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Hyundai Ioniq 9: Unterwegs mit Wohlfühlfaktor

Der Hyundai Ioniq 9 bietet viel Platz und drei Sitzreihen. Foto: Hyundai

Der neue Hyundai Ioniq 9 hat einen großen Akku, drei Sitzreihen und Allradantrieb. Wir waren mit dem Elektro-Van im Alltag unterwegs.

Auch beim neuen Elektro-Van Hyundai Ioniq 9 wird sich so mancher die berechtigte Frage stellen, ob man wirklich sechs Sitze, einen 110-kWh-Akku und ein Leistungsangebot jenseits der 400 PS braucht. Nach unserem praktischen Alltagstest kommen wir erneut zu der Erkenntnis: Ein bisschen Übermaß schadet selten – außer vielleicht dem Geldbeutel.


Und der sollte gut gefüllt sein, wenn man in die Welt des Ioniq 9 eintauchen will. Bei knapp unter 70.000 Euro startet der über fünf Meter lange Koreaner. Unsere getestete Performance-Version mit zudem sechs statt sieben Sitzen und ihrem 315 kW/428 PS starken Doppelmotor-Allradantrieb beginnt hingegen bei knapp unter 90.000 Euro.

Abmessungen als Statement

Auch seine Außenmaße sind ein Statement: Die meisten anderen Pkw überragt er in Höhe und Länge. Kehrseite dieser Pracht: Die Parkplatzsuche in engen Innenstadtquartieren gestaltet sich mitunter schwierig. Dafür punktet der Elektroriese mit einem besonders aerodynamisch ausgelegten Design, das zudem noch eigenständig wirkt und sich in deutlicher Weise vom kantigeren Look des Technikbruders Kia EV9 unterscheidet. Die Kia-Interpretation wirkt etwas cooler, der Hyundai dafür eleganter und mit stärkerem Premium-Anspruch.

Das Lenkrad des Ioniq 9 mit dem Pixel-Leuchten, die aus anderen Hyundai-Modellen bekannt sind. Foto: Hyundai

Das trifft auch auf den Innenraum zu, dessen Fokus klar auf Wohlfühlatmosphäre liegt. Helle Farben, der schicke Materialmix, ein riesiges Panorama-Glasdach und das effektvolle inszenierte und farblich variable Ambientelicht schaffen Lounge-Charakter. Pfiffig und praktisch zugleich: Die große, längs verschiebbare Mittelkonsole lässt sich auch für die Passagiere der ersten beiden Reihen öffnen. Die finden 5,6 und 12,6 Liter große Ablagefächer vor.

Das aufgeräumte Cockpit wird von einem in zwei Segmente unterteilten XL-Display dominiert, das sich leicht bogenförmig um den Fahrer schmiegt. Die dahinter werkelnde Rechentechnik sorgt für schnelle Reaktionen, moderne Vernetzung und aktuelle Software – inklusive KI-Integration, OTA-Update-Funktion und Features on Demand.

Serienmäßig mit drei Sitzreihen

Der Ioniq 9 bietet serienmäßig drei Sitzreihen und wahlweise sieben Sitze oder, gegen 1.000 Euro Aufpreis, die bereits erwähnte 2+2+2-Konfiguration mit zwei komfortablen Einzelsitzen in der zweiten Reihe. Der Radstand von 3,13 Metern – Rekord auf der von Kia, Genesis und Hyundai gemeinsam genutzten E-GMP-Plattform – schafft großzügigen Entfaltungsspielraum. Vor allem in den ersten beiden Reihen herrscht fürstliche Beinfreiheit, zumal kein Kardantunnel stört. Alle vier vorderen Einzelsitze lassen sich auch dank ausklappbarer Fußstützen in eine entspannte Relax-Position bringen. Alternativ können die Sessel der zweiten Reihe nach hinten gedreht werden, sodass sich im Fond vier Personen gegenübersitzen können.

