Elektro

Flying Flea: E-Bikes für anspruchsvolle Kunden

Flying-Flea-Manager Mario Alvisi. Foto: Flying Flea

Royal Enfield hat Ende März in den Untergrund von London gebeten. Dort präsentierte mit Flying Flea die neue Submarke des Herstellers zwei neue Modelle: die S6 und die C6. Mit den neuen Maschinen will die Marke neue Zielgruppen ansprechen, wie Manager Mario Alvisi im Gespräch mit electrified-Autor Rainer Unruh sagt.

Von Rainer Unruh


Im Untergrund von London, in den Gewölben des Leake Street Graffiti Tunnels in Waterloo, stehen die ersten beiden Modelle der neuen Elektromotorradmarke Flying Flea: eine S6 im Scrambler-Stil und eine C6 im klassischen Stil. Die drei Männer vor den Maschinen haben ein siegreiches Lächeln im Gesicht. Sie sind sich einig: “Flying Flea”, der “Fliegende Floh”, wird ein Riesenerfolg. Die drei, das sind Mario Alvisi, Direktor für Geschäftsentwicklung, Matt Cardenas, Leiter Produktstrategie, und Siva Kuma, Designer der neuen Elektromotorradmarke “Flying Flea” von Royal Enfield.

“Flying Flea” – das Motorrad, das vom Himmel fiel. Der Name geht auf die “Royal Enfield Flying Flea” aus den 1940er-Jahren zurück. Damals wurde ein Motorrad mit Verbrennungsmotor für den Zweiten Weltkrieg entwickelt und für Einsätze im Kriegsgebiet per Fallschirm abgeworfen. Es war leicht wie ein Floh, einfach zu bedienen und äußerst geländegängig. Später wurde es von Zivilisten als normales Straßenmotorrad gefahren. Leicht, agil und anpassungsfähig – das sind auch jetzt die Attribute der neuen Elektromarke Flying Flea.

Auf der Suche nach neuer Zielgruppe

Im Untergrund von London stellte Flying Flea seine zwei neuen Modelle C6 und S6 vor. Foto: FLying Flea

Hip-Hop-Sound wummert durch den Graffiti-Tunnel, Sprayer sprühen kunstvoll die Form der Flying Flea S6 Scrambler an eine Wand, und Mario Alvisi sagt, dass die Marke Flying Flea eine neue Zielgruppe ansprechen soll. Das elektrische Motorrad ist “für Menschen gedacht, die etwas Anspruchsvolles fahren wollen, das jedoch gleichzeitig leicht, einfach und sicher zu handhaben ist”.

“Es geht um mehr als nur E-Mobilität”, fügt Matt Cardenas hinzu. „Es geht um Nachhaltigkeit, und das bedeutet mehr, als sich nur auf den Antrieb eines E-Motorrads zu fokussieren“. Spaß am Motorradfahren, reines Fahrvergnügen soll mit dem neuen Produkt kommenden Generationen vermittelt werden. “Wir erschaffen mit Flying Flea ein komplett neues E-Motorrad, das zudem digital vollständig vernetzbar ist. Ein E-Motorrad, das über das Mobiltelefon gestartet werden kann, ein Motorrad, dessen Display das Smartphone spiegelt – ein Motorrad für kommende Generationen, für die Zukunft.”
Dass die Zukunft unberechenbar sein kann, haben sie indes auch schon bei Harley-Davidson mit ihrem ersten Elektromotorrad, der LiveWire One, erfahren. Harte Jungs und solche, die es gerne wären, verschmähen elektrische Motorräder – noch. Ein Motorrad muss blubbern, laut sein und nicht generierte Pfeifgeräusche von sich geben. Entsprechend niedrig waren die Verkaufszahlen. Deshalb gründete Harley-Davidson die Tochterfirma LiveWire und verkaufte die LiveWire One mit fünfundzwanzigprozentigem Nachlass. Die Harley-Geschichte ist nur ein Beispiel. Generell hinken die Verkaufszahlen von Elektromotorrädern weit hinter den Verkäufen von Motorrädern mit herkömmlichen Motoren her. Schreckt das die Macher von Flying Flea nicht ab?

