das Label SUV angeheftet wird. Eigentlich ist er das nicht. Es ist ein Crossover, allenfalls ein Kompakt-SUV mit dem Potenzial, alle Altersklassen für sich einzunehmen. Die esoterischen Anklänge an Feng Shui und Wellness stehen dabei nicht im Widerspruch zu seiner knackigen Präsenz, sondern machen das mobile (Er)Leben so angenehm wie möglich.

Knackig freundliches Design

Als äußerst angenehm empfinden wir es, dass der Klang der E-Maschine sonor daherkommt. Das lästige Fiepen der E-Mobilität ist einem angenehmen sonoren Sound gewichen, der sich an die Motordrehzahl und den Lastzustand anpasst, um dem Fahrer direktes Feedback zu geben. Je höher die Last oder je mehr Drehmoment, desto sonorer und tiefer das akustische Feedback. „Wir glauben an ein müheloses Fahren voller Freude. Das soll in einem Elektrofahrzeug genauso sein“, erklärt der Senior Manager der Produktentwicklung Technik, Joachim Kunz. Deshalb habe man großen Wert darauf gelegt, dass der MX-30 mit unmittelbarem Ansprechverhalten und Drehmoment punkten könne und dabei dennoch die vertrauen Charakteristika von Verbrennungsmotoren behalte.

Die Testfahrten bestätigen, dass die Ingenieure hier sehr gute Arbeit geleistet haben. Der MX-30 ist ein durchweg sympathisches Auto – in Haptik, Akustik und in der Leichtigkeit, ihn zu fahren. „Da ruckelt nix, wie machen die das“, kommt einem analog zur legendären Äußerung des Perfektionisten und ehemaligen VW Chefs Winterkorn in den Sinn angesichts der Perfektion der Fahrzeugabstimmung und seiner steifen Karosserie. Zu tragen kommt einmal mehr der japanische Kaizen-Ansatz der Null-Fehler Toleranz.

Jinbai Ittai – Einheit von Fahrer und Fahrzeug

Ross und Reiter, Fahrer und Fahrzeug sollen so direkt wie möglich miteinander kommunizieren. In den menschenzentrierten Ansatz fließen wissenschaftliche Erkenntnisse aus Medizin, Psychologie und Neurologie ein. Für den Fahrer unsichtbar, aber wohldurchdacht sind nicht zuletzt die multi-direktionale Ringstruktur der Karosserie des MX-30 und die präzise Regelung der Fahrdynamik via G-Vectoring Control (GVC). Letztere haben die Ingenieure für das rein elektrische Fahren weiterentwickelt, um dessen Potenzial voll auszuschöpfen. Mit dem schönen Ergebnis, dass das Fahrzeug haargenau macht, was der Pilot von ihm verlangt – mit einer geschmeidigen Leichtigkeit, der es an Biss nicht mangelt.

Beim Fahren des Prototyps fielen die relativ weichen Bremsen auf. Auf Nachfrage erläutert Kunz, man habe bewusst nicht den aggressiven Anfangsbiss (initial bite) für die Bremsen gewählt. Das Bremsverhalten, sprich der Bremsweg, stehe aggressiveren Bremsen in nichts nach. Gleichwohl werde man beim Brake by Wire die elektrische und hydraulische Bremse noch final aufeinander abstimmen. Bei der Fokussierung auf den Fahrer verfolge man insgesamt eine sehr gute Dosierbarkeit der Assistenzsysteme. Überregulieren liegt den Ingenieuren bei Mazda fern. Der Fahrspaß soll bleiben.

Keine zusätzlichen Fahrmodi

Die Reichweite des Mazda MX-30 liegt bei rund 200 Kilometer. Foto: Mazda

Unterschiedliche Fahrmodi anzubieten, dagegen haben sich die Japaner ganz bewusst entschieden. Der MX-30 ist tatsächlich optimal abgestimmt, so dass beispielsweise kein Sportmodus vermisst wird, zumal der kleine Kompakte mit Schaltwippen ausgeliefert werden soll. Insgesamt etwas mehr Beschleunigung in der finalen Auslegung wünscht man sich gleichwohl. Noch gibt es keinen NEFZ, doch die Reichweite soll bei circa 200 Kilometern liegen. Falls wie angedacht noch ein Range Extender via kompakter Wankelmotor ins Spiel kommt, ist dieses SUV ein Fahrzeug für jeden Tag und ohne Reichweitenangst.

Der Neuling in der traditionsreichen MX-Familie, der vor einigen Wochen auf der Tokio Motor Show erstmals gezeigt wurde, kann seither auch in Deutschland vorbestellt werden. Nächstes Jahr feiert Mazda das hundertjährige Bestehen seines Unternehmens. Nächstes Jahr im Herbst werden auch die ersten MX-30 an ihre Kunden ausgeliefert. Ein exakter finaler Preis steht noch nicht fest. Er dürfte aber nach Abzug der Elektro-Prämie unter 30.000 Euro liegen.

Über den Autor

Susanne Roeder

Während des Studiums der englischen und klassischen Philologie in Freiburg, Cambridge, Oxford und Promotion in englischer Sprache arbeitete sie bei BBC Radio Oxford und öffentlich-rechtlichen Sendern. Bei einer Agentur mit Mercedes-Benz als Hauptkunden begann ihre Liebe für Automobile. Nach Stationen als Pressesprecherin in der Industrie ist sie mit Globaliter Media selbständige Journalistin.

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