Als fahrendes Wohnzimmer kann der Ioniq 9 unter anderem bei Ladepausen seine Trümpfe ausspielen. Der Zugang zur dritten Reihe gelingt dank raffiniertem Klappmechanismus angenehm einfach. Entfaltungsspielraum und Sitzkomfort sind hier allerdings nicht mehr ganz so gediegen. Erwachsene in Reihe drei werden auf längeren Touren vermutlich früher als später meutern. Selbst bei voller Besetzung bietet der Ioniq 9 noch ordentlich Platz für Gepäck. Der Kofferraum fasst 338 Liter hinter der dritten Reihe. Wird diese versenkt, wächst das Volumen auf 908 Liter. Werden noch die Sitze der zweiten Reihe umlegt, lassen sich fast 2.500 Liter ins Heck verfrachten – ein Wert auf Transporter-Niveau. Hinzu kommt ein Frunk mit 52 Litern Volumen. Zudem darf der Ioniq 9 bis zu 2,5 Tonnen ziehen. Für ein Elektroauto ein starkes Statement.

Leistung von 428 PS

Auch fahrdynamisch gilt das. 315 kW/428 PS und 700 Newtonmeter machen aus dem rund 2,8 Tonnen schweren Koreaner einen akustisch zwar zurückhaltenden, aber beschleunigungstechnisch sehr alerten Zeitgenossen. Der Sprint auf 100 km/h erledigt er in 5,2 Sekunden, laut Tacho sind deutlich über 200 km/h drin. Der „Moby Dick“ unter den Elektrovans kann also überraschend schnell wie ein Schwertfisch durchs Wasser pflügen. Entsprechend fühlt sich der Stromer auch auf der linken Autobahnspur wie ein Fisch im Wasser. Die Straßenlage bleibt auch jenseits der 200 km/h stabil, der Federungskomfort ist grundsätzlich lobenswert. Muss man aus hohen Geschwindigkeiten kräftig verzögern, wird allerdings schnell klar, warum Hyundai die Bremsanlage großzügig dimensioniert hat. Annähernd drei Tonnen aus Tempo 200 einzufangen, ist, und das kann man hier deutlich spüren, für Mensch und Technik eine Herausforderung. Denn die Physik bleibt unerbittlich.

Gleiches gilt für den Verbrauch. Gut also, dass Hyundai eine brutto 110 und netto 103 kWh große Batterie montiert. Bis zu 600 Kilometer Reichweite stehen im Datenblatt, im Autobahnalltag sind je nach Fahrstil eher 300 bis 400 Kilometer realistisch. Wir waren im Test mit rund 27 kWh/100 km unterwegs. Bei sehr zurückhaltender Fahrt konnten wir den Verbrauch sogar unter der 20-kWh-Marke drücken. Wer will, wird also praktisch auch 500 Kilometer mit einer Ladung schaffen.

Laden mit 800 Volt

Man kann allerdings auch verschwenderisch unterwegs sein, denn dank 800-Volt-Architektur zieht der Ioniq 9 laut Datenblatt bis zu 233 kW am Schnelllader. Einige Wettbewerber bieten zwar höhere Maximalwerte, doch der Ioniq 9 punktet mit einer hohen und stabilen Ladeleistung: An Hyperchargern stiegen wir in der Regel direkt über 200 kW ein und konnten dieses Niveau oft bis zu einen Akkufüllstand von über 70 Prozent halten. Bis zu 220 kW haben wir praktisch erreicht. Bestes Ergebnis waren rund 75 kWh und damit gut 300 Kilometer Reichweite in 26 Minuten. Eine halbstündige Pause reicht somit, wenn man längere Etappen von 600 bis 700 Kilometern abspulen will.

Ganz günstig ist es allerdings nicht, wenn man es flotter auf langen Strecken unterwegs sein will. Angesichts der quellenabhängig stark variablen Strompreise können 100 Kilometer mit dem Korea-Van irgendwo zwischen 10 und 20 Euro verschlingen. Wie eingangs erwähnt: Knausern ist beim Ioniq 9 fehl am Platz. Vor allem, wenn man wie wir mit der Performance-Version unterwegs ist. (SP-X)

Über den Autor

SP-X

SpotPress - abgekürzt SP-X - ist eine auf Nachrichten aus der Autoindustrie spezialisierte Agentur.

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