Elektro

Audi Urbansphere Concept: Wellness on Wheels

Wellness on Wheels: der Audi Urbansphere. Foto: Audi

Die VW-Tochter Audi zeigt mit dem Urbansphere Concept einen Van. Gedacht ist er für den chinesischen Markt.

Das Audi einen Van baut, mag bei den Fans der vier Ringe schon für ein gewisses Stirnrunzeln sorgen. Passt solch ein „Soccer Mom’s Car“ überhaupt zur einer sportlichen Premium-Marke?


Audi findet ja, wenn auch nur in einer ganz besonderen Form. Wie diese ausschaut, zeigen die Ingolstädter mit der Studie Urbansphere Concept. Wer dachte, hinter dem Namen „Urban“ würde vielleicht ein cooler City-Stromer stecken irrt gewaltig. Das Gegenteil ist der Fall.

Ein Trumm auf Rädern

Die Studie ist ein stattlicher Brocken von 5,51 Meter Länge und damit das größte Fahrzeug, das Audi jemals auf die Räder gestellt hat. Allein der Radstand beträgt üppige 3,40 Meter, mehr als bei der Maybach-Version der Mercedes S-Klasse.

Die Fahrzeuggattung Van, auch MPV (Multi Purpose Vehicle) genannt, hat in der Vergangenheit bei Image und Nachfrage kräftig Federn lassen müssen. Grund sind die SUV, die im Gegenzug immer beliebter wurden. Vans gelten, zumindest hierzulande, als uncool und wenig sexy. Umso erstaunlicher, dass Audi das Kapitel Van überhaupt neu angeht.

Hintergrund ist China. Der Urbansphere Concept ist ausschließlich für chinesische Kunden gedacht. Womit sich auch die gleich die Frage beantwortet, wer in Deutschland oder Europa solch ein Riesenteil überhaupt kaufen sollte? Keiner. Aber was läuft anders in China? Im Prinzip zwei Dinge: die täglichen Mega-Staus in den Metropolen wie beispielsweise Peking oder Shanghai sowie die Existenz eines ähnlich konzipierten Autos namens Toyota Alphard. Letzteres kennt hier natürlich kein Mensch, ist aber in China der Kracher und gilt als hipper als jede fette Luxuslimousine. Denn der Alphard bietet First-Class-Sitz- und Raumkomfort. Genau das Richtige, um im Fond die nervige Zeit im Stop&Go-Verkehr bestens genießen zu können, mit Schlafen, Arbeiten oder Fernsehen.

Kunden wurden einbezogen

Also setzten sich Audis Entwickler, Marketingstrategen und das Design-Center in Peking eng mit potenziellen chinesischen Kunden zusammen, um gemeinsam das perfekte Raumfahrzeug zu definieren. „Nie zuvor haben wir Kunden so tief in einen Prozess integriert, sagt Norbert Weber, Leiter Interieur-Design. In der Car Clinic wurden unter anderem so banale Fragen gestellt wie „Was hat bei Ihnen die größte Wichtigkeit?“. Interessant: Heraus kam, dass weder Leistung noch Fahrdynamik dem Prestige förderlich sind, sondern Komfort und Raumangebot in den Vordergrund rücken. Daher auch die hohe Nachfrage nach dem Toyota Alphard.

Wer es sich im Fond des Audi Urbansphere Concept gemütlich macht, darf sich in der Tat auf „Wellness on Wheels“ einstellen. Leder ist out. Stattdessen dominieren Stoff und Holz. Beim Einsteigen dreht sich der Sitz 15 Grad nach außen. Nach vorne ist die Beinfreiheit so groß, dass es unmöglich ist, gegen die Vordersitze zu stoßen. Bequem lassen sich die Knie nicht einmal in der Business-Class im Flugzeug übereinanderschlagen. Ganz China-like: Der Teppich trägt ein spezielles Muster aus dem Zen-Garten. Relaxen kann auch der Chauffeur. Der Urban Concept ist auf Level 4 ausgelegt, das Lenkrad verschwindet im autonomen Modus im Armaturenbrett.

Riesige Reifen

Der Audi Urbansphere Concept ist für China gedacht. Foto: Audi

Nahezu eine optische Täuschung bildet Audis „Space Shuttle“ von außen. Seine Größe sieht man dem Auto, solange es alleinsteht, nicht an, schätzt die Länge eher auf unter fünf Meter, was unter anderem an der riesigen 24-Zoll-Bereifung liegt. Sie verzerr die Proportionen.

Um nach außen genügend Präsenz, aber dennoch wenig Aggressivität zu zeigen, haben die Designer den Single-Frame-Grill neu gedacht. Er dient als Kommunikationsfeld, für den Kontakt zur Außenwelt im Level-4-Modus. Auch der Heckbereich wurde nach diesem Muster entworfen. Und so viel hat Audi schon mal verraten: Die gesamte, reduzierte Formensprache des Urbansphere Concept – skulpturaler und nicht mehr so kantig – soll sich in zukünftigen elektrischen Modellen der Marke wiederfinden.

Technisch basiert der Super-Van auf der 800-Volt-PPE-Architektur (Premium Platform Electric), die auch unter dem Porsche Taycan und dem Audi e-tron GT steckt. Leistungsdaten verrät Audi keine. Sie sind eh unwichtig, erst recht bei einer Studie, dürften aber auf dem Niveau des GT liegen. An Batteriekapazitäten ist „von bis“ alles möglich, der Baukasten gibt in Kombination mit dem gewaltigen Radstand deutlich mehr als 100 kWh her. Damit können bequem Reichweiten um die 600 Kilometer realisiert werden. (SP-X)

Über den Autor

Frank Mertens

Nach dem Sport- und Publizistikstudium hat er sein Handwerk in einer Nachrichtenagentur (ddp/ADN) gelernt. Danach war er jahrelang Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele (Sydney, Salt Lake City, Athen) als Berichterstatter begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das bloße Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche. Neben der Autogazette verantwortet er auch den redaktionellen Teil des Magazins electrified.

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