Zuversicht bei den Machern

Ansprechendes Design: die Flying Flea C6. Foto: Flying Flea

Nein, tut es nicht. Matt Cardenas hält dagegen, er sieht die Zukunft für die neue Elektromarke Flying Flea positiv. Denn weltweit haben sie geschaut, wie Menschen Motorräder nutzen: in Europa, Nordamerika, Indien, Südostasien und Lateinamerika. Mit über 5.000 Bikern haben sie gesprochen: Wo arbeiten sie? Wie weit pendeln sie? Wie schnell fahren sie? Wo stellen sie ihr Motorrad ab, und wo können sie laden?

Auf Grundlage dieser Studie haben sie Flying Flea entwickelt: ein Motorrad mit zwei Rädern, einfach zu fahren und einfach zu bedienen. Ein elektrisches Motorrad, das in fast jeder Metropole seinen Fahrer täglich zur Arbeit hin- und zurückbringt. Ein E-Motorrad, das vielleicht am besten zu Europa passt, aber keinen anderen Markt ausschließt. Als Beispiel für die Reichweite nennt Matt Cardenas das Gebiet von London. In der britischen Metropole umfasst die Nord-Süd-Achse rund 80 Kilometer.

“Der Zweiradmarkt insgesamt, begonnen bei Elektro-Motorrollern, boomt”, argumentiert Matt Cardenas. Daher prognostiziert er positive Verkaufszahlen für Flying Flea. “Mit Flying Flea ist ein ikonisches Motorrad entstanden, das gut aussieht, das ein Bedürfnis befriedigt, das von keiner anderen Marke erfüllt wird, und das alles in allem zu einem erschwinglichen Preis zu haben ist.” Bei der Vorstellung im Londoner Graffiti-Tunnel wird der Preis jedoch nicht kommuniziert.

Auch ohne Bonus interessant

Szenenwechsel zur Elektroauto-Förderung: 2016 wird in Deutschland ein Umweltbonus eingeführt. Das BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) stellt 10 Milliarden Euro an Fördermitteln für E-Autos inklusive Hybridmodellen bereit. 2,23 Millionen E-Autos werden so bis zur Einstellung der Unterstützung Ende 2023 bezuschusst. Was halten die Macher der Flying Flea von einem solchen Umweltbonus von staatlicher Seite für E-Motorräder? Als „nice to have“ bezeichnet Matt Cardenas den Umweltbonus. “Mit staatlicher Förderung würde unser Angebot zwar noch attraktiver aber Flying Flea Motorräder sind auch ohne Umweltbonus ein tragfähiges Produkt”.

Flying Flea setzt bei seinen Bikes auf extravagantes Design. Foto: Flying Flea

Die neue Tochterfirma von Royal Enfield hat ambitionierte Ziele, allerdings soll der Markt nicht überschwemmt werden. Der Verkaufsstart ist in den Schlüsselmärkten Europa, Indien und Nordamerika für 2026 geplant. Zuerst werden die beiden Modelle in ausgewählten Metropolen angeboten. “Ziel für Flying Flea ist es, immer eine Maschine weniger zu produzieren, als nachgefragt wird”, sagt Produktstratege Matt Cardenas schmunzelnd.

Die Sprayer im Londoner Graffiti-Tunnel arbeiten immer noch am Bild der Flying Flea Scrambler, während Designer Siva Kuma neben den ausgestellten Modellen steht und über die Herausforderungen spricht, ein neues E-Motorrad zu entwerfen und zum Beispiel die Batterie ins Gesamterscheinungsbild zu integrieren. “Batterien im Allgemeinen sind langweilig, doch unser Team hat die gestalterische Herausforderung angenommen, Technologie mit Tradition verschmolzen und so das Erbe von Royal Enfield in den neuen Elektromotorrädern fortgeführt.” Royal Enfield hat eine 125-jährige Tradition. “Die Challenge war, das authentische Design der Muttermarke auf die neuen Flying Flea zu übertragen und mit modernster Zukunftstechnologie zu verbinden.” Als „retro-futuristisches Elektromotorrad mit Ethos”, beschreibt Siva Kuma die neue Flying Flea. “In Zukunft sollen noch viele Modelle, auch größere, gebaut werden.”

Das Graffiti im Tunnel ist nun fertig, die Flying-Flea-Party beginnt, und Mario Alvisi sagt den vielleicht schönsten Satz des Abends: “Wenn du dir dieses Motorrad anschaust, wie es fährt und sich bewegt, dann siehst du, dass es tanzt …”